Keine staatliche Familienplanung mehr
Staatliche Krankenhäuser und Kliniken im Iran werden künftig keine Dienste rund um Verhütung und Familienplanung mehr anbieten, teilte der Generaldirektor für die Gesundheit von Bevölkerung und Familie des iranischen Gesundheitsministeriums, Hamed Barakati, am Sonntag mit. Das Ministerium habe sich zudem von der Empfehlung, mindestens drei bis fünf Jahre Abstand zwischen zwei Geburten einzuhalten, distanziert, zitierte ihn die staatliche Nachrichtenagentur IRNA weiter.
Die Geburtenrate im Iran ist nach offiziellen Angaben unter ein Prozent gefallen und beträgt momentan 0,96 Prozent. Das Gesundheitsministerium habe in den letzten vier Jahren Maßnahmen ergriffen, um dem Trend entgegenzuwirken, so Barakati. Dazu sei unter anderem die Zahl der Spezialkliniken zur Behandlung von Unfruchtbarkeit von 12 auf 44 gestiegen.
Der Vorsitzende des Ausschusses zur Überwachung der demografischen Entwicklung beim Obersten Rat der Kulturrevolution erwartet eine noch geringere Geburtenrate für das laufende Jahr. Sie habe sich wegen der Covid-19-Pandemie noch verschlechtert und werde auf 0,7 Prozent sinken sagte Mohammad Javad Mahmoudi am Montag der Nachrichtenagentur Mizan. Der Kulturwandel von einer familienzentrierten zu einer personenzentrierten Gesellschaft sei einer der wichtigsten Gründe der aktuellen demografischen Entwicklung, fügte Mahmoudi hinzu.
Beobachter meinen, der wirtschaftliche Druck, die hohe Arbeitslosigkeit und die Perspektivlosigkeit der letzten Jahre schreckten viele junge Leute vom Heiraten und einem eigenständigen Leben ab. Besonders in Großstädten sei das traditionelle Familienbild der karriere- und wohlstandsorientierten Ehe gewichen, beobachten Experten.
Das religiöse Oberhaupt des Iran, Ali Khamenei, hat in den vergangenen Jahren wiederholt Unmut über die demografische Entwicklung des Landes geäußert und für eine steigende Geburtenrate geworben.