Iran-Proteste: Teheran gibt Deutschland die Schuld
Der Iran und Deutschland haben am Donnerstag gegenseitig ihre Botschafter einbestellt. Teheran beschuldigt die deutsche Regierung, die Proteste im Iran zu schüren. Grund dafür ist die Ankündigung von Außenministerin Annalena Baerbock, einen härteren Kurs gegen die Islamische Republik einzuschlagen. Die Grüne hatte am Mittwoch erneut das brutale Vorgehen der iranischen Sicherheitskräfte gegen die jungen Protestierende im Iran kritisiert und Konsequenzen angekündigt.
Das iranische Außenministerium teilte dem deutschen Botschafter Hans-Udo Muzel seinen Unmut über die „Einmischung“ Deutschlands in „innere Angelegenheiten“ des Iran mit. Dadurch schüre die Bundesregierung die landesweiten Proteste weiter, hieß es in den iranischen Medien. Auch der Terrorangriff im Schrein des schiitischen Heiligen Schahe Tscheragh in der iranischen Stadt Schiraz sei eine Folge der Proteste und deren Unterstützung aus Deutschland. Was das deutsche Außenministerium dem iranischen Botschafter mitgeteilt hat, war bis zum Verfassen dieser Meldung nicht bekannt.
Zuvor hatten hohe Amtsträger des Iran wie der Stabschef der Streitkräfte, Mohammad Bagheri, die Protestierenden beschuldigt, durch ihre Proteste eine „gute Gelegenheit“ für den “terroristischen Anschlag“ geschaffen zu haben. Bei dem Anschlag am Mittwochabend seien 15 Menschen getötet und Duzende verletzt worden, teilten iranische Medien mit. Der Angreifer sei verhaftet worden. Der „Islamische Staat“ (IS) hat das Attentat für sich reklamiert.
#Iran -s Nachrichtenagenturen haben vom Terroranschlag in schiitischer Heiligstätte Shah Cheragh in Stadt #Shiraz berichtet. 15 Menschen seien getötet und Dutzende verletzt worden. Mind. 1 Mann habe auf die Pilger:innen geschossen. IS habe Verantwortung übernommen. pic.twitter.com/7ZqmfI8JDu
— Iran-Journal (@iran_journal) October 26, 2022
Viele Aktivist:innen in den Sozialen Netzwerken vermuten, der iranische Staat habe selbst für den Anschlag gesorgt, um die nationale und internationale Aufmerksamkeit von den Protesten abzulenken. Grund für diese Annahme sei das starke Misstrauen der Bevölkerung gegenüber dem islamischen System, meinen politische Beobachter:innen.
Seit dem Tod der 22-jährigen Mahsa (Jina) Amini vor etwa sechs Wochen kommt der Iran nicht zur Ruhe. In fast allen Teilen des Landes gibt es Protestaktionen, die sich mittlerweile gegen das gesamte islamische System, insbesondere dessen Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei, richten.
Auch am Mittwochabend und am Donnerstag ist es in zahlreichen Städten zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstrant:innen und der Polizei gekommen. Diese setzte wie die Tage zuvor Gummigeschosse, Tränengas und Schrotflinten ein.
مهاباد قیامت شده. مردم به اماکن حکومتی حمله کردهاند. #مهاباد #مهسا_امینی pic.twitter.com/DUpg2a3KtT
— Saman Rasoulpour (@SamRasoulpour) October 27, 2022
Am Mittwochabend wurde ein Demonstrant in der Stadt Mahabad in der Provinz Kurdistan durch scharfe Munition getötet. Daraufhin stürmten Demonstrant:innen mehrere Gebäude staatlicher Behörden in der Provinz. Das Gouverneursamt von Mahabad wurde in Brand gesteckt.
In der Provinz Lorestan erinnerten Demonstrant:innen an den Tod der 17-jährigen Protestierenden Nika Shakarami. Im Iran ist es unter den Muslim:innen Brauch, am deren 7. und 40. Todestag Verstorbener zu Gedenken.
Marsch zur Grabstätte #Nika_Shakarami in Lorestan, Südwest #Iran am Do. Parole: Dieses Jahr ist das Jahr des Blutes, Seyed Ali (Khamenei) wird gestürzt! Nika ist nach #Mahsa_Amini das 2. landesweit bekannte Todesopfer der staatliche Gewalt in letzten 6 Wochen. #IranProtests2022 pic.twitter.com/6tsqOBDcls
— Iran-Journal (@iran_journal) October 27, 2022
Nika war zwei Tage nach Mahsas Tod bei einer Demonstration in Teheran verschwunden. Später wurde ihre Leiche mit zertrümmertem Gesicht der Familie übergeben. CNN hat am Donnerstag einen Bericht veröffentlicht, aus dem hervorgeht, dass Nika von Sicherheitskräften verhaftet worden war. (fp)
Schließen Sie sich uns auf Instagram an!
Mehr zu diesem Thema: