Prominenter Filmemacher tot aufgefunden

Der prominente Regisseur Kiumars Pourahmad ist gestorben. Er wurde in seinem Haus in Bandar-e Anzali im Norden des Landes tot aufgefunden. Laut Berichten unterschiedlicher Medien beging der 74-Jährige am 5. April Suizid. 

Während staatliche Medien zuerst Herzstillstand als Todesursache angegeben hatten, berichtete der Telegram-Kanal des Magazins Film-e Emrouz, das sich auf die Filmszene des Landes spezialisiert hat: „Pourahmad hat Selbstmord begangen. So schrecklich und unglaublich, furchtbar und schockierend, aufgrund von Depression und Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit und Vergeblichkeit. Das war es.“

Pourahmad war in erster Linie für seine Serie „Geschichten von Majid“ bekannt geworden, die Anfang der 90er Jahre im staatlichen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Sie basierte auf dem gleichnamigen Roman und handelt vom Alltag eines Teenagers in der Großstadt Isfahan. Pourahmads Kinofilme sind in der iranischen Gesellschaft nicht weniger bekannt. Dazu gehört „Night Bus“ (2006), in dem es um die irakischen Kriegsgefangenen während des ersten Golfkrieges zwischen dem Iran unter Ayatollah Khomeini und dem Irak unter Saddam Hussein in den 80er Jahren geht. Der Film wurde wegen seiner Antikriegsposition gut aufgenommen.

Pourahmads letzter Film „Der Fall ist noch offen“ wurde im Februar beim Filmfestival Fajr, dem größten Filmfestival Irans, zum ersten Mal gezeigt. Doch Pourahmad nahm an der Premiere nicht teil. Auf seinen Social-Media-Kanälen teilte er mit: „Das Fajr-Filmfestival ist kein Fest der iranischen Kinoszene mehr, es ist ein Fest von ein paar besonderen [staatlichen] Einrichtungen. In diesen vielen Jahren hatte das Festival keinen Wert und keine Bedeutung für mich, besonders in diesem blutigen und schmerzhaften Jahr, mit all dem Schmerz in unseren Herzen, was für ein Festival brauchen wir?“

Pourahmads kritische Haltung gegenüber der Islamischen Republik hat sich in den letzten Jahren immer weiter verschärft. Bei den Präsidentschaftswahlen 2009, die zu einer enormen Protestwelle führten, unterstützte Pourahmad den regimekritischen Kandidaten, der seit 2012 unter Hausarrest steht.

Laut Medienberichten hat der Regisseur einen achtseitigen Abschiedsbrief hinterlassen. Die Staatsanwaltschaft der Provinz Gilan, in der Pourahmad sein Leben beendete, teilte am 6. April jedoch mit, der Brief bestehe nur aus privaten Inhalten und dürfe nicht öffentlich gemacht werden. Nutzer*innen der sozialen Medien hingegen sehen einen politischen und gesellschaftlichen Mehrwert in dem Abschiedsbrief und fordern die Familie des verstorbenen Filmemachers auf, das Schreiben der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich iranische Künstler*innen das Leben nehmen. Einer der ersten, berühmtesten Fälle ist der Dramaturg Abbas Nalbandian, der nach der Islamischen Revolution 1979 zuerst inhaftiert wurde und dann ein Arbeitsverbot erhielt. Letztendlich nahm er sich 1989 das Leben.

Seit der landesweiten Protestwelle im November 2019 distanzierte sich die iranische Kulturszene immer weiter vom Regime. Mit Ausbruch des Aufstandes im September letzten Jahres trauten sich zahlreiche weibliche Künstlerinnen, ihre Kopftücher öffentlich abzunehmen. Damit brachen sie ein Tabu und lösten große Wut unter den Funktionären des Regimes und dessen Anhängerschaft aus.

Vor allem die Filmindustrie, in der das Thema Pflichtkopftuch besonders im Vordergrund steht, erlebt einen Stillstand, da die Filmemacher*innen und die Künstler*innen sich dieser Pflicht nicht länger unterwerfen wollen.

Auch in anderen Bereichen hat der Widerstand gegen die staatlichen Vorgaben und die Zensur zugenommen. Dutzende Schriftsteller*innen und Übersetzer*innen haben angekündigt, in der Zukunft keine Veröffentlichungserlaubnis mehr beantragen zu wollen. 

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