Iran Proteste, Izeh, Mahsa Amini

Erinnerung an „blutigen November“: Mehrere Tote im Iran

Seit vergangener Woche wurde in den Sozialen Netzwerken zu Straßenkundgebungen und Streiks im Iran am 15., 16. und 17. November aufgerufen. An diesen drei Tagen waren im November 2019 nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters bis zu 1.500 Protestierende im Iran getötet worden.

Auch an diesem Mittwoch sind bei den landesweiten Protesten im Iran Berichten zufolge mehrere Demonstranten und „Sicherheitskräfte“ getötet worden.

Es gab Berichte über Proteste und großangelegte Streiks in Dutzenden Städten, hauptsächlich im Norden, Westen, Süden und dem Zentrum des Landes.

Besonders kritisch wurde die Lage am Mittwoch in Bokan, Isfahan, Izeh  und Kamyaran beschrieben. In der kurdischen Stadt Kamyaran im Westen des Landes griffen demnach „Sicherheitskräfte“ eine Trauerfeier an, zu der sich viele Menschen versammelt hatten, um der Familie eines am Dienstag erschossenen Demonstranten beizustehen. Der Angriff löste Proteste in verschiedenen Stadtteilten aus. Dabei wurde mindestens ein Demonstrant getötet. Laut Menschenrechtsorganisationen wurde das Internet in Kamyaran abgestellt.

In Izeh in der südwestlichen Provinz Khuzestan wurden mehrere Menschen erschossen, darunter der neunjährige Junge Kian Pirfalak.

Die staatlichen Nachrichtenagenturen berichten von einem „terroristischen Akt“, bei dem sieben Menschen getötet worden seien. Demonstranten machen die „Sicherheitskräfte“ dafür verantwortlich.

Am Mittwoch berichtete die Nachrichtenagentur des staatlichen Rundfunks, dass bei den Protesten in Isfahan zwei „Sicherheitskräfte“ und drei Demonstranten ums Leben gekommen seien.

In der Hauptstadt Teheran fanden am Dienstag und Mittwoch an mindestens 22 Orten Versammlungen und Proteste statt. Handyaufnahmen zeigen Menschen am Mittwoch in einer Teheraner U-Bahn-Station, die panisch vor Schüssen wegrennen und zertrampelt werden. Andere Videos zeigen „Sicherheitskräfte“, die Menschen im Zug, auf der Straße und im Einkaufszentrum angreifen und schlagen.

Auch Metallhändler in Teheran sollen sich den Streiks angeschlossen haben. Dort sollen ebenso Schüsse gefallen sein. Demonstranten fordern landesweite Streiks. Seit Wochen wird hauptsächlich in den kurdischen Gebieten im Westen des Iran gestreikt. 

Die Islamische Republik Iran spielt den Ausmaß der seit Ende September anhaltenden Proteste herunter. Unabhängige Beobachter jedoch sprechen von „revolutionären Zuständen“. Sadra Mohaghegh, ein bekannter Journalist im Iran, veröffentlichte seine Beobachtungen aus dem Zentrum Teherans am Dienstag. Die meisten Geschäfte seien geschlossen gewesen, schrieb er am Mittwoch auf Twitter. Die Anzahl der Frauen ohne Kopftuch sei gestiegen. „Falls auch eurer Meinung nach wenige Menschen beziehungsweise nur Jugendliche an den Protesten teilnehmen, dann sollt ihr eure Nachrichtenquellen sowie Einschätzungen von den Zuständen und der Zukunft der Unruhen überdenken“, empfiehlt der Journalist.

Laut Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Activists (HRANA) wurden seit Beginn der Protestwelle am 17. September 362 Demonstrant:innen in 144 iranischen Städten getötet – darunter 56 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Mehr als 16.000 Menschen sind demnach bislang festgenommen worden.

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