Druck des Regimes auf Medien und Social-Media-Nutzer nach Raisis Tod

Nach dem Tod des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi bei einem Hubschrauberabsturz sehen sich Journalist*innen und Social-Media-Nutzer*innen im Iran einem erheblichen Druck durch das Regime ausgesetzt. Die Behörden haben strenge Maßnahmen ergriffen, um die Verbreitung von Informationen und Meinungen über den Vorfall zu kontrollieren. 

Mehrere iranische Medien berichten, dass gegen die Journalistin Manijeh Moazzen ein neues Gerichtsverfahren eingeleitet worden sei. Moazzen selbst schrieb in einem Tweet, dass sie aufgrund ihrer Berichterstattung über den Tod von Raisi erneut vor Gericht geladen worden sei. Sie war wegen eines anderen Verfahrens zuvor bereits 19 Tage in Untersuchungshaft gewesen.

Der Wirtschaftsjournalist Hirsch Saeedian, Amirhossein Mossala, Chefredakteur der zweiwöchentlichen Zeitung „Ayat Mandegar“, sowie der Blogger Mohammad Moeini berichteten ebenfalls von bedrohlichen Anrufen der Sicherheitsbehörden. Diese hätten sie davor gewarnt, „alternative Narrative“ zu Raisis Hubschrauberabsturz zu verbreiten. Seit dem Abend des Sonntags, 19. Mai 2024, haben Berichten zufolge Sicherheits- und Ordnungskräfte sowie die iranische Staatsanwaltschaft weitere Journalist*innen, Medienverantwortliche und Social-Media-Aktivist*innen telefonisch aufgefordert, keine Berichte über den Absturz zu verbreiten, die nicht der offiziellen Darstellung entsprechen. Der Organisation „Defending Free Flow Of Information“ zufolge, die sich für Meinungsfreiheit im Iran einsetzt, haben die iranische Cyber-Polizei sowie Beamte des Ministeriums für Nachrichtenwesen und Staatsanwälte der Stadt Täbris erklärt, dass nur offizielle Informationen verbreitet werden dürften.

Das offizielle Nachrichtenportal der iranischen Justiz, Mizan, berichtete, dass die Staatsanwaltschaft bereits Maßnahmen gegen Medienvertreter*innen ergriffen hätten, die „falsche Informationen“ über den Vorfall verbreitet hätten. Auch die staatliche Nachrichtenagentur IRNA meldete, dass Sicherheits- und Justizbehörden gegen Journalist*innen, Medien und Social-Media-Aktivist*innen vorgingen, um eine einheitliche Darstellung des Vorfalls sicherzustellen und mögliche Reaktionen der Bevölkerung zu minimieren. 

Tausende Iraner*innen hatten in den sozialen Medien mit Skepsis auf die offiziellen Berichte reagiert und oft mit Humor oder Freude ihre Zweifel an der offiziellen Darstellung des Ereignisses geäußert. Dies führte zu weiteren Drohungen und Warnungen der Sicherheitsbehörden gegenüber den Nutzer*innen. Die iranische Polizeibehörde FARAJA gab bekannt, dass alle Social-Media-Aktivitäten überwacht würden und gegen diejenigen vorgegangen werde, die „durch die Verbreitung von Gerüchten die öffentliche Meinung verunsichern“ wollten.

Medienberichten zufolge wurde auch Shaghayegh Mohammadi, die Ehefrau des Fußballspielers Mohammad Hossein Moradmand, von Sicherheitsbehörden bedroht, nachdem sie auf Instagram einen Vers des Dichters Hafez gepostet hatte, der sinngemäß lautet: „Freue dich, dass der Unterdrücker den Weg nicht findet.“ Dieser Vers war zuvor von Raisi bei einem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Erdogan zitiert worden. Mohammadi berichtete später auf Instagram, dass sie zur Vernehmung vorgeladen worden sei. Sie erklärte, dass sie trotz der Drohungen fest entschlossen sei, für ihre Rechte und die Freiheit im Iran einzutreten.

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