Die nächsten Todeskandidat:innen in der Islamischen Republik

Mohsen Shekari war das erste Opfer der Abrechnung des Regimes mit den inhaftierten Protestierenden. Wer könnte der/die Nächste sein?

Nach Angaben der iranischen Justiz sind die Prozesse gegen mindestens elf Demonstrant:innen bei den landesweiten Protesten wegen „Muharebeh“ („Kriegsführung gegen Gott“) und „Verderben der Erde“ beendet worden. Das würde bedeuten, dass mehrere Todesurteile gefallen sind, denn auf diese „Vergehen“ steht die Todesstrafe.

Namen wurden nicht genannt. Auch darüber, ob die Urteile von der höchsten juristischen Instanz des Landes überprüft werden, gibt es keine Informationen. Deshalb wird in der iranischen Internet-Community darüber spekuliert, wer die Verurteilten sind und wer als nächstes Opfer hingerichtet wird.

Es kann auch sein, dass keine Todesurteile vollstreckt werden. Das bedarf allerdings einer weltweiten Kampagne zur Unterstützung der inhaftierten Demonstrant:innen. Anders gesagt: Wenn die internationale Gemeinschaft lautstark die barbarischen Urteile gegen die jungen Iraner:innen verurteilt, wenn Hunderttausende auf die Straßen gehen und die Ermordung der inhaftierenden Protestierende verurteilen, dann wird das islamische Regime nicht wagen, sie hinzurichten. Dann hat die Weltgemeinschaft das Leben junger Menschen gerettet, die nichts anderes wollen, als frei zu sein und nicht von einem mittelalterlichen politischen System bevormundet zu werden.

Wer ist als nächste/r dran?

Menschenrechtsorganisationen und die Familien der Inhaftierten gehen davon aus, dass vielen von ihnen die Hinrichtung droht, darunter: 

  •  Sahand Noor Mohammadzadeh, 26 Jahre alt und Bodybuilding-Champion. Am 16. November wurde er vor Gericht gestellt, weil er öffentliches Eigentum in Brand gesteckt und eine Autobahn blockiert haben soll. Das Gericht hat das als „Muharebeh“ eingestuft. 
Sahand Noor-Mohammadzadeh
Sahand Noor-Mohammadzadeh
  • Mohammad Mehdi Karami und Mohammad Hosseini. Ihnen wird vorgeworfen, ein Mitglied der staatlichen Schlägertrupps des islamischen Regimes Basidj getötet zu haben. 
  • Fahimeh Karimi, Volleyballtrainerin, verhaftet bei Protesten in der Stadt Pakdasht der Proivnz Teheran. Ihr wird vorgeworfen, ein Basidj-Mitglied verletzt zu haben. Fahimeh Karimi ist Mutter von drei Kindern. Alessia Piperno, die italienische Bloggerin, die im Iran festgenommen worden war, verbrachte vor ihrer Freilassung am 10. November 34 Tage mit Fahimeh in einer Zelle. Sie schrieb auf Instagram, dass Fahimeh immer wieder die Namen ihrer Kinder, Fatemeh, Mohammad und Atena und an die Zellentür hämmernd „Freiheit, Freiheit“ gerufen habe.
Fahimeh Karimi und ihre drei Kinder
Fahimeh Karimi und ihre drei Kinder
  • Mahsa Mohammadi, studiert Mikrobiologie an der Universität der Stadt Sabzevar und wird beschuldigt, auf Twitter den Propheten der Muslime, Mohammad, beleidigt zu haben. Sie ist seit mehr als 50 Tagen im Gefängnis. Mahsas Mutter, die den Fall ihrer Tochter verfolgt, wurde ebenfalls mehrere Tage inhaftiert. 
  • Der 24jährige Mohsen Hashem-Zehi in der Provinz Sistan und Belutschestan. Er soll bereits in die Todeszelle verlegt worden sein.
  • Der kurdische Rapper Saman Yasin, der wegen seiner regimekritischen Songs bekannt ist.
  • Auch der bekannte kritische Rapper Toomaj Salehi aus Teheran und der Rapper Behrad Alikonari aus der Stadt Ahwaz wurden unter dem Vorwurf „Kriegführung gegen Gott“ und „Verderben der Erde“ angeklagt.

  • Hamid Qara-Hassanlou, der mit seiner Frau Farzaneh in ihrer eigenen Wohnung festgenommen wurde. Dem Bericht des „Komitees zur Beobachtung der Situation der Inhaftierten“ zufolge wurde Hamid Qara-Hassanlous Todesurteil am Mittwochmorgen gefällt. Er soll gefoltert und deswegen im Krankenhaus behandelt worden sein. Seine Frau Farzaneh wurde zu 25 Jahren „Haft ohne Besuch“ verurteilt.
  • Majidreza Rahnavard, soll in der Stadt Mashhad ein Mitglied des Basidj getötet und einige Menschen verletzt haben.  
  • Reza Arya, 43 Jahre alt und Vater von zwei Kindern. Ihm wird vorgeworfen, einen Basij an der Schulter verletzt zu haben. Das iranische Menschenrechtszentrum gab am 6. Dezember bekannt, dass er zum Tode verurteilt wurde.

  • Mohammad Qobadlou, 22 Jahre alt, verhaftet in Teheran. Er wird beschuldigt, einen Beamten einer Spezialeinheit der Polizei mit dem Auto überfahren und so getötet zu haben. 
  • Parham Parvari, 25 Jahre alt, Diplom-Ingenieur und Schwimmmeister und -trainer. Parhams Vater teilte in einer Videobotschaft mit, dass sein Sohn auf dem Rückweg von der Arbeit „in eine Menschenmenge geraten“ und festgenommen worden sei. Parham ist das einzige Kind der Familie.
Parham Parvari
Parham Parvari
  • Saman Saidi und Mohammad Broghni. Sie waren Zellengenossen des am Donnerstag hingerichteten Mohsen Shekari. Die beiden wurden am 6. Dezember in Einzelzellen des Gefängnisses von Rajaie-Shahr verlegt.♦ (fp)

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