Kinderhandel in Teheran

Als die Tür der Notaufnahme kurz aufgeht, kann ich hineinschauen. Haniehs Fruchtblase ist geplatzt. Sie liegt im Wasser und krümmt sich vor Schmerz. Auf einem kleinen Bildschirm ist zu lesen: Name: Hanieh, Familienname: R. Alter: 20, Anzahl der Geburten: zwei. Name des Vaters: Unbekannt. Identifikationsdokumente: Keine.
Später geht die Sonne unter. Hanieh hat ihr Kind zur Welt gebracht und ist auf der Station. Wir dürfen nicht zur ihr. Wir verabreden uns für den nächsten Morgen zur Abnahme des Säuglings.
Als wir am nächsten Tag Hanieh besuchen, leuchten ihre Augen. Sie sagt: „Ich war in der Hölle und bin zurückgekommen.“ Ich frage: „Geht es dem Kind gut?“
Sie durfte ihr Kind nicht sehen!
Ich warte bis zum Mittag auf Sepideh. Vor dem Park sprechen ein paar Beamte und zwei junge Frauen mit einer drogensüchtigen Mutter, die einen vierjährigen Sohn hat. Sie wollen sie in einer Pension unterbringen. Später erfahren wir, dass es sich bei den jungen Frauen um Mitarbeiterinnen von Fatemeh Daneschwar vom Teheraner Stadtrat handelt.
Ich frage einen der Beamten, wie viele Kinder er bisher aus diesem Park retten konnte. Er antwortet: „Zwei kleine Jungen und einen Säugling, der neben einem vierzehn oder fünfzehn Jahre alten Mädchen gefunden wurde.“ Sie habe erzählt, eine ältere Frau habe ihn neben ihr abgelegt. Jetzt sei der Kleine bei einer Familie, fügt der Beamte hinzu.
Endlich finden wir Mehdi. Er ist dabei, Crystal Meth zu kaufen. Mehdi fragt nach Hanieh, aber nicht nach dem Kind und sagt dann: „Meine Frau braucht ihre Drogen, bitte bringt ihr den Stoff.“ Wir verabreden uns für morgen.
Auf dem Rückweg rufe ich Fatemeh Daneshwar an. Wir vereinbaren, dass am nächsten Morgen Mitarbeiter der Nichtregierungsorganisation „Mehrafarin“ zum Krankenhaus fahren, um den Säugling abzuholen und zu einer staatlichen Wohlfahrtsorganisation zu bringen. Daneshwar sagt: „Wir haben alle Krankenhäuser des Bezirks schriftlich gebeten, dass sie sich mit uns in Verbindung setzen, wenn sie solche Patientinnen bekommen.“
Entzugserscheinungen
Es ist nach neun Uhr, als wir ins Krankenhaus fahren, um Hanieh abzuholen. Als wir ankommen, stehen Polizeibeamte vor dem Zimmer eines Krankenhausmitarbeiters, um Protokolle fertigzustellen. Hanieh hat Entzugserscheinungen. Sie sitzt im Flur, bekleidet mit einem rosa Kleid und blauen Latschen, die dem Krankenhaus gehören. Wir erfahren, dass sie gestern einige Scheiben zerschlagen hat.

Kinder sind für arme Familien im Iran eine "lukrative" Einkommensquelle
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Sie erklärt: „Ich habe den Spiegel kaputt gemacht, damit sie merken, dass es mir schlecht geht.“ Ihr Säugling zeigt Symptome einer Drogensucht, eine Woche bis zehn Tage muss er noch hier bleiben. Ich bestehe darauf, das Baby zu sehen. Ein Mitarbeiter des Krankenhauses fragt mich sehr freundlich: „Bist du die Verkäuferin des Säuglings?“ Ich sage nicht nein, sondern nicke. Ruhig sagt er: „Verhalte dich nicht so auffällig, geh! Wenn die Polizei das mitbekommt, wirst du nur Ärger bekommen. In einer Woche wird das Baby entlassen.“
Ein Mitarbeiter von „Mehrafarin“ ist gekommen. Wir warten immer noch auf Haniehs Entlassungspapiere. Sie hat durch die Entzugserscheinung große Schmerzen. Der NGO-Mitarbeiter kommt enttäuscht zurück. Die Krankenhausführung hat ihm gesagt, dass sie sich noch nicht entschieden hätte, ob sie mit „Mehrafarin“ zusammenarbeiten will. Und erst, wenn die Eltern die Krankenhausrechnung bezahlt hätten, könne das Kind mitgenommen werden.
Hanieh hat nichts anzuziehen. Ich kaufe ihr eine Hose, eine Jacke, einen Mantel, einen Schal und Schuhe. Sepideh sagt zu Hanieh: „Jetzt bist du seit drei Tagen clean. Lass das mit den Drogen, lass mich dich ins Entzugszentrum bringen.“ Hanieh erwidert: „Ich habe Drogen genommen.“ Sie hatte sie in ihren Sachen versteckt.
Schnelles „Geschäft“
Endlich wird Hanieh entlassen. Wir bringen sie zu Sepideh nach Hause. Sepideh geht zur Arbeit. In ihrer Wohnung spielen ihre drei und ein Jahr alten Kinder. Ich erzähle Hanieh, dass ich mit Mehdi geredet habe und er einverstanden sei mit allem, was sie entscheide. In weniger als fünf Minuten kommt unser Geschäft zustande. Das Kind wird verkauft.
Ich kontaktiere Dr. Habibollah Massoudi Farid, Vizechef der staatlichen Wohlfahrtsorganisation. Er verspricht, Mitarbeiter ins Krankenhaus zu schicken, um die juristischen Angelegenheiten zu klären und den Säugling abzuholen. Gerade zuhause angekommen, ruft mich Fatemeh Daneshwar an. Sie fragt nach dem Kind und sagt: „Bitte schreibt in eurem Artikel, dass die staatliche Wohlfahrtsorganisation in diesen Krankenhäusern professionelle BetreuerInnen beschäftigen soll.“
Dr. Farid teilt mir mit, dass das Krankenhaus eine Patientin dieses Namens nicht kennen würde. Ich bestehe darauf, dass ich selbst dabei gewesen sei. Es ist fast 20 Uhr, als ich eine SMS von ihm bekomme. Der Säugling soll am kommenden Tag per Gerichtsbeschluss zur Wohlfahrtsbehörde gebracht werden.
  FATEMEH JAMAL-POUR
Quelle: Iran Newspaper
Übertragen aus dem Persischen und überarbeitet von Iman Aslani
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