Kinderhandel in Teheran
Nach offiziellen Angaben hat in den vergangen Monaten der Verkauf von Säuglingen im Iran zugenommen. In dem Land mit den viertgrößten Erdölvorkommen und den zweitgrößten Erdgasreserven der Welt greifen immer mehr Menschen zu ungewöhnlichen Maßnahmen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Iran Journal veröffentlicht Auszüge aus einer Recherche der Teheraner Tageszeitung „Iran“ über den Kinderhandel in der iranischen Hauptstadt.
„Die Zahl der Eltern, die mit ihren Kindern handeln, hat in den letzten sechs Monaten überall im Land zugenommen“. Das gab Habibollah Massoudi Farid, Vizechef der staatlichen Wohlfahrtsorganisation, Mitte Oktober bekannt. Im Wesentlichen sei diese Entwicklung auf die Zunahme von Drogensüchtigen zurückzuführen, so Massoudi Farid.
Vor etwa einem Jahr hatte Fatemeh Daneshwar, Mitglied des Teheraner Stadtrats, in einer TV-Übertragung gesagt, es gebe Informationen, dass „obdachlose Frauen und Prostituierte nach der Entbindung in Krankenhäusern im Süden und in der Innenstadt Teherans ihre Kinder für 100.000 bis 200.000 Tuman (25 bis 50 Euro) verkaufen“. Die Teheraner Polizei kündigte prompt an, sich dem Thema zu widmen. Und auch der Teheraner Vizegouverneur für Politik und Gesellschaft, Shahaboddin Tschawoschi, reagierte: „Wir haben dafür keine Belege, aber wenn es diese Vorkommen gibt, dann müssen sich die zuständigen Ämter darum kümmern.“
Um zu beweisen, wie leicht man in Teheran ein Kind kaufen kann, machte sich Fatemeh Jamal-Pour, Mitarbeiterin der Zeitung Iran, auf den Weg – und sie wurde schnell fündig. Iran Journal dokumentiert ihren Bericht:
Ich gehe mit Sepideh in den Harandi-Park. Sepideh war früher selbst obdachlos und drogensüchtig. Jetzt ist sie clean. Im Park grüßt sie alle sehr warmherzig. Sie sagt: „Diese Menschen waren Freunde und Mitsüchtige. Und hier ist der Ort des Geschehens.“
Wir laufen an Glücksspielern vorbei und stoßen auf eine Gruppe von etwa 100 oder mehr drogenabhängigen Obdachlosen, Kinder, alte Männer und Frauen. Drogenutensilien werden herumgereicht. Ich sehe ein kleines Wesen, das nicht einmal 40 Kilo wiegt, aber einen runden Schwangerschaftsbauch hat. Er wirkt wie ein kleiner Plastikball, der unter ihrer schmutzigen, billigen Bluse hervorguckt. Unter einem Baum sieht man ihre wenigen Habseligkeiten.
Der Name der werdenden Mutter ist Hanieh. Sie ist etwa 20 Jahre alt, ihr Teint ist dunkel, ihre schmalen Lippen sind blutleer. Ihren Augen ist Schmerz anzusehen: „Sie entbindet“, erklären zwei ältere Frauen, die bei ihr sind. Die Frau hat Blutungen. Sepideh ruft das Entzugszentrum an: „Schicken Sie einen Wagen? Sie liegt in den Wehen.“ Die Antwort ist negativ.
Wir können nicht warten. Gemeinsam tragen wir Hanieh zur Parktoilette. Leyla und Sepideh waschen den Körper der Schwangeren mit kaltem Wasser. Haniehs Mann, der dazu gekommen ist, schreit: „Wie oft habe ich dir gesagt, bleib in Varamin! Aber du wolltest ja nicht hören.“ Varamin ist ein Armenviertel im Süden Teherans.
Während die junge Frau in den Wehen liegt, verhandelt ihr Mann vor der Toilettentür über den Preis des Ungeborenen: „Vier Millionen Tuman (etwa 1.000 Euro) und nicht weniger. Und mein Kind wird glücklich.“ Er fragt nicht einmal danach, wer der Käufer ist oder welchen Beruf er ausübt. Zwischen der Verhandlung spricht er mit Sepideh. Sie sagt leise: „Nicht, dass du später kommst und sagst, ich bereue es, ich war damals auf Drogen und habe Mist gebaut.“ Der Geruch von Ammoniak umhüllt das Toiletteninnere.
Sepideh sagt: „Hanieh soll bis nach der Geburt nichts erfahren. Denn das würde für sie Stress bedeuten und die Geburt wird dadurch schwieriger für sie und das Kind.“ Wir machen uns auf den Weg zum Krankenhaus. Am Straßenrand halte ich ein Taxi an. Mehdi, Haniehs Mann, bleibt im Park.
Keine Identifikationsdokumente
Fortsetzung auf Seite 2