Weltfrauentag in der Islamischen Republik

Auch in diesem Jahr darf der Weltfrauentag im Iran nicht öffentlich gefeiert werden. Das islamische Regime beharrt darauf, dass der Geburtstag der Prophetentochter Fatima der wahre Frauentag sei und unterbindet jegliche öffentliche Versammlung von Frauen am achten März. In Teheran und einigen anderen Großstädten wollen Frauen dennoch in kleinen Gruppen zusammenkommen.
 In den vergangenen zwanzig Jahren haben die Polizei und die Sicherheitsbehörden im Iran stets alle großen und kleinen Versammlungen zum Weltfrauentag gestürmt und sogar Aktivistinnen vorübergehend inhaftiert. Trotzdem setzen diese ihre Bemühungen für die Aufklärung über die Diskriminierung von Frauen in der Islamischen Republik fort. Mit der Amtsübernahme von Präsident Hassan Rouhani, der viele Stimmen Frauen zu verdanken hat, wünschten sich die Aktivistinnen, dass er seine Wahlversprechen einhält und die rechtliche und soziale Lage von Frauen verbessert.
Rouhani war mit Versprechen wie etwa „gleiche Möglichkeiten für Frauen“ oder der Einrichtung eines Frauenministeriums in sein Amt eingetreten. Doch hat er diesbezüglich bislang keine Erfolge erzielt. Selbst Versammlungen oder Kundgebungen am Weltfrauentag sind nach wie vor verboten.
Der konservative Flügel der iranischen Politik spricht auch hier das letzte Wort – und der hält den Geburtstag von Fatima bint Muhammad, der Tochter des Propheten, für den wahren Frauentag. Der Geburtstag Fatimas ist auch „der Muttertag“ im Iran und wird wie der Geburtstag des Propheten oder die Geburtstage der Imame gefeiert. Mit Gleichberechtigung und Frauenrechten hat diese Feier jedoch nichts zu tun.
Reformorientierte Vizepräsidentin
Mit der Regierung Rouhanis entspannte sich die politische Lage zwar etwas. Die Reformpolitikerin Shahindokht Molaverdi wurde zur Vizepräsidentin für Frauenangelegenheiten ernannt. Nach knapp vier Jahren Amtszeit jedoch bleibt den Frauen nach wie vor nur die Hoffnung auf eine große Veränderung. Denn fast alle Bemühungen Molaverdis scheiterten an den Widerständen der Konservativen, etwa die Aufhebung des Eintrittsverbots für Frauen in Sportstätten, in denen Wettbewerbe von Männern ausgetragen werden. „Der Präsident fragte mich zu den Einzelheiten. Wir haben ausgemacht, dass ich darüber mit dem Sportminister berate“, sagte die Vizepräsidentin in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Mehr. Doch das Wort der Ayatollahs hat mehr Gewicht: „Die Regierung hat die Angelegenheit aus Respekt vor den Rechtsgelehrten nicht weiter verfolgt“, fügt sie in dem Interview hinzu.
Ein anderes Beispiel ist häusliche Gewalt gegen Frauen. „Die systematische Gewaltausübung nimmt im Iran ständig zu“, stellt die Soziologin Shahla Ezazi fest.
Im Iran gibt es keine offiziellen Angaben über Gewaltopfer. Eine landesweite Erhebung vor 10 Jahren wurde von der damaligen Regierung geheim gehalten und erst 2015 veröffentlicht. Danach sollen 66 Prozent der Iranerinnen in ihrem Leben mindestens einmal Gewalt erlebt haben. Psychische und verbale Gewalt machen den größten Teil aus.

Frauen, die sich nicht an den Dresscode der Regierung halten, sind der staatlichen Gewalt ausgesetzt
Frauen, die sich nicht an den Dresscode der Regierung halten, sind der staatlichen Gewalt ausgesetzt

Laut einem im Juni 2015 veröffentlichten Bericht des parlamentarischen Rechts- und Justizausschusses ist die Sterberate iranischer Frauen zwischen 15 und 44 Jahren, die häuslicher Gewalt zum Opfer fallen, so hoch wie die Todesrate durch Krebs. 13 Prozent der Brüche von Konchenbrüchen bei Teheraner Frauen sollen Folgen häuslicher Gewalt sein, stellen die Ergebnisse einer Studie fest, die 2014 in der akademischen Zeitschrift der Universität Gorgan im Nordosten Irans veröffentlicht wurden.
Staatliche Gewalt gegen Frauen
Die gewalttätige Herangehensweise der Sittenpolizei ist in der Islamischen Republik eine der gängigen Formen von Gewalt gegen Frauen. Von März bis November 2015 soll die Polizei mehr als 40.000 Mal gegen Autofahrerinnen vorgegangen sein, die am Steuer die islamischen Kleidervorschriften nicht eingehalten hatten, berichtet der Chef der Verkehrspolizei Teymour Hosseini. Meist wurden die Autos beschlagnahmt und die Frauen Richtern vorgeführt.
Eine andere Restriktion für iranische Frauen ist das Verbot, öffentlich zu singen. Islamische Rechtsgelehrte sind der Auffassung, es könne Männer sexuell anregen. Oft dürfen Frauen deshalb selbst als Musikerinnen nicht auf die Bühne oder Konzerte werden aufgrund der Beteiligung von Musikerinnen abgesagt. Nicht selten werden solche Veranstaltungen von organisierten Gruppen, die den konservativen Kräften nahe stehen, gestürmt.
Frauen in hohen Ämtern
Der größte Erfolg der Regierung Rouhani in Bezug auf Frauen ist deren Einstellung in hohe Ämter. Neben der Vizepräsidentin für Frauenangelegenheiten leiten Frauen die staatliche Umweltschutzorganisation und die Organisation für Kulturerbe, Tourismus und Kunsthandwerk. Unter Rouhani wurden zudem erstmals in der Geschichte der Islamischen Republik vier Gouverneurinnen ernannt.
Die politischen Gegner Rouhanis aus dem Lager der Fundamentalisten halten dies für Werbemaßnahmen, die ihm bei den bevorstehenden Wahlen den Sieg bescheren sollen.
  MINA TEHRANI
Aus dem Persischen übertragen und überarbeitet von Iman Aslani
Pesischsprachige Quellen:
www.psychnews.ir ،  www.mehrkhane.com/fawww.tabnak.ir/fa , www.hamooniran.com/item , www.irna.ir/fa