Clean bleiben mit Hilfe aus dem Exil

Millionen von IranerInnen sind drogenabhängig. Hilfe, um von ihrer Sucht loszukommen, erhalten längst nicht alle. Und die, die therapiert werden, werden oft rückfällig. Nachhaltige Unterstützung erhalten Suchtkranke seit einigen Jahren jedoch von einem bekannten im Exil lebenden iranischen Sänger, der sich den Kampf gegen die Sucht auf die Fahne geschrieben hat.

„Es war hart, wirklich sehr sehr hart“, erinnert sich Mohammad an sein Leben im Iran zurück. „Mein Alltag war ein ständiger Kampf mit mir selbst, den ich lange Zeit zu verlieren glaubte“, sagt er im Gespräch mit dem Iran Journal. Viele Jahre lang war der Iraner drogenabhängig. Seit fünf Jahren sei er nun jedoch clean, so Mohammad.
Sein Schicksal teilt der 37-Jährige mit Millionen IranerInnen. Wie viele Menschen im Iran tatsächlich rauschgiftsüchtig sind, ist unklar. Glaubt man der offiziellen Statistik des iranischen Antidrogenkomitees, sind es rund zwei Millionen, von denen mehr als die Hälfte regelmäßig harte Drogen konsumiert. „Den iranischen Autoritäten ist die ganze Thematik unangenehm, denn Phänomene wie Drogen- oder Alkoholsucht sind Indizien dafür, dass in einer Gesellschaft einige Dinge massiv schief laufen. Insofern ist davon auszugehen, dass die Zahlen geschönt werden, um die Suchtproblematik kleinzureden“, glaubt Mohammad.
Besorgniserregende Zahlen
Doch immer häufiger lassen iranische PolitikerInnen durchblicken, dass die Ausmaße des Drogenproblems größer sein könnten als bisher offiziell verlautbart. So sprach der neue Innenminister Abdolreza Rahmani Fazli im Juni im iranischen Parlament sogar von 5,5 Millionen Drogensüchtigen. Ebenso unverblümt gab jüngst der iranische Arbeitsminister Ali Rabiei in einer Pressekonferenz zu, dass seit Ende März 2016 etwa 1.300 IranerInnen an den Folgen ihres Drogenkonsums verstorben seien – im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg von sechs Prozent.

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Auch der stellvertretende Leiter des iranischen Antidrogenkomitees, Parvis Afshar, gestand Probleme ein. „90 Prozent der in diesem Jahr 13.000 IranerInnen, die wir in Entzugskliniken gebracht haben, sind rückfällig geworden“, sagte er jüngst gegenüber iranischen Medien – und gab damit zu, dass die staatlichen Maßnahmen zur Suchtbekämpfung nur sehr wenig Früchte tragen. 1.142 solcher vom Gesundheitsministerium geleiteten Entzugszentren existieren derzeit im Iran. Das Problem: Eine längerfristige Begleitung der PatientInnen findet nicht statt. Die Betreuung ist nur auf die Zeit ihres Klinikaufenthalts begrenzt.
Kaum Nachbetreuung
Diese Erfahrung musste auch Mohammad machen. Der mittlerweile in Köln lebende Iraner kann sich noch gut an die „bittere Zeit“, wie er sie selbst nennt, nach seinem Klinikaufenthalt erinnern: „Ich hatte mit familiären und finanziellen Problemen zu kämpfen, also jenen Sorgen, die ich mit Drogen zu betäuben gelernt hatte. Nun war ich wieder auf mich allein gestellt“, erzählt er: „Nach einigen Wochen habe ich meinen Konsum fortgesetzt.“
„Das Problem ist der Mangel an Nachbetreuung von Menschen mit Drogenproblemen. Viele Therapien sind mit Kosten verbunden, die Süchtige im Iran finanziell kaum stemmen können.“ Außerdem fehle es an Sachkundigen, die Hilfe leisten könnten. Deshalb sei die Zahl der Rückfälle „unerträglich hoch“, sagt die Teheraner Psychotherapeutin Fariba Mahvash gegenüber dem Iran Journal.
Hilfe zur Selbsthilfe
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