Vom Fahrer zum Milliardär – Korruption im Gottesstaat
Der iranische Neu-Milliardär Babak Zanjani nennt sich selbst „Retter der Nation vor Sanktionen“. Seine Gegner halten ihn für einen Betrüger. Für die Regierung ist er ein Beispiel für die staatliche Korruption, die man an der Wurzel packen solle. Seit Ende Dezember sitzt er in Haft. Nun sollen auch seine „Hintermänner“ zu Rechenschaft gezogen werden.
„Wie ist es möglich, dass ein Mensch wie Zanjani innerhalb einer so kurzen Zeit eine derart steile Karriere machen kann?“, fragt Akbar Torkan am 6. Januar im Gespräch mit der iranischen Zeitung Etemad. „Weil in unserem Land Korruption und Bestechung zu Regel geworden sind“, beantwortet der engste Berater des iranischen Präsidenten seine Frage selbst. Und fügt hinzu: Selbst in Deutschland, „obwohl dort ein weltliches System herrscht“, seien die Behörden bei weitem „nicht so korrupt wie in unserem auf Religion aufgebauten System“. Deshalb möchte die Regierung, so Torkan, das Übel an der Wurzel packen: „Neben Zanjani sollen auch seine Hintermänner zu Rechenschaft gezogen werden.“
Babak Zanjani, Inhaber der großen Sourinet-Holding und Chef von 17.000 Beschäftigten weltweit, war am 30. Dezember verhaftet worden. Der erfolgreiche Kaufmann besitzt neben Sourinet 64 weitere Firmen, die unter anderem in der Türkei, den Arabischen Emiraten, Tadschikistan und Malaysia in den Bereichen Transport, Finanzen und Außenhandel aktiv sind.
Die Meldung über Zanjanis Verhaftung kam nicht nur überraschend, sie war auch sehr kurz: Wegen „finanzieller Angelegenheiten“ sei der Geschäftsmann festgenommen worden, teilte Irans oberster Staatsanwalt Gholamhossein Mohseni Ejehei mit. Um eine mögliche Ausreise Zanjanis zu verhindern, müsse er bis zum Ende erster Ermittlungen in Untersuchungshaft bleiben.
Vergangene Woche hatten zwölf Parlamentsabgeordnete Zanjani der Korruption beschuldigt und eine Untersuchung seiner finanziellen Aktivitäten gefordert. Auch wenn die genauen Hintergründe der Verhaftung des Geschäftsmannes noch unklar sind: Einige Informationen über seine Milliardengeschäfte sprechen für einflussreiche Beziehungen und eine Schlüsselrolle Zanjanis während der Sanktionen.
Der Durchbruch
Zanjanis Karriere soll während seines Wehrdienstes begonnen haben. Der heute 42-Jährige diente damals als Fahrer des iranischen Zentralbankchefs Mohsen Nourbakhsh. Damals soll es dem geschäftstüchtigen Zanjani gelungen sein, sich erste Türen in die Welt der großen Geschäfte zu öffnen und wichtige Kontakte zu knüpfen.
Sein Name wurde jedoch erst viele Jahre später bekannt: als nämlich Anfang Februar 2013 der Machtkampf zwischen dem damaligen Präsidenten Mahmoud Ahmadinedschad und Parlamentschef Ali Larijani seinen Höhenpunkt erreichte. Damals zeigte Ahmadinedschad im iranischen Parlament ein Video, auf dem Fazel Larijani, Bruder des Parlamentspräsidenten, mit dem Geschäftsführer der „Organisation für soziale Sicherheit“, Said Mortazavi, geheime Machenschaften bespricht. Dabei soll es auch um Lobbyarbeit für Zanjani gegangen sein. Denn damals suchte Mortazavi heimlich nach Käufern für Anteile seiner zum staatlichen iranischen Wohlfahrtssystem gehörenden Organisation. Bei dem 4-Milliarden-Euro-Geschäft sollte auch Zanjanis Holding Sourinet bedacht werden. Bis heute gab es zu den Vorgängen kein Gerichtsverfahren.
„Retter der Nation“
Zanjani bezeichnet sich selbst in Interviews als „Retter der Nation“ vor Sanktionen. Politische Beobachter meinen zwar ebenfalls, dass der Geschäftsmann sein Imperium den internationalen Sanktionen verdanke, sehen ihn allerdings eher als Mittelsmann, der iranische Staatsgelder veruntreut hat. Fakt ist: Zanjani gehört zu den einflussreichsten der Geschäftsleute, die dem Iran ermöglichten, die Sanktionen zu umgehen. Nur mit ihrer Hilfe konnte Teheran trotz der Embargos sein Öl verkaufen. Das ist auch ein Grund dafür, dass sowohl die USA wie auch die Europäer Zanjani Ende 2012 auf ihre Listen von Sanktionen betroffener Personen aufnahmen. So sollten möglichst alle Geschäfte verhindert werden, die über solche Mittelsmänner mit der iranischen Regierung abgeschlossen wurden.
Vor einigen Monaten bereits warf Irans Ölminister Bijan Zanganeh Zanjani vor, zwei Milliarden Dollar aus iranischen Erdölgeschäften nicht in die Staatskasse eingezahlt zu haben. Der wies die Anschuldigung per Youtube zurück. Das Geld sei auf einem von ihm in Malaysia eröffneten Bankkonto von den Amerikanern blockiert worden. Der Videobotschaft zufolge will der Kaufmann mit der Kontoeröffnung lediglich einer in Hongkong registrierten und im Besitz des iranischen Ölministeriums befindlichen Firma „Hilfe geleistet“ haben: Da diese „aufgrund der Sanktionen gegen den Iran kein Bankkonto im Ausland eröffnen konnte, habe ich geholfen, eins zu eröffnen“, so Zanjani in dem Video.
Illegale Goldgeschäfte
Zanjani hat in den letzten Tagen bekannt gegeben, dass in seiner Geschäfte auch Tadschikistans Zentralbank verwickelt sei. Die Leitung der tadschikischen Zentralbank hat Zanjanis Aussagen dementiert.
Türkischen Medienberichten zufolge soll Zanjani auch in den Korruptionsskandal verwickelt sein, der seit Wochen den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan unter Druck setzt. Dabei geht es unter anderem um die umstrittenen Goldgeschäfte der türkischen Halkbank mit dem Iran. Laut dem türkischen Energieministerium bezog das Land 2011 etwa 18 Prozent seines Erdgases und 51 Prozent seines Erdöls aus dem Iran. Die Bezahlung erfolgte über Mittelsmänner teils in Bargeld, teils in Gold, da reguläre Geldtransfers wegen der internationalen Sanktionen nicht möglich waren. So konnten die beiden Nachbarländer ungeachtet der Sanktionen im selben Jahr ein Rekordhandelsvolumen von 16 Milliarden Dollar verzeichnen.
Zwar hat Zanjani jegliche Beteiligung an der Sache vehement bestritten. Doch türkische Medien berichten, dass der iranisch-türkische Geschäftsmann Reza Zarrab, der in der Türkei als Mittelmann der Geschäfte verhaftet wurde, Zanjani als seinen Chef bezeichnet habe.
Forough Hossein Pour