Neues Säbelrasseln im Nahen Osten
Nach der Verstärkung der Eskalation am Roten Meer und die Beschlagnahmung eines Öltankers durch die iranische Marine steigt die Sorge um die Ausbreitung des Nahostkonflikts. Die besorgniserregenden Entwicklungen in dieser Region beeinflussen zunehmend den Welthandel.
Am Donnerstagabend bat der schottische Premierminister Hamza Yousaf von der Scottish National Party (SNP) um eine Sondersitzung des Parlaments, damit die Abgeordneten die Möglichkeit haben, über die Einzelheiten einer etwaigen Beteiligung an dem militärischen Angriff gegen die Huthis im Jemen informiert zu werden. Zuvor hatte sein Parteikollege Stephen Flynn „ernsthafte Aufmerksamkeit“ gefordert und die neuen Ereignisse im Roten-Meer-Gebiet als „eine sehr ernste und komplexe Angelegenheit“ bezeichnet, die sich „rasant“ entwickeln könne.
Grund der Besorgnis beider schottischen Politiker sind Spekulationen über die Fortsetzung gemeinsamer Militäreinsätze der USA und Großbritanniens gegen die von der Islamischen Republik Iran unterstützen Huthi-Rebellen im Jemen. Die Aussage des britischen Premierministers Rishi Sunak, sein Land werde „die praktischen Maßnahmen zur Verteidigung der Freiheit der Schifffahrt in internationalen Gewässern und zum Schutz des Lebens von Seeleuten und Schiffsbesatzungen auf See fortsetzen“, heizte die Spekulationen weiter an.
Auf der anderen Seite warnte Huthi-Führer Abdul Malik Huthi, dass seine Rebellen keinen militärischen Angriff der USA und ihrer Partner unbeantwortet lassen würden: „Wir sind jetzt noch entschlossener, Schiffe anzugreifen, die mit Israel in Verbindung stehen, und wir werden nicht nachgeben. Unsere Reaktion auf US-Angriffe wird viel stärker sein als die mit 20 Drohnen und Raketen“, sagte er in einer Fernsehansprache am Mittwoch. Damit meinte er die mehr als 20 Raketen und Drohnen, die einen Tag zuvor durch amerikanische und britische Kriegsschiffe abgefangen und zerstört wurden.
Die Antwort kam prompt
Am Freitagmorgen gab die US-Luftwaffe bekannt, dass US-Streitkräfte und ihre Verbündeten mehr als 60 Punkte an 16 von den Huthi-Rebellen im Jemen genutzten Standorten angegriffen hätten. Demnach umfassten die Zielpunkte unter anderem Munitionsdepots, Abschusssysteme, Produktionsanlagen und Luftverteidigungsradarsysteme. Ob es dabei Tote oder Verletzte gab, wurde nicht bekanntgegeben.
Seit dem Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober, der einen neuen umfassenden Krieg in Gaza auslöste, haben die Huthis Angriffe auf israelische oder andere Schiffe auf dem Weg nach Israel im Roten Meer verübt. Laut der US-Armee sollen sie vom 19. November 2023 bis 11. Januar dieses Jahres 27 Handelsschiffe im Roten Meer angegriffen haben.
Mittlerweile ist das britische Angriffsschiff HMS Diamond im Roten Meer stationiert und ein weiteres britisches Schiff, die HMS Lancaster, ist in Richtung Oman-See aufgebrochen. Dieses Kriegsschiff ist Teil der britischen Marineflotte im Nahen Osten und nimmt regelmäßig an Seeoperationen gegen Drogen- und Waffenschmuggel teil. Außerdem wurde letzte Woche ein weiteres Schiff der britischen Marine namens HMS Richmond in die Gewässer des Persischen Golfs geschickt. Zusätzlich zu diesen drei Kriegsschiffen sind in diesem Gebiet auch mehrere US-amerikanische Kreuzer präsent.
Einfluss des Welthandels
Die Spannungen im Roten Meer haben unmittelbare Auswirkungen auf den Welthandel. Die Unsicherheit in der Meerenge Bab al-Mandab führt zu Marktturbulenzen und steigenden Ölpreisen. Diese Meerenge, die das Rote Meer mit dem Golf von Aden verbindet, ist eine der drei wichtigsten Wasserstraßen der Welt und für den Gütertransport von Ost nach West und umgekehrt von großer Bedeutung.
Laut dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) liegt aktuell das Transportvolumen durch die Meerenge bei rund 200.000 Containern pro Tag: „Noch im November waren es rund 500.000. Statt durch das Rote Meer leiten die Reedereien ihre Schiffe nun um und sie fahren den deutlich längeren Weg um das Kap der Guten Hoffnung“, so die IfW.
Die Umleitung von Schiffen um das Kap der Guten Hoffnung südlich von Afrika führe dazu, dass sich die Zeit für den Transport von Waren zwischen den asiatischen Produktionszentren und den europäischen Verbrauchern „deutlich um bis zu 20 Tage verlängert“, teilte Julian Hinz, Direktor des Forschungszentrums Handelspolitik und neuer Leiter des IfW, auf der Homepage des Instituts mit.
Spielt der Iran mit dem Feuer?
Mitten in die Turbulenzen am Roten Meer platzte die Meldung, dass der Iran „ein amerikanisches Handelsschiff“ im Golf von Oman beschlagnahmt habe. Die der iranischen Revolutionsgarde nahestehende Nachrichtenagentur Tasnim schrieb am Donnerstag: „Die Marine der Islamischen Republik Iran hat mit einem Gerichtsbeschluss einen amerikanischen Öltanker in den Gewässern des Oman-Meeres beschlagnahmt.“ Der Tanker soll unter der Flagge der Marshallinseln und mit irakischem Rohöl sowie 19 Besatzungsmitgliedern Richtung Türkei unterwegs gewesen sein. Dasselbe Schiff hatte im vergangenen Jahr iranisches Öl befördert und war von den USA im Rahmen einer „Sanktionsdurchsetzungsoperation“ konfisziert worden. In einer Erklärung der iranischen Marine dazu heißt es: „Nach dem Verstoß gegen das Schiff Suez Rajan im Mai letzten Jahres und dem Diebstahl iranischen Öls durch die Vereinigten Staaten wurde der oben genannte Tanker mit dem neuen Namen St. Nicholas heute Morgen beschlagnahmt.“
Das US-Außenministerium verurteilte die „Entführung“ des Schiffes und forderte dessen sofortige Freigabe sowie die Freilassung seiner Besatzung. Ein Sprecher des US-Außenministeriums sagte gegenüber Journalist:innen: „Diese illegale Beschlagnahmung eines Handelsschiffs ist die jüngste vom Iran durchgeführte oder unterstützte Tat mit dem Ziel, den internationalen Handel zu stören.“ Er betonte, „provokative Aktionen wie diese“ stellten eine „Bedrohung für die Weltwirtschaft dar und müssen gestoppt werden.“
Beobachter:innen sind sich einig: Dieser Schritt der Islamischen Republik führt zur Verschärfung der Spannungen in der Region. Es wird erwartet, dass Washington Gegenmaßnahmen ergreift.
Am 10. Januar beschloss der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine Resolution, in der es heißt, die Mitglieder des Rates seien nach internationalem Recht berechtigt, ihre Schiffe gegen Angriffe zu verteidigen und die Rechte und die Freiheit der Schifffahrt zu sichern. China und Russland enthielten sich der Stimme.♦
Etwa 300 Menschen haben sich entschieden, das Iran Journal vor dem Aus zu retten. Auch Sie können uns helfen, indem Sie direkt (hier klicken) oder durch unsere Crowdfunding-Kampagne (hier klicken) Fördermitglied der Redaktion werden.