„Vorstufe“ eines Krieges zwischen Iran und Israel

Dennoch bereitet sich Israel für den Notfall vor. „Wir wissen, wie wir uns zu verteidigen haben“, sagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Mittwoch. Wer Israel schaden wolle, „dem werden wir auch schaden“. Der Sprecher der israelischen Armee, Daniel Hagari, ging einen Schritt weiter und schrieb auf X, es sei nicht notwendig, Generatoren zu kaufen, Lebensmittel zu horten oder Geld abzuheben. Für die Kampfeinheiten verhängte die Armee Urlaubsverbot. Außerdem sollen Reservist:innen für die Raketenabwehr mobilisiert werden.

Die USA haben ihre Unterstützung für Israel im Falle einer direkten Konfrontation mit dem Iran erneut unterstrichen. Israel gegen eine Reihe von Bedrohungen zu verteidigen, bleibe eine „unumstößliche“ Verpflichtung der USA, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby.

Wie viele Revolutionsgardisten tötete Israel seit dem 7. Oktober 2023?

Seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs im Jahr 2011 hat die Islamische Republik Iran ihre militärische Präsenz in dem Land zur Unterstützung der Regierung Bashar al-Assads stets als „beratend“ bezeichnet. Seitdem wurden in Syrien zahlreiche hochrangige IRGC-Kommandeure, hauptsächlich Angehörige der Quds-Brigade, die für Auslandseinsätze zuständig ist, getötet – eine beachtliche Zahl von ihnen durch israelische Luftangriffe. Allein seit dem Angriff der palästinensischen Gruppe Hamas auf Israelis am 7. Oktober fielen laut dem der Revolutionsgarde nahestehenden Telegram-Kanal Saberin-News zehn hohe Offiziere der Brigade israelischen Angriffen zum Opfer. Zwei von ihnen gehörten zu den wichtigsten Kommandeuren der IRGC: Mohammad-Reza Zahedi wurde bei dem Anschlag am 1. April in Damaskus und Razi Moussavi bei einem Luftangriff im Dezember 2023 ebenfalls in Damaskus getötet.

Von links: Hisbollahs Chef Hassan Nasrallah, General Ghasem Soleimani (getötet 2020), General Ahmad Kazemi (getötet bei einem Flugzeugabsturz, 2006), Razi Moussavi (getötet 2023), Imad Moghanieh (getötet 2008)
Von links: Hisbollahs Chef Hassan Nasrallah, General Ghasem Soleimani (getötet 2020), General Ahmad Kazemi (getötet bei einem Flugzeugabsturz, 2006), Razi Moussavi (getötet 2023), Imad Moghanieh (getötet 2008)

Zahedi hatte in den letzten vierzig Jahren mehrere hohe Ämter bei der IRGC bekleidet, war unter anderem Kommandeur ihrer Bodentruppen und Oberkommandierender des berüchtigten Thar-Allah-Kommandos. Thar-Allah ist unter anderem für die „Verteidigung der nationalen Führung“ Irans und die „Sicherung der Landeshauptstadt“ zuständig. Das Kommando ist maßgeblich an der Niederschlagung der Proteste in Teheran beteiligt gewesen. Zahedi soll am 1. April mit sechs Gardisten und sechs weiteren Militärs aus der Region, deren Identität bisher nicht bekannt gegeben wurde, zu Beratungen bezüglich der Reaktionen auf Israels Vorgehen in den palästinensischen Gebieten und Libanon zusammengekommen sein. Er war bis zu seinem Tod Kommandeur der Quds-Truppe der IRGC in Syrien und im Libanon. Die Hamas würdigte Zahedi als einen wichtigen Berater bei ihrem Angriff vom 7. Oktober.

Zum Gegenzug gezwungen

Wie Israel von Zeit und Ort des Treffens im Konsulatsgebäude des Iran in Damaskus erfahren hat, ist bisher nicht klar. Allem Anschein nach verfügt Tel Aviv über ein gut informiertes Netz von Agenten im Iran. Denn in den vergangenen Jahren wurden auch einflussreiche Personen und wichtige Anlagen innerhalb des Landes Ziel der israelischen Angriffe.

Teheran hat stets mit Vergeltungsmaßnahmen gedroht, doch bisher blieb es nur bei verbalen Drohungen. Diesmal sind die iranischen Machthaber jedoch zu einem Gegenschlag gezwungen. Denn der Angriff vom 1. April auf ein Gebäude, über dem offiziell die Flagge der Islamischen Republik wehte, wird nicht nur von den islamischen Hardlinern innerhalb des Landes als Überfall auf den Iran bewertet. Manche arabische Nahost-Experten stellen schon jetzt die Frage: Wie kann ein Land, das seine Botschaften und Konsulate nicht vor seinen Feinden schützen kann, „den Widerstand“ gegen Israel und seine Verbündeten führen?

Sollte der Iran mit einem „angemessenen“ Gegenschlag reagieren, riskiert er eine direkte Konfrontation mit Israel und den USA. Dazu hat das Land weder die militärische Kapazität noch die Unterstützung seitens der Bevölkerung – darin sind sich alle Expert:innen, die sich bisher zu Wort gemeldet haben, einig. Würde das islamische Regime aber auch gegenüber diesem verheerenden Angriff untätig bleiben, verliert es sein Gesicht unter seinen Anhängern in der Region und seine Position als der größte Feind Israels.♦

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