„Wir erleben einen Wandel in der deutschen Iran-Politik“
Das Islamische Zentrum Hamburg wurde vom Bundesinnenministerium verboten und seine Unterorganisationen wie die „Blaue Moschee“ in Hamburg geschlossen. Über die Hintergründe dieser Maßnahme der Bundesregierung sprachen wir mit dem SPD-Abgeordneten in der Hamburgischen Bürgerschaft, Danial Ilkhanipour.
Seit Jahren kämpfen iranische Aktivist:innen in Deutschland für die Schließung zur Islamischen Republik gehörender Einrichtungen, vor allem des Islamischen Zentrums in Hamburg (IZH) und dessen Zweigestellen wie die „Blaue Moschee“, ebenfalls in Hamburg, oder das „Zentrum der Islamischen Kultur“ in Frankfurt am Main. Am 24. Juli wurde nun das als Außenposten des iranischen Regimes in Deutschland bekannte IZH vom Bundesinnenministerium verboten. Offiziell vorgeworfen werden ihm islamistisch-totalitäre Herrschaftsvorstellungen, Antisemitismus, Propaganda gegen Israel und Unterstützung der in Deutschland als Terrororganisation eingestuften libanesischen Hisbollah.
Als Reaktion darauf hat die iranische Regierung den deutschen Botschafter in Teheran einbestellt.
Zu dem Beschluss des Bundesinnenministeriums und dessen Konsequenzen haben wir mit Danial Ilkhanipour gesprochen. Der SPD-Abgeordnete in der Hamburgischen Bürgerschaft setzt sich seit Jahren für das Verbot des IZH ein.
Iran Journal: Herr Ilkhanipour, das IZH und seine Unterorganisationen werden seit mehr als 20 Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet. Warum wurde der Staat jetzt aktiv?
Danial Ilkhanipour: Es gab im November 2023 eine breit angelegte Hausdurchsuchung beim IZH und seinen Einrichtungen. Die dabei zusammengetragenen Beweise mussten zunächst ausgewertet werden. In unserem Rechtsstaat ist es wichtig, dass man so einen Fall auch gerichtsfest macht. Ich nehme an, dass das IZH versuchen wird, zu klagen. Das ist der juristische Aspekt. Ich glaube aber auch – und das ist das Novum -, dass wir momentan einen Wandel in der deutschen Iran-Politik erleben.
Warum?
Ich habe immer gesagt, dass sowohl die Schließung des IZH als auch die Terrorlistung der Revolutionsgarden einen entscheidenden Bruch Deutschlands mit dem iranischen Regime bedeuten würde. Das hat sehr viel Symbolkraft. Diesen Weg zu gehen, war Deutschland in der Vergangenheit nicht bereit. Nicht zuletzt aufgrund des Drucks seitens iranischer Aktivist:innen in der Diaspora in den vergangenen zwei Jahren und der Unterstützung mancher Politiker:innen scheint es jetzt einen Wechsel in der deutschen Iran-Politik zu geben.
Hat es vielleicht auch mit dem jetzigen Krieg in Gaza zu tun, dass das Verbot nun zustande kam?
Auch der spielt sicherlich eine Rolle. Der stellvertretende Leiter des IZH, Seyed Mousavifar, wurde Ende 2022 wegen offensichtlicher Verbindungen zur libanesischen Hisbollah-Miliz aus Deutschland ausgewiesen. Es gibt ein Konglomerat an Gründen, die dazu geführt haben, dass es ein Umdenken in dieser Sache gibt.
Das Innenministerium hat erklärt, dass das IZH islamisch-totalitäre Herrschaftsvorstellungen und Israelfeindlichkeit propagiere und die Hisbollah unterstütze. Gibt es dafür Beweise?
Ja, davon bin ich überzeugt
In der Berichterstattung mancher deutschsprachigen Medien wird in diesem Zusammenhang erwähnt, dass es in Deutschland bis zu 200 schiitische Gemeinden gibt. Dadurch kann der Eindruck entstehen, dass all diese Gemeinden gefährlich seien.
Nein! Es handelt sich auf keinen Fall um einen religiösen Konflikt, sondern um Verbindungen bzw. direkten Kontakt zum iranischen Regime. Beim IZH ist das klar bewiesen. Da gibt es die Verbindung, sogar direkt zwischen dem Staatsoberhaupt Ali Khamenei und diesem Zentrum. Es geht um religiöse Einrichtungen, die gegen unsere Werte agieren. Nancy Faeser hat mit der heutigen Entscheidung deutlich gemacht, dass es hier in Deutschland keine Toleranz gegen islamische Extremisten geben wird, und dass wir unsere Demokratie und die Menschenrechte schützen.
Wenn bewiesen ist, dass die Aktivitäten des IZH und seiner Unterorganisationen gegen Gesetze verstoßen, wird das dann auch juristische Konsequenzen für die Verantwortlichen dieser Einrichtungen haben?
Davon ist auszugehen. Es handelt sich um Delikte, die von Amts wegen geprüft werden müssen.
Was passiert mit den finanziellen Mitteln des IZH und mit dessen Gebäuden? Werden sie beschlagnahmt werden?
Alles, was das IZH an Geldern oder Immobilien und Ähnlichem besitzt, ist jetzt erstmal beschlagnahmt worden. Wenn das Verbot aber erstmal rechtssicher ist, sollte für deren zukünftige Nutzung die iranische Diaspora einbezogen werden.
Sie freuen sich bestimmt über das Verbot, weil Sie seit langem dafür gekämpft haben.
Ja, sicher. Zahlreiche Aktivist:innen der iranischen Diaspora und auch deutsche Politiker:innen haben sich dafür eingesetzt. Es ist ein gutes Beispiel dafür, dass es zum Erfolg führt, wenn sich viele für die Freiheitsbewegung im Iran und gegen die Machenschaften des Regimes einsetzen. Wir können so etwas nur gemeinsam schaffen. Der nächste Schritt wird es sein, sich für die Terrorlistung der Revolutionsgarden stark zu machen.♦
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