Planlose Vertuschung?
Wo sind die Oppositionsführer?
Während Universitätsprofessoren oder studentische Gruppierungen, Menschenrechtsorganisationen oder geistliche Würdenträger die Freilassung der beiden Oppositionsführer Mussawi und Karroubi und deren Ehefrauen fordern, bestreitet die iranische Regierung, sie inhaftiert zu haben.
Berichte darüber, dass sie in das Heschmatiye-Gefängnis gebracht wurden, dementierten Regierungsstellen. In einem Fernsehinterview sagte der neue Außenminister, Ali Akbar Salehi, sie seien möglicherweise zu Familienbesuchen aufgebrochen, wenn sie nicht zuhause sind. Auch die Demonstrationen der vergangenen Woche mit der Forderung nach Freilassung der beiden wurden von der Regierung heruntergespielt.
Unterdessen haben die Kinder der Betroffenen ihre Sorge um die Sicherheit und Gesundheit ihrer Eltern in offenen Briefen an Amtsträger kundgetan. Sie wüssten seit über drei Wochen nichts über den Verbleib und Gesundheitszustand ihrer Eltern.
Das Verschwinden der beiden beschäftigt auch Internetaktivisten.
Ein Kommentar des Journalisten Mehdi Jami folgt hier in Auszügen.
Auf seinem Blog Sibestaan sieht er das Regime nun mit Scherereien konfrontiert, die es seit fast zwei Jahren vermeiden wollte: „Die Geheimhaltung der Verhaftung der beiden Oppositionsführer kann zur Vermeidung eines Schocks durch diese Nachricht funktionieren. Aber es erschwert den nächsten Schritt ungemein, nämlich sie vors Gericht zu bringen, was offenbar das ganze Establishment verlangt.“
„Das Regime riskiert viel, wie in den vergangenen zwei Jahren, ohne sich über die Folgen klar zu sein, aber scheinbar auch ohne eine Alternative zu haben.“
Er wundert sich, warum das Regime immer wieder behauptet, alles unter Kontrolle zu haben, und gleichzeitig „Feldzüge“ seiner Sicherheitsorgane organisiert: „Das theokratische Regime ist zwischen der Realität und der eigenen Nachrichtenproduktion gefangen.“
Die Möglichkeit, dass das Regime sie nach altem Muster unter Folter und Drohung zu öffentlichen Selbstbezichtigungen zwingen könnte, hält Jami für ausgeschlossen: „Denn wenn sie mit dieser Methode jeden zu einem Fernsehauftritt hätten zwingen können, wären heute auch Zeidabadi, Tajzadeh, Nourizadeh, Ramezanzadeh, Behzad Nabavi und viele andere wieder frei, nachdem sie öffentlich gesagt hätten, was den Herrschenden gefällt.“
„Herr Khameneis Problem ist, dass er gut weiß, wie beständig diese Menschen ihre Überzeugungen verteidigen. Es ist kein Vergleich zu den Hof-Mullahs und Geheimdienstlern oder den Sepahis und den handverlesenen Parlamentariern, die alle nur auf seinen Befehl reagieren.“
„Heute hat Khamenei in einem Treffen mit Geheimdienstlern empfohlen, die rituellen religiösen Pflichten nicht zu vernachlässigen. Er weiß, dass er auf den Glauben dieser Leute, die ihn und sein Regime verteidigen sollen, angewiesen ist. Aber er weiß nicht, dass dieser Glaube nicht durchs Rezitieren von Koranversen entsteht.“
Jami sieht darin einen Widerspruch, der zur Schwächung des Systems führen kann. Er wirft die Frage auf, wie ein religiöser Führer – „nur mit Beten beschäftigt, ohne die Stimme des Volkes zu hören“ – sein System auf Lügen aufbauen, und gleichzeitig glauben könne, es könnte ewig so weitergehen: „Alles hat mit der Wahl-Lüge begonnen. Alle, die wussten wie das Volk votiert hatte und auf Befehl etwas anderes verkündet haben, gehören zur Armee der Ungläubigen. Sie müssen bereuen und zur Wahrheit zurückfinden.“
Auch wenn die Grüne Bewegung verstreut ist, keine Versammlungen abhalten kann oder durch die Verhaftung ihrer Führer die Orientierung verlieren könnte. Die Menschen müssen kein schlechtes Gewissen haben: „Egal, was ihnen passiert, sie können ihren Glauben nicht verlieren, denn die Wahrheit ist auf ihrer Seite.“