Irans Industrie: ein gefesselter Hoffnungsträger

Seit 2016 wendet sich die Islamische Republik stärker asiatischen Handelspartnern zu. China ist dabei zum größten Handelspartner und größten Abnehmer von iranischem Öl geworden.

Doch die neuen Sanktionen machen es schwierig, Handel mit dem Iran zu treiben. Große Unternehmen sind abhängig davon, Geschäfte über den US-Dollar abzuwickeln, weshalb Handelsbeziehungen zum Iran selbst für chinesische Unternehmen riskant sind. Daher ist ein Trend des regionalen Handels zu erkennen. Nicht nur, weil dieser alternative Zahlungsmöglichkeiten ermöglicht, sondern auch, weil der Iran durch die Abwertung seiner Währung ein günstiger Produzent in der Region ist. Kleinere Unternehmen, die keine Beziehungen zu den USA pflegen, können auf diese Weise leichter agieren. So betrug im Zeitraum von März 2019 bis März 2020 das Handelsvolumen von Exporten aus dem Manufakturbereich etwa 22 Milliarden Dollar. Der größte Handelspartner in der Region ist der Irak (9,8 Mrd. Dollar) gefolgt von der Türkei (5 Mrd. Dollar).

Der verstärkte regionale Fokus bietet Chancen für den Iran, der von seiner geographisch zentralen Lage profitiert und dadurch Zugang zu vielen Märkten hat. Denn vom Persischen Golf bis nach Zentralasien und zum Kaukasus stehen dem Iran wirtschaftlich viele Türen offen. Auch können intensivere Handelspartnerschaften zu besseren politischen Beziehungen zu den Nachbarländern führen und so Irans Rolle in der Region stärken. Trotz diverser politischer Uneinigkeiten in Bezug auf geopolitische Fragen in der Region haben Teheran und Ankara mehrfach angekündigt, ihre Handelsbeziehungen erweitern zu wollen.

Widerstand der islamischen Hardliner

Doch nicht nur die US-Sanktionen erschweren Geschäfte mit dem Iran. Auch die Weigerung der Hardliner im Parlament und anderen mächtigen Staatsorganen, wichtige internationale Konventionen zu ratifizieren, sorgt für einen Ausschluss des Landes vom internationalem Geldtransfer. Dazu gehören die Palermo-Konvention und das Internationale Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus. Ihre Anerkennung ist die Voraussetzung für die Aufnahme des Iran in die Financial Action Task Force (FATF). Die FATF ist das wichtigste Gremium für die Aufstellung internationaler Standards zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.

Die Ölraffinerien des Iran sind wegen der Sanktionen zum Teil veraltet und sanierungsbedürftig!
Die Ölraffinerien des Iran sind wegen der Sanktionen zum Teil veraltet und sanierungsbedürftig!

Die Palermo-Konvention ist das wichtigste Instrument der internationalen Gemeinschaft zur Bekämpfung von grenzüberschreitender organisierter Kriminalität. Der Iran ist einer von neun UN-Mitgliedsstaaten, die diese Konvention nicht unterzeichnet haben.

Lokal besteht zwar für die Islamische Republik die Möglichkeit, auf alternative Zahlungsmethoden auszuweichen. Jedoch verkompliziert dies die Abwicklung von Geschäften. So soll der Irak, wichtigster regionaler Handelspartner des Iran,  Verbindlichkeiten in Höhe von fünf Milliarden Dollar bisher nicht beglichen haben. In der Vergangenheit hat man in lokaler Währung gehandelt, dies ist jetzt jedoch wegen der Sanktionen nicht mehr möglich.

Aussichten

So hat die iranische Industrie durch die Sanktionen gegen den Ölexport zwar an Relevanz gewonnen, kann jedoch durch den Konflikt mit den USA nicht ihr volles Potenzial ausschöpfen. Zudem lassen sich im Iran zunehmende zivile Unruhen infolge der wirtschaftlichen Lage beobachten, auf die das Regime mit Repression reagiert. Die Covid19-Pandemie belastet die Situation zusätzlich. Im aktuellen Fünf-Jahres-Plan des Iran hat Revolutionsführer Ayatollah Ali Khamenei erklärt, die „Widerstands-Wirtschaft“ stärken zu wollen. Hierzu sind Investitionen in den Nicht-Ölsektor geplant. Dennoch spielen die Erdölverkäufe weiterhin eine zentrale Rolle.

Paradoxerweise hofft die iranische Regierung auf eine Verbesserung der Beziehungen zu den USA und rechnet mit einer deutlichen Steigerung der Erdölexporte. Im Januar wird Joe Biden als neuer US-Präsident ins Weiße Hause einziehen. Mit seiner Präsidentschaft erwarten Experten einen milderen Umgang mit dem Iran. Es besteht die Hoffnung einer amerikanischen Rückkehr zum Atomabkommen, was den Anschluss des Iran an die Weltwirtschaft bedeuten würde. Doch ob Bidens Administration dem wirtschaftlich ruinierten Land ohne dessen Zugeständnisse bei Außenpolitik und Raketenprogramm helfen wird, ist mehr als fraglich. Und die Hardliner des islamischen Systems haben bereits angekündigt, in beiden Fällen keine Kompromisse eingehen zu wollen.♦

* Dieser Artikel orientiert sich vor allem an offiziellen Statistiken der iranischen Regierung oder Angaben von Expert*innen und Institutionen, die wiederum auf diesen beruhen. Hierdurch kann ein verzerrtes Bild zur wirtschaftlichen Lage des Iran entstehen, das sich von Analysen von Expert*innen außerhalb des Landes unterscheidet.

Quellen und weiterführende Links:

agsiw.orgdohainstitute.orggtai.debloomberg.com  , bpb.deboell.detehrantimes.com , bloomberg.com 

Zum Autor: Asad Shirmohammadi, geb.1997, hat Orientwissenschaften (international) studiert und studiert derzeit Wirtschaftswissenschaften. Seit 2016 beschäftigt er sich mit den politischen und wirtschaftlichen Ereignissen im Iran und schreibt gelegentlich für Iran Journal. 

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