Irans Streit um das „Biden-Budget“

Einnahmen

Nach den Erdölerlösen sind die Steuereinnahmen die zweitwichtigste Einnahmequelle des Staates. Laut Berechnung des Parlaments-Forschungszentrums sind die erwarteten Steuereinnahmen im vorgelegten Haushalt mit 27 Prozent beziffert, was 9 Prozent unter dem Steueranteil des letzten Haushalts liegt. Hinzu kommt, dass nach den Erfahrungen der vergangenen Dekaden nur etwa 60 Prozent der veranschlagten Steuern tatsächlich eingenommen werden. Ein weiteres Problem bei der Voraussage der Steuereinnahmen ist die Coronapandemie, die Wirtschaft und Handel stark beeinträchtigt hat, was die Aussichten auf höhere Steuereinnahmen trübt.

Zur Kompensierung der aufgrund der Sanktionen entfallenden Einnahmen hat die Regierung im vorgelegten Haushalt den Verkauf von Staatsvermögen wie staatseigenen Unternehmen, Immobilien und sonstigen Einrichtungen vorgesehen. Der Verkauf von Staatsanleihen und Zahlungen aus dem NEF sind weitere vorgesehene Einnahmequellen.

Ausgaben

Traditionell umfasst der Haushalt im Iran auf Ausgabenseite zwei Bestandteile: Öffentliche Ausgaben und Ausgaben für staatseigene („nationalisierte“) Banken und Unternehmen. Die Ausgaben für letztere umfassen jährlich mehr als 60 Prozent des Gesamthaushalts. Das bedeutet, dass die Regierung nur über knapp 40 Prozent des Haushaltes verfügt.

Über 40 Jahre nach der Revolution im Februar 1979 gibt es in der Islamischen Republik Iran immer noch keine zuverlässige Statistik über die staatseigenen Unternehmen. Nach Angaben des Parlamentspräsidenten vom 19. Dezember 2020 existieren zur Zeit 380 davon, von denen 30 allein 83 Prozent der im jährlichen Haushalt für Staatsunternehmen vorgesehenen Mittel in Anspruch nähmen.

Auffallend im Rouhanis Hausplan sind die erhöhten Ausgaben für religiöse und ideologisch geprägte Einrichtungen und Stiftungen im nächsten Jahr!
Auffallend im Rouhanis Hausplan sind die erhöhten Ausgaben für religiöse und ideologisch geprägte Einrichtungen und Stiftungen im nächsten Jahr!

Auf der Seite der öffentlichen Ausgaben hat der Staat einige fixen Posten, etwa die Bezahlung der Staatsbediensteten, die Bereitstellung der monatlichen Pro-Kopf-Subventionen (etwa 2 Dollar im Monat) und die Zahlung der Renten. Die Folge der knappen Einnahmen und hohen Ausgaben sind ein großes Defizit und der starke Rückgang von Investitionen in Entwicklungsprojekte.

Die Ausgaben für Verteidigung und innere Sicherheit sind in der neuen Haushaltsvorlage im Vergleich zum Vorjahr um 11 Prozent gestiegen. Zudem sind 2 Milliarden Euro aus dem NEF für Verteidigung und Sicherheit vorgesehen. Auffallend sind die erhöhten Ausgaben für religiöse und ideologisch geprägte Einrichtungen und Stiftungen im nächsten Jahr.

Budgetdefizit

Nach Schätzungen des Forschungszentrum des Parlaments beträgt das Haushaltsdefizit für das nächste Jahr etwa 320.000 Mrd. Toman, circa 38 Prozent des vorgesehenen Gesamtbudgets. Der iranische Rechnungshof schätzt das Budgetdefizit allerdings nur auf 23 Prozent. Diese stark von einander abweichenden Schätzungen beruhen auf unterschiedlichen Annahmen über die Menge an Erdöl, die exportiert werden kann. Während das Forschungszentrum von 800.000 Barrel pro Tag ausgeht, rechnet der Rechnungshof mit 1,5 Millionen Barrel am Tag.

Trotz solcher Schätzungen hängt die Höhe des Budgetdefizits am Ende davon ab, ob Sanktionen gegen den Iran aufgehoben werden oder nicht. Die Rouhani-Regierung hofft, einen Teil des Defizits durch den Verkauf von Ölanleihen an die Bevölkerung zu kompensieren, worüber sich die politischen Fraktionen allerdings nicht einig sind.

Unabhängig von äußeren Rahmenbedingungen wie den Sanktionen ist es eine Tatsache, dass die Probleme, die den Iran in diese fast hoffnungslose Lage gebracht haben, größtenteils hausgemacht sind: Vetternwirtschaft, ineffizientes Management, verbreitete Korruption, Investitionsunsicherheit und Machtzirkel, die über den Gesetzen stehen, sind nur einige Faktoren, die die ökonomische Krise des Landes verursacht haben.

Die iranische Wirtschaft mit einer jährlichen Wachstumsrate zwischen 0,5 und 1 Prozent in der letzten Dekade hinkt weit hinter der Wirtschaftsentwicklung vieler Länder der Welt zurück. Und die politischen Ambitionen der Führung des Landes lassen – zumindest in naher Zukunft – keine Hoffnung auf eine Veränderung zu.♦

© Iran Journal

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