Warten auf Europäer

Ende März haben die Bundesrepublik und weitere Staaten der Europäischen Union mit Hilfe des sogenannten Instex-Mechanismus die von den Vereinigten Staaten gegen den Iran verhängten Sanktionen umgangen. Seitdem ist es ruhig geworden um das Instrument zur Retterung der iranischen Wirtschaft.

Von Birgit Svensson 

Es war längst überfällig. Das erste Instex-Geschäft wurde Ende März abgeschlossen. Ein kleines, wie es aus Insiderkreisen in Teheran heißt, aber immerhin. Seit Ende Januar 2019 besteht die Agentur der Europäer, die die Sanktionen der US-Amerikaner gegen den Iran umgehen soll. Doch geschehen war bislang nichts.

Endlich konnten von Frankreich, Deutschland und dem Vereinigten Königreich aus medizinische Geräte in das schwer von der Corona-Pandemie betroffene Land geliefert werden. Nachdem das erste Geschäft abgeschlossen sei, werde Instex „an weiteren Transaktionen arbeiten und den Mechanismus weiterentwickeln“, ist man im Auswärtigen Amt in Berlin zuversichtlich.

Das „Instrument zur Unterstützung von Handelsaktivitäten“ (Instrument in Support of Trade Exchanges, Instex) diene dem Zweck, im Rahmen der laufenden Bemühungen um die Aufrechterhaltung des sogenannten Atomabkommens mit Teheran „eine langfristig tragfähige Lösung für den rechtmäßigen Handel zwischen Europa und Iran zu gewährleisten“.

Finanzspritzen für die angeschlagene Wirtschaft

Bereits am 14. März hatte der Sprecher des iranischen Außenministeriums verkündet, dass Teheran medizinische Ausrüstung oder finanzielle Unterstützung aus Ländern wie China, Japan, Qatar, Russland und der Türkei sowie Frankreich, Deutschland und Großbritannien erhalten habe. Die iranische Regierung und Bevölkerung „vergessen in Zeiten der Not niemals ihre Freunde“, sagte der Sprecher damals.

Die Islamische Republik Iran gehört  zu den derzeit am schwersten von der Pandemie betroffenen Ländern weltweit. Nach Angaben der Regierung in Teheran haben sich mittlerweile 79.494 infiziert, mehr als 4.960 Menschen starben an der Lungenkrankheit Covid-19 – nach dem Stand vom 18. April. Die Dunkelziffer dürfte aber erheblich höher liegen.

Dieses Treffen keimte die Hoffnung auf eine Erholung der iranischen Wirtschaft - Irans Außenminister M. Javad Zarif und sein US-amerikanischer Amtskollege John Kerry nach der Einigung im Atomstreit
Dieses Treffen keimte die Hoffnung auf eine Erholung der iranischen Wirtschaft – Irans Außenminister M. Javad Zarif und sein US-amerikanischer Amtskollege John Kerry nach der Einigung im Atomstreit

Nicht weniger als die Rettung des Atomabkommens sollte das von der EU erdachte Instrument leisten, nachdem US-Präsident Donald Trupm einseitig ausgestiegen war. Über Instex sollte der Zahlungsverkehr bei Iran-Geschäften abgewickelt werden. Firmen sollten so vor US-Sanktionen geschützt werden. Es waren große Worte für einen verzweifelten Versuch der Europäer, den Amerikanern die Stirn zu bieten und die jahrelangen Bemühungen und Hoffnungen auf bessere Beziehungen zum Iran doch noch aufrecht zu erhalten.

Tauschbörse als Hängepartie

Instex hat seinen Sitz in der Rue de Bercy 139 in Paris. Ein Brite ist der Manager, ein Deutscher der Präsident. Ansonsten sitzen Ministerialbeamte der drei Außenministerien im Aufsichtsrat. Sechs weitere Staaten sind Ende November der Agentur beigetreten: Belgien, Dänemark, Finnland, Holland, Norwegen und Schweden. Allerdings halten sich einige von ihnen eher bedeckt – aus Angst vor den Amerikanern.

Michael Bock ist der Präsident und ein krisenerprobter Diplomat. Als Botschafter der Bundesrepublik Deutschland war der 66-Jährige in Kairo, als dort der Arabische Frühling ausbrach, Langzeitherrscher Husni Mubarak gestürzt wurde und der Aufstand für Demokratie und Bürgerrechte schließlich scheiterte.

Er erlebte später in Kolumbien, wie die Rebellenorganisation FARC sich mit der Regierung einigte und einen zerbrechlichen Frieden aushandelte. Als Pensionär fragte man ihn, ob er sich zutraue, Instex zum Leben zu erwecken. Michael Bock sagte Ja, ohne genau zu wissen, worauf er sich einließ.

„Mittlerweile ist dies ein Rund-um-die-Uhr-Job mit ungewissem Ausgang und ständigen Hängepartien“, so Bock. Selbst von Corona blieb der Präsident von Instex nicht verschont. Allerdings erwischte ihn das Virus nicht im Iran, wo er in letzter Zeit öfters hinreiste, sondern in Paris, wo er häufig zu Konsultationen weilt. Nach drei Wochen Quarantäne und einigen Hamsterkäufen sei er inzwischen aber wieder genesen und die Arbeit könne weitergehen. Ob Instex den Niedergang der iranischen Wirtschaft abfangen könne, wagt Bock indes zu bezweifeln. Denn der Schaden sei schon jetzt enorm hoch.

Irans gelähmte Ökonomie
Fortsetzung auf Seite 2