Chinas Engagement im Nahen Osten

Ein heikler Balanceakt

Die chinesische Initiative will von diesen Bedenken nahöstlicher Staaten gegenüber der neuen US-Administration profitieren, während China und der Westen in einen verbalen Kleinkrieg über Pekings brutales Vorgehen gegen die muslimischen Uiguren in der nordwestlichen Provinz Xinjiang verwickelt sind.

Die VAE und Saudi-Arabien haben das harte Vorgehen Chinas gegen die Uiguren legitimiert, obwohl Berichten zufolge die muslimischen Uiguren in der Region auch gezwungen werden, das islamische Gesetz zu missachten. Beide Länder stellen Chinas Vorgehen als legitimen Kampf gegen Extremismus und den politischen Islam dar.

Saudis und die VAE legitimieren das chinesische Vorgehen, weil es dazu passt, wie sie sich als religiöse Soft-Power mit einer vage definierten Vorstellung von einem „gemäßigten“ Islam darstellen. Sie setzen auf das Prinzip eines absoluten Gehorsams gegenüber dem Herrscher und auf die konsequente Unterdrückung des politischen Islam. Damit passt ihre religiöse Ideologie haargenau zu den Vorstellungen der chinesischen Autokraten und ihren Bemühungen, die muslimische Kultur in China zu entwurzeln.

In Riad läuten die Alarmglocken

Nichtsdestotrotz dürfte der Besuch von Außenminister Wang Yi im Iran in der saudischen Hauptstadt Riad die Alarmglocken schrillen lassen. Da die chinesisch-amerikanischen Beziehungen auf einem Tiefpunkt angelangt sind, dürfte es für China weniger problematisch sein, mit den US-Sanktionen gegen den Iran in Konflikt zu geraten. So könnte China der Islamischen Republik in erheblichem Maße dabei helfen, die Auswirkungen von Washingtons Strafmaßnahmen abzumildern. In den letzten Monaten sind die chinesischen Importe von iranischem Öl, das ja eigentlich unter US-Sanktionen steht, stark angestiegen.

Nur wenige Details aus dem Abkommen zwischen China und dem Iran wurden öffentlich gemacht, aber es scheint chinesische Investitionen in die iranische Infrastruktur, in den Energiesektor, Bergbau, Industrie und Landwirtschaft im Wert von 400 Milliarden US-Dollar zu versprechen. Im Gegenzug enthält China iranisches Öl zu günstigen Konditionen.

Friedensgespräche in Peking?

Wang Yi sagte am Vorabend seiner Nahostreise auch, dass er Israelis und Palästinenser zu Gesprächen nach Peking einladen werde. Er stellte in Aussicht, dass China, wenn es im Mai den Vorsitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen übernimmt, auf eine Resolution drängen wird, die die Zweistaatenlösung als Grundlage internationaler Verhandlungen bekräftigt.

Es besteht wenig Aussicht, dass diese chinesische Initiative erfolgreicher sein wird als die bisherigen Bemühungen der Chinesen, zwischen Israelis und Palästinensern zu vermitteln, selbst wenn die Vereinigten Staaten ihre Resolution unterstützen würden. Es ist unwahrscheinlich, dass die israelischen Wahlen im letzten Monat, die vierten innerhalb von zwei Jahren, eine Regierung hervorbringen, die genügend Stabilität, Stärke und Bereitschaft hätte, um ein Abkommen auszuhandeln, das die palästinensischen Hoffnungen auch nur minimal erfüllen würde.

Der China-Analyst Eyck Freymann sagte: „Der Status quo im Nahen Osten arbeitet im Grunde zu Chinas Gunsten. Die Vereinigten Staaten geben enorme Summen aus, um extremistische Gruppen zu bekämpfen und die Freiheit der Schifffahrt in der Region zu schützen, und China profitiert davon. China will dieses Arrangement erhalten, bis es allmählich die Fähigkeit erlangt, einzelne Länder so unter Druck zu setzen, dass sie sich seinem Willen beugen.“♦

© Qantara.de 2021

Zum Autor: James M. Dorsey ist Journalist und  Senior Fellow an der S. Rajaratnam School of International Studies der Nanyang Technological University in Singapur und dem Middle East Institute der National University of Singapore sowie Honorary Senior Non-Resident Fellow bei Eye on ISIS.

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