Chinas Engagement im Nahen Osten

Ein heikler Balanceakt

Die Reise des chinesischen Außenministers durch sechs Länder des Nahen Ostens Ende März signalisiert Chinas verstärktes Interesse an der Region. Mit einem neuen Kooperationsabkommen mit Iran wächst sein Einfluss. Sind gute Beziehungen zu allen regionalen Akteuren ohne weiteres möglich?

 Von James M. Dorsey

China will wohl eine größere politische Rolle im Nahen Osten spielen als bisher. Dieses Signal sendet das Land mit der Reise seines Außenministers und einem neuen Kooperationsabkommen mit Teheran.

Auf seiner Reise nach Saudi-Arabien, der Türkei, den Vereinigten Arabischen Emiraten, dem Iran, Oman und Bahrain in der letzten Märzwoche legte der chinesische Außenminister Wang Yi einen Fünf-Punkte-Plan für Sicherheit und Stabilität im Nahen Osten vor. Darin forderte er unter anderem die rivalisierenden Mächte in der Region auf, „sich gegenseitig zu respektieren, Gleichheit und Gerechtigkeit zu gewährleisten, nukleare Nichtverbreitung anzustreben, gemeinsam die kollektive Sicherheit zu fördern und die Entwicklungszusammenarbeit zu forcieren.“

Der chinesische Botschafter in Saudi-Arabien, Chen Weiqing, sagte, China sei „bereit, die ihm zustehende Rolle bei der Förderung von langfristigem Frieden und Stabilität im Nahen Osten zu spielen.“ China konzentriere sich auf die Sicherheit am Golf, den Streit um das iranischen Atomprogramm sowie den israelisch-palästinensischen Konflikt.

Wang Yi sagte vor seiner Abreise in den Nahen Osten, dass China bereit wäre, einen multilateralen Sicherheitsdialog am Golf auszurichten, der sich zunächst auf die Sicherung von Ölanlagen und Schifffahrtswegen konzentrieren würde.

Kniffliges Unterfangen

China wird jedoch wahrscheinlich feststellen, dass gute Beziehungen zu allen Parteien nur solange funktionieren, als es sich auf die Wirtschaft konzentriert, und selbst das könnte sich als knifflig erweisen. Dann nämlich, wenn sich ein auf 25 Jahre angelegtes politisches, wirtschaftliches und strategisches Kooperationsabkommen zwischen China und dem Iran, das Chinas Außenminister Wang Yi und der iranische Außenminister Mohammad Javad Zarif am 27. März in Teheran unterzeichnet haben, als das erweist, was es nach iranischen Angaben bedeutet.

Iranischer und chinesischer Außenminister unterzeichneten am 27.03.2021 das auf 25 Jahre angelegte Kooperationsabkommen in Teheran (Foto: Mehrnews)
Iranischer und chinesischer Außenminister unterzeichneten am 27. 03. 2021 das auf 25 Jahre angelegte Kooperationsabkommen in Teheran 

Eine gemeinsame politische Basis unter den regionalen Gegenspielern zu finden, könnte wesentlich riskanter und schwieriger sein. Saudi-Arabien hat bisher angedeutet, dass es wenig Interesse an einem schrittweisen Prozess hat, der es dem Iran erlauben würde, einfach lösbare Probleme anzusprechen, bevor man heiklere Themen angeht. Auch chinesische Andeutungen in den letzten Monaten, dass es sich engagieren würde, sofern die Nationen des Nahen Ostens seine Prinzipien annehmen, hat daran nichts geändert.

Saudi-Arabien ist das einzige Land in der Golfregion, das sich im letzten Jahr geweigert hat, dem Iran, als am stärksten von der Pandemie betroffenem Land der Region, humanitäre Hilfe anzubieten. Umgekehrt wird der Iran die Zusicherung von Wang Yi während seines Aufenthalts in Riad, dass China den saudischen Führungsanspruch in der Region unterstützt, wohl kaum zu schätzen wissen, auch wenn die iranische Führung ihre Kritik nicht öffentlich äußert, um die engere Zusammenarbeit mit China nicht zu gefährden.

China sieht mit seinem Fünf-Punkte-Plan eine Möglichkeit, mit den unzähligen Konflikte im Nahen Osten umzugehen, anstatt sie lösen zu müssen, und zu vermeiden, in sie hineingezogen zu werden.

Misstrauen gegenüber der neuen US-Administration

Damit will China die Ängste Saudi-Arabiens, der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Israels ausnutzen. Sie befürchten, dass US-Präsident Joe Biden bei seinen Bemühungen, eine Rückkehr zum internationalen Abkommen von 2015 zur Eindämmung des iranischen Atomprogramms auszuhandeln, nicht unmittelbar auf ihre Bedenken eingehen würde.

Diese Staaten wollen, dass jede Neuauflage des Atomabkommens mit dem Iran auch Begrenzungen des iranischen Raketenprogramms sowie ein Ende der iranischen Unterstützung von nichtstaatlichen Akteuren im Libanon, in Syrien, Irak und Jemen beinhaltet. Die Golfstaaten und Israel haben aber wenig Vertrauen in den Vorschlag der Biden-Administration, dass eine Wiederbelebung des Atomabkommens, das der frühere US-Präsident Donald J. Trump 2018 aufgekündigt hatte, auch die Grundlage für solche Verhandlungen über Fragen abseits der Atomanlagen schaffen würde.

Unterdrückung der Uiguren

Fortsetzung auf Seite 2