Ahmadinedschads Blankoscheck
Das Austauschen von Ministern ohne vorherige Absprache Mahmud Ahmadinedschads ist nichts Neues. Auch dürfte den Kontrahenten (Ahmadinedschad und Khamenei) nicht verborgen geblieben sein, was für einen unglaublich hohen Preis jeder von ihnen für diesen offenen Konflikt bezahlen wird. Von Hamed HashemiSie sind beide sehr erfahrene Politiker und kennen die Machtstrukturen besser als jeder andere Analyst und Experte in Iran. Sie wissen deshalb auch, dass jedes Zurückweichen in diesem Konflikt ihre gesamte Existenz bedrohen könnte. Aber welche Ziele verfolgt Mahmud (Ahmadinedschad), dass er sich auf ein so gefährliches Spiel einlässt und Zeuge einer so ungewöhnlichen Reaktion seitens des Revolutionsführers wird?
Gegenseitige Erpressung
Ahmadinedschads Team könnte mit „grundsätzlichen Enthüllungen“ aufwarten, die wie eine Atombombe zur Vernichtung des Gegners führen würden. Zuvor aber hat er einen noch wichtigeren Trumpf in der Hand: Sein Team ist es vermutlich, das die kommenden Parlamentswahlen und – noch wichtiger – die nächsten Präsidentschaftswahlen organisieren wird.
Die politischen „Männer des Führers“ sind mit der bitteren Wahrheit konfrontiert, dass sie bei den letzten Wahlen einen unterschriebenen Blankoscheck an Ahmadinedschad ausgestellt haben.Die Prominenz des Systems (außer dem engen Kreis um Ahmadinedschad) hat sich beleidigt im Schatten des Führers versteckt und wartet ungeduldig darauf, dass die schmerzhafte Periode Ahmadinedschads „gesetzlich“ zu Ende geht und sie selbst an die Reihe kommen. Aber nun sind sie mit der bitteren Wahrheit konfrontiert, dass sie bei den letzten Wahlen einen unterschriebenen Blankoscheck an Ahmadinedschad ausgestellt haben.
Denn sie alle haben bei den umstrittenen Wahlen 2009 am gleichen Strang gezogen, auch der Herrscher selbst hat hohe Kosten nicht gescheut, um die Wahlfälschung zu dementieren; Legitimationsverlust und unglaubliche Brutalität gegen alle, die die Korrektheit der Wahlen angezweifelt haben, waren die Folge.
Ahmadinedschad aber ist ein außerordentlicher Schachspieler. Er weiß, dass sein „lieber Führer“ und alle Feinde in seiner Umgebung nach allem, was geschehen ist, ihm und seiner Regierung die Wahlfälschung nicht mehr anlasten können. Hier hält er einen Blankoscheck in der Hand.
Das Land ist nicht urplötzlich aus den Fugen geraten. Es ist den Ältesten nicht plötzlich eingefallen, dass Maschai unhöflich ist, mit den Schauspielern X und Y abgelichtet wurde, eines Tages gesagt hat, Israel sei nicht unser Feind, oder dem Okkultismus verfallen ist.
Oder beispielsweise Tavakoli (konservativer Abgeordneter) und seine Webseite Alef haben die Unterlagen über die weitverbreitete Korruption des Kreises um Ahmadinedschad letzte Woche nicht plötzlich in die Hände bekommen, um sie ausführlich mit Bildern zu veröffentlichen.
Das sind nur Nebenschauplätze und auch viel größere Angelegenheiten wurden und werden in Zukunft zum „Erhalt des Systems“ ebenfalls unter den Teppich gekehrt werden.
Eine weitere – bereits erprobte – koordinierte Wahlfälschung, liegt uns bevor. Was aber nun allen jäh klar geworden ist, ist eine weitere – bereits erprobte – koordinierte Wahlfälschung, die vor uns liegt. Sie begann mit dem Kampf um die Schlüsselposition im Geheimdienst, mit Gerüchten über kommende Veränderungen im Innenministerium und dem nationalen Sicherheitsrat – und den Rest der Geschichte kennt das Team des Revolutionsführers ja auch zu genüge.
Die Aussicht, dass das Parlament und später die nächste Exekutive in die Einflusssphäre Ahmadinedschads und seiner Mitstreiter gerät, bringt schon heute die politischen „Männer des Führers“ zur Weißglut – Tavakoli, Rezai, Ghalibaf, Larijani – und bringt die Säulen der Führerresidenz so sehr zum wackeln, dass die Lobredner und Schmeichler des Führers zu nervösem Geschimpfe von der Kanzel herab ansetzen.
Eine schmerzhaft verfahrene Situation. Als Antwort auf das giftige Lächeln Mahmuds (Ahmadinedschad) ist vom gegnerischen Team jede Art von Nervosität und Verrücktheit zu erwarten. Dies ist der Beginn eines Konflikts, dessen Ende niemand absehen kann; denn in diesem Spiel hat keine Seite die Möglichkeit nachzugeben.