Geschlechtertrennung ist keine Lösung

Im Zuge der erneuten Islamisierung der Hochschulen steht auch eine strikte Geschlechtertrennung an den Universitäten bevor, die eine heftige Debatte in der Gesellschaft ausgelöst hat. Sadegh Ziba-Kalam setzt sich mit den am häufigsten genannten Argumenten auseinander. Niemand weiß genau, was die Konservativen (Osulgara) mit der Geschlechtertrennung an den Universitäten bezwecken. Ist das Ziel etwa die Steigerung der wissenschaftlichen Leistungen an den Lehranstalten?
Sind soziale Studien und Nachforschungen seitens des Hohen Rates der Kulturrevolution und des Bildungsministeriums der Osulgara-Regierung in dieser Hinsicht durchgeführt worden, die belegen, dass die Trennung von weiblichen und männlichen Studenten zu besserer Lernleistung führen? Oder zu besseren Forschungsergebnissen und besseren Noten? Würde dies ihre akademischen Karrierechancen steigern?
Hat denn die Alzahra-Universität, die nur für Frauen, oder die Emam Sadegh Universität, die seit drei Jahrzehnten am Model der Geschlechtertrennung arbeitet, außerordentliche Absolventen produziert? Sind die Forschungsleistungen an diesen beiden Universitäten deutlich exzellenter als an anderen?
Unabhängig von der iranischen Gesellschaft: Existieren denn Forschungsergebnisse über andere Länder, in denen es eine Geschlechtertrennung an den Universitäten gibt, die ihnen eine höhere akademische Erfolgsquote bescheinigen?
Es hat keinerlei Forschungen gegeben, die eine Erhöhung des Glaubens durch Geschlechtertrennung bescheinigen würden.Man braucht nicht zu betonen, dass keine solche Studie durchgeführt wurde, die den Beleg für akademischen Fortschritt durch Geschlechtertrennung liefern würde. Vielleicht sagen nun die Konservativen und der Hohe Rat der Kulturrevolution, dass ihr Ziel mit der Geschlechtertrennung nicht der wissenschaftliche Fortschritt sei.
Ihr Ziel, so sagen sie, sei die Verhinderung des moralischen Verfalls, der durch die Mischung von Frauen und Männern an den Universitäten entsteht; diesen gelte es durch die Geschlechtertrennung zu verhindern. Ist diese Argumentation richtig?
Bestimmen die Beziehungen zwischen Frauen und Männern an den Universitäten auch jene in der Gesellschaft? Gibt es denn Studien darüber, die belegten, dass die Vertiefung der Beziehungen an den Universitäten stattfindet, und eine Geschlechtertrennung dort die gesamte Gesellschaft selbstverständlich verändern würde? Wenn Frauen und Männer an den Universitäten getrennt werden, werden sie automatisch auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen getrennt?
Vielleicht wird das Bildungsministerium der Osulgara-Regierung, wie beim ersten Argument, auch dies verneinen: Nein, unser Ziel ist weder die Erhöhung der Forschungsleistung, noch sind wir der Meinung, dass die Geschlechtertrennung Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft hat. Wir wollen vielmehr den Glauben und die Religiosität stärken.
Und wieder stellen sich die gleichen Fragen: Auf welcher Grundlage, nach welchen Forschungsrecherchen ist das Ministerium zu diesem Ergebnis gekommen? In unserer Gesellschaft hat es keinerlei Forschungen gegeben, die eine Erhöhung des Glaubens durch Geschlechtertrennung bescheinigen würden.
Unsere Entscheidungsträger sollten sich einmal fragen, warum sich unsere Universitäten vor der Revolution zum Islam hin entwickelten, sich aber heute vom Islam distanzieren.In Wahrheit und mit Bedauern muss man feststellen, dass diese Entscheidung grundsätzlich keine solide wissenschaftliche Grundlage hat und ohne jegliche Expertise getroffen wurde. Es wäre nicht verwunderlich, wenn sie sehr bald wieder rückgängig gemacht werden sollte.
Noch mehr Bedauern gilt der Tatsache, dass diese Entscheidung nur wegen politischer Ambitionen und populistischer Ziele getroffen wurde. So wie die übrigen populistischen Entscheidungen, die allesamt katastrophal waren. Für die wissenschaftliche Welt wird diese Entscheidung noch katastrophaler ausfallen.
Dass die Konservativen ihren Frieden mit den Universitäten nicht finden, ist nachvollziehbar. Was sie aber nicht verstehen wollen, ist, dass die Proteste und Widerstände an den Universitäten weder wegen der Mischung der Geschlechter an den Universitäten, noch wegen der Geisteswissenschaften oder sonstiger Gründe, die sie sich vorstellen, stattfinden.
In der Zeit des Shahs (vor der Revolution von 1979) waren, mit Ausnahme einer rein weiblichen Universität, alle anderen gemischt, und die Studenten lernten westlich beeinflusste oder geprägte Geisteswissenschaften. Trotzdem haben sie nach und nach den Islam für sich entdeckt oder sind islamisch geworden.
Es wäre zu wünschen, dass sich unsere Entscheidungsträger im Bildungsministerium und dem Hohen Rat der Kulturrevolution, statt die Geisteswissenschaften zu bekämpfen, oder die Geschlechtertrennung zu fördern, sich nur einmal darüber Gedanken machen würden, warum sich unsere Universitäten vor der Revolution zum Islam hin entwickelten, sich aber heute vom Islam distanzieren.