Irans Kulturminister rudert zurück
Kulturnachrichten aus der Islamischen Republik: Der Minister für Kultur und islamische Führung gibt grünes Licht für die Aufführung eines kritischen Episodenfilms, um gleich darauf einen anderen von den Leinwänden zu verbannen. Zudem dürfen sich viele KünstlerInnen über Ehrungen und mögliche Auszeichnungen freuen.
Der iranische Kulturminister Ali Jannati hat seine Kritik an Rakhshan Bani-E’temads preisgekröntem Film „Ghesseha“ („Geschichten“) zurückgenommen. Er habe den Film gesehen und halte den Inhalt für „unproblematisch“, so Jannati: „Der Film wird bald in unseren Kinos zu sehen sein.“ Kritiker des Films sollten nicht vorschnell urteilen, sagte der Minister der Nachrichtenagentur IRNA. Damit reagierte er auf die Beschwerdebriefe mehrerer konservativer Parlamentarier an den Iranischen Kinoverband, der dem Kulturministerium untersteht. Die Abgeordneten hatten darin gefordert, den Film zu verbieten. Jannati hatte selbst bis vor kurzem zu den Kritikern von Bani-E’temads sozialkritischem Episodenfilm gehört: „Es darf nicht sein, dass unsere KünstlerInnen mit voller Absicht den Finger in die Wunden der Gesellschaft legen und dem Ausland ein solch dunkles Bild des Iran präsentieren. Solche Schwarzmalerei muss in Zukunft unterbunden werden“, hatte er noch Mitte September einem staatlichen Fernsehsender gesagt. In „Ghesseha“ stellt die als „First Lady des iranischen Kinos“ bekannte Bani-E’temad ein Panorama der modernen Gesellschaft des Iran dar. Die 60-jährige Regisseurin konzentriert sich dabei vor allem auf Frauenfiguren. „Ghesseha“ beleuchtet in sieben Episoden das Schicksal der Hauptfiguren ihrer früheren Filme „The Blue-Veiled“, „Under the Skin of the City“ und „Mainline“.
Schlechte Nachrichten gibt es dagegen für den Regisseur und Drehbuchautor Reza Dormishian. Sein Film „Asabani Nistam!“ („Ich bin nicht wütend!“), der bei der diesjährigen Berlinale von FilmkritikerInnen gelobt wurde, wird in der aktuellen Fassung nicht in den iranischen Kinos zu sehen sein. „Dormishians Werk bedarf einiger Veränderungen, um bei uns gezeigt werden zu dürfen“, so Kulturminister Jannati gegenüber IRNA. „Asabani Nistam!“ handelt von der Frustration iranischer Jugendlicher während der Regierungszeit Ahmadinedschads.
Festival ehrt FilmkünstlerInnen
In Teheran fand in der vergangenen Woche zum achten Mal das Parvin Etesami Filmfestival statt. Das nach einer berühmten iranischen Dichterin benannte Festival ehrt seit seiner Gründung iranische Frauen, die in der Filmbranche tätig sind. Unterstützt wurde die viertägige Veranstaltung, bei der zahlreiche Filme gezeigt und FilmkünstlerInnen für ihre Leistungen mit der Parvin Statuette ausgezeichnet wurden, vom iranischen Kulturministerium. Der Leiter des Iranischen Kinoverbands, Hojjatollah Ayyubi, nannte die Veranstaltung ein „Festival von Stars“, das „so erhaben ist wie die iranische Frau selbst – wie die iranische Frau, die ihre Kunst unsterblich machen möchte“. Ziel der Verantwortlichen im Kulturbereich müsse es sein, Frauen auf diesem Weg zu unterstützen, so Ayyubi weiter. Festivaldirektor Maziar Rezakhani zeigte sich erfreut über die hohe Zahl von IranerInnen, die in der Filmbranche tätig sind: „Gut 2.000 Frauen arbeiten vor und hinter den Kameras. Unser Land kann nur von dieser weiblichen Kultur-Armee profitieren“, sagte er.
Hohe Auszeichnung für Derambakhsh
Der iranische Cartoonist Kambiz Derambakhsh ist zum Ritter der Ehrenlegion ernannt worden. Die Ehrung wurde vergangenen Sonntag von dem französischen Botschafter im Iran, Bruno Foucher, in der französischen Botschaft in Teheran vorgenommen. Die höchste Auszeichnung Frankreichs ist nicht die erste Ehre, die dem 72-Jährigen zuteil wird: Derambakhsh hat in seiner langjährigen Karriere als Cartoonist und Grafikdesigner viele Auszeichnungen erhalten. Seine Kunst ist in nationalen und internationalen Ausstellungen und Museen zu bewundern. Derambakhsh ist nach dem Wissenschaftler Mahmud Hessaby, dem Filmemacher Abbas Kiarostami, der Schauspielerin Leila Hatami, der Theaterdirektorin Pari Saberi, dem Iranisten Jalal Sattari, dem Dichter Mohammad Sepanlou und den beiden Sängern Shahram Nazeri und Mohammadreza Shajarian der neunte Iraner, der im Namen des französischen Staatspräsidenten zum Ritter der Ehrenlegion ernannt wurde.
Die Ehrenlegion ist ein französischer Verdienstorden, der 1802 von Napoléon Bonaparte in der Absicht gestiftet wurde, militärische und zivile Verdienste, ausgezeichnete Talente und große Tugenden zu belohnen. Geburt, Stand oder Religionsbekenntnis spielen bei der Verleihung des Ordens keine Rolle.
Steigender Export von Kunsthandwerk
Der Iran hat im ersten Halbjahr des aktuellen iranischen Kalenderjahres 41 Prozent mehr Kunsthandwerk ins Ausland exportiert als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die Islamische Republik habe im gesamten vergangenen Jahr Kunsthandwerk im Wert von 112 Millionen US-Dollar exportiert. Doch sei davon auszugehen, dass diese Summe Ende diesen Jahres weit übertroffen werde, so Pouya Mahmoudian, Sprecherin der Iranischen Organisation für Kulturerbe, Kunsthandwerk und Tourismus (ICHHTO) gegenüber der Zeitung Iran Daily. Dabei nannte sie Deutschland, die Niederlande, Schweden, Dänemark, die Türkei und Russland als Hauptimporteure iranischen Kunsthandwerks. „Im Ausland besonders beliebt sind Textildruck-Produkte, unsere kunstvollen Holzarbeiten, Keramiken, persische Miniaturen und Kelim-Teppiche“, so Mahmoudian weiter. Viele Produkte seien sehr hochwertig: „Ihr Verkauf würde enorm viel Geld in die iranischen Kassen spülen, wenn dafür spezielle Märkte für Luxus-Kunsthandwerkprodukte errichtet würden“, sie ICHHTO-Sprecherin. Die gebe es bislang jedoch nicht. Ihre Organisation plane, dies zu ändern.
IranerInnen für Astrid-Lindgren-Preis nominiert
Die Schriftsteller Ahmadreza Ahmadi und Mostafa Rahmandust, die Zeichner Mohammad-Ali Bani-Asadi, Farshid Mesqali und Alireza Golduzian, die Enzyklopädistin Touran Mirhadi und das Donya Children’s Research Institute sind im Rahmen der Frankfurter Buchmesse für den schwedischen Astrid-Lindgren-Gedächtnis-Preis (ALMA) 2015 nominiert worden. Damit stellt der Iran sieben von 197 Nominierten aus 61 Ländern für die mit 545.000 Euro weltweit höchstdotierte Auszeichnung für Kinder- und Jugendliteratur. Die Auszeichnung wird seit 2003 jährlich an einen oder mehrere PreisträgerInnen verliehen. Ausgezeichnet werden AutorInnen, IllustratorInnen sowie Einzelpersonen oder Organisationen, die in der Leseförderung im Geist der 2002 verstorbenen schwedischen Schriftstellerin Astrid Lindgren aktiv sind.
JASHAR ERFANIAN