Iran und Russland nach Putins Sieg
Welche politischen Auswirkungen wird die Wahl Wladimir Putins zum neuen Kremel-Chef für den Iran haben? Experten beantworten diese Frage sehr unterschiedlich.
“Mit Wladimir Putins Machtübernahme wird sich die militärische Zusammenarbeit mit dem Iran ausweiten.“ Zu diesem Schluss kommt die russische Iran-Expertin Elena Dunaeva vom Institut für Orientalistik der russischen Akademie der Wissenschaften. „Höchstwahrscheinlich“ werde Russland die Lieferung von Boden-Luft-Raketen vom Typ S-300 an den Iran aufnehmen, schätzt Dunaeva. Bisher hatte die russische Regierung von einem „vorübergehenden Lieferstopp“ der Raketen gesprochen. Die Entwicklungen im Nahen Osten und der arabische Frühling hätten zu einer Annäherung zwischen dem Iran und Russland geführt, so die Fachfrau. Mit Putin werde der Iran künftig noch mehr von Russland profitieren.
Putin mag keine Ayatollahs
Alexander Rahr, Leiter des Berthold Beitz-Zentrums – dem Kompetenzzentrum für Russland, die Ukraine, Belarus und Zentralasien bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) – und Autor des Buches „Putin nach Putin“, sagt dagegen: „Putin mag die Ayatollahs nicht“. Rahr zufolge spielt Russland zwischen dem Iran und dem Westen lediglich eine Vermittlerrolle. Mit Putin als Staatschef werde diese Politik fortgeführt: „Russland will auf keinen Fall den iranischen Markt verlieren und wird sich bemühen, auch in Zukunft mit der gleichen Diplomatie sowohl den Westen als auch den Iran zu behalten.“ Es wäre deshalb falsch, wenn die iranischen Machthaber glaubten, Putin sei „ein wahrer Verbündeter des Irans“, so der Politologe in einem Interview mit der persischen Redaktion der Deutsche Welle.
Putins antiamerikanische Parolen
Putin lege Wert auf eine multipolare Welt, in den iranischen Medien würden aber meist nur seine antiamerikanischen Parolen zitiert, so Rahr: “Für Iraner gilt der Westen als Erzfeind – möglicherweise befinden sie sich sogar kurz vor einem Krieg. Aber Putin hat kein Interesse an einem Konflikt mit dem Westen und auch nicht an Verhältnissen wie in den Jahren des Kalten Kriegs.“ Obwohl Russlands Beziehung zum Westen in der Nato-Frage spannungsreich sei, sei dieser Konflikt, vor dem Hintergrund des Streit zwischen dem Iran und den USA betrachtet, „zweitrangig“, so Rahr. Daraus zieht er den Schluss: „Für die Modernisierung seines Landes ist Putin auf den Westen angewiesen. Deshalb wird er weiter kooperieren. Aber er wird auch jeden militärischen Angriff gegen den Iran strikt ablehnen, und weiterhin zwischen dem Iran und dem Westen beschwichtigen.“
Freundschaft mit der US-Regierung
Im Gegensatz zum Russland-Experten Rahr denkt die Iranistin Dunaeva, dass Putin gute Aussichten für den Iran biete. Der Iran sei für Russland „von großer Bedeutung“, so Dunaeva. Schon in den vergangenen Monaten sei der Austausch „durch diverse Treffen und Konferenzen“ verstärkt worden: Es sei dabei über Auswege aus dem Kaukasus-Konflikt und sogar über eine mögliche strategische Zusammenarbeit verhandelt worden. Nach Ansicht der Iran-Expertin hat Russland aber kein Interesse an einer strategischen Zusammenarbeit mit dem Iran, da Israel und die USA zu Irans Erzfeinden gehören: „Für Moskau sind die USA Herausforderer und kein Feind“, so Dunaeva.
Putins Vorlieben: Omar Khayyam und die islamische Philosophie
Auch Alexej Mukhin, Leiter des Zentrums für politische Information in Moskau und Autor einer Putin-Biografie, geht davon aus, dass Russlands Nahostpolitik sich nicht ändern werde. Mukhin sagt, Putin wolle den Iran und Syrien nicht verlieren, und eine Energiekrise in Europa vermeiden. Putin verfüge über besondere Interessen am Iran und an Syrien und verfolge vor allem die Entwicklungen im Iran mit großer Aufmerksamkeit. Der Putin-Biograf kennt einige von dessen persönlichen Vorlieben : „Obwohl Putin nie ein Wort über sein Treffen mit dem religiösen Führer des Iran, Ayatollah Khamenei, gesagt hat, schenkt er der islamischen Philosophie Beachtung und mag die Gedichte des iranischen Philosophen und Dichter Omar Khayyam.“
Aus dem Persischen: Forough Hossein Pour
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