Ausländische Milizen im Iran

Nach der Flutkatastrophe im Süden des Iran wurden in der Krisenregion ausländische Milizen stationiert. Offiziell sollen sie bei den Aufräumarbeiten helfen. Was kann aber der wahre Grund ihrer Anwesenheit sein? Sind sie etwa zur Unterdrückung eventueller Unruhen gekommen? 
Von Iman Ganji 
„Wenn wir unserer Revolution nicht helfen, werden al-Haschd asch-Schaʿbi aus dem Irak, die afghanische Fatemiyoun Division, die pakistanische Zainebiyoun Division und die jemenitischen Huthis kommen und unsere Revolution beschützen“, sagte Mitte März der Vorsitzende der Teheraner Revolutionsgerichte, Moussa Ghazanfarabadi, bei einem Besuch der theologischen Hochschule der Stadt Ghom.
Etwa drei Wochen später verkündete Ghasem Soleimani, dass sie wirklich kommen: die „Verteidiger der heiligen Stätten“ aus Afghanistan, Irak und Pakistan.
Generalmajor Ghasem Soleimani ist Befehlshaber der Al-Quds-Brigade, der Division der Revolutionsgarde für Spezialeinsätze außerhalb des Iran. „Die Verteidiger der heiligen Stätten“ sind die von Al-Quds organisierten schiitischen Milizen, die im Krieg in Syrien neben Russland und Hisbollah-Milizen aus dem Libanon Machthaber Bashar Al-Assad unterstützen. Die hauptsächlich aus ausländischen Kämpfern bestehenden Brigaden werden in iranischen Medien als Verteidiger der schiitischen Heiligtümer in Syrien gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ dargestellt.
Soll die Aussage des Generalmajors im Umkehrschluss heißen, dass der Iran ganz ohne einen Krieg zu einem zweiten Syrien geworden ist?
Wie es dazu kam
Die Worte des Vorsitzenden der Teheraner Revolutionsgerichte Ghazanfarabadi sind eine Warnung, die sich auf eine eventuelle zukünftige Krise beziehen: einen Aufstand der Massen, der „die Revolution“, sprich die Islamische Republik, gefährdet.
Die gegenwärtige Krise ist jedoch keine politische, sondern eine Überschwemmung, die große Landesteile verwüstet und neben Toten und Verletzten Sachschäden in Milliardenhöhe hinterlassen hat.
Der Einzug der irakischen Miliz Haschd asch-Schaʿbi in die iranische Provinz Khuzestan:
https://youtu.be/rJxFDlLwu4s
Doch Naturkatastrophen können sich durch Missmanagement zu politisch-gesellschaftlichen Katastrophen entwickeln. Das Hochwasser der vergangenen Wochen im Iran verwandelte sich in eine Krise, mit der die Islamische Republik von Beginn an überfordert war. Diese Überforderung hat ihre Wurzeln im Missmanagement der vergangenen Jahrzehnte: Missachtung einer langfristigen Wasser-Politik beim Bau von Staudämmen und der Leitung von Flüssen und Kanälen, unkontrollierter Städtebau, die Vernachlässigung abgelegener Regionen und die Missachtung einer langfristigen Umweltpolitik.
In der Struktur der Islamischen Republik stellt der Farsi sprechende schiitische Mann die nationale Identität ersten Gerades dar. Beim Rest der Bevölkerung, unter anderem den Minderheiten in den Randgebieten, vertieft sich deshalb seit Langem das Misstrauen gegenüber den Machthabern.
Unzufriedenheit und vereinzelte Unruhen in den überschwemmten Regionen vorauszusehen, deren Bewohner sich seit Jahren über die umweltpolitischen Missstände beschweren, ist nicht schwer. Doch das  bisherige Krisenmanagement der Islamischen Republik lässt die Vermutung zu, dass sich die Verantwortlichen lieber der Beseitigung der Folgen der Krise widmen, als sich mit deren Ursachen zu befassen.
Das misslungene Management der Krisenhilfe ist in den Nachrichten und den Videos in den sozialen Medien deutlich zu sehen. Die Konkurrenz zwischen der Regierung und der Revolutionsgarde bei der Hilfeleistung hat die Unfähigkeit des Systems noch verstärkt. Weil sich die Machthaber nicht mit den Ursachen beschäftigen, breitet sich Unzufriedenheit unter der Bevölkerung aus. Diese zeigt sich insbesondere in Extremsituationen. So kam es während der Überschwemmungen zu Auseinandersetzungen zwischen Betroffenen und Mitgliedern der Revolutionsgarde, die sich gerne als helfende Hand darstellen wollte. Die Kritik wurde lauter, seit die ausländischen Milizen auf Einladung des Generalmajors Soleimani das Land betraten.
Wird das Militär noch mächtiger?
Fortsetzung auf Seite 2