Vollstreckung von hohen Haftstrafen für Aktivist*innen in der Provinz Gilan

In der Provinz Gilan sind offenbar Urteile gegen politische, feministische und zivilgesellschaftliche Aktivist*innen, die im vergangenen Jahr festgenommen worden waren, überraschend und rechtswidrig vollstreckt worden. Berichte deuten darauf hin, dass die Frauenaktivistin Zohreh Dadress festgenommen und auch alle Frauenrechts- und zivilgesellschaftlichen Aktivist*innen eines Falls aus dem Juli 2023 in Gilan zur Vollstreckung der damals von einem Revolutionsgericht verhängten Urteile vorgeladen wurden.

Zohreh Dadress wurde ohne schriftliche Benachrichtigung über die Vollstreckung von Beamten des Ministeriums für Nachrichtenwesen, eines der Geheimdienste Irans, festgenommen. Ihre Schwester Zahra Dadress teilte in einem am Mittwoch, dem 10. Juli, in den sozialen Netzwerken veröffentlichten Video mit: „Sie hatten Angst, dass meine Schwester das Land verlässt, und sagten, sie würden sie selbst festnehmen.“ Stunden nach der Veröffentlichung dieses Videos wurde auch Zahra Dadress festgenommen und ins Gefängnis Lakan in Rasht gebracht.

Am selben Tag berichtete das Portal Bidarzani, das über die Anliegen von Frauen berichtet, dass Forough Saminia, Jelveh Javaheri, Matin Yazdani, Yasmin Heshdari, Negin Rezaei, Azadeh Chavoshian, Sara Jahani und Hooman Taheri telefonisch aufgefordert worden seien, sich bis Samstag, dem 13. Juli, zur Vollstreckung ihrer Haftstrafen im Gefängnis Lakan in Rasht zu melden.

Bereits am 29. Mai hatten Menschen- und Frauenrechtsorganisationen in Iran mitgeteilt, dass das Berufungsgericht die Urteile von „mehr als 60 Jahren Haft“ gegen die politischen und Frauenrechtsaktivist*innen in der Provinz Gilan bestätigt habe. Zohreh Dadress wurde dabei wegen „Bildung einer Gruppe mit dem Ziel, die nationale Sicherheit zu stören“ und „Versammlung und Absprache gegen die nationale Sicherheit“ zu 9 Jahren und 6 Monaten Haft verurteilt. Ferough Saminia, Sara Jahani, Yasmin Heshdari, Shiva Shah Siah, Negin Rezaei, Matin Yazdani, Azadeh Chavoshian und Zahra Dadress wurden wegen „Versammlung und Absprache gegen die nationale Sicherheit“ und „Mitgliedschaft in einer Gruppe mit dem Ziel, die nationale Sicherheit zu stören“ zu jeweils 6 Jahren, 3 Monaten und 17 Tagen Haft verurteilt. Jaleh Javaheri und Hooman Taheri wurden wegen „Propaganda gegen das islamische System“ zu je einem Jahr Haft verurteilt.

Mustafa Nili, einer der Anwälte der Angeklagten, kritisierte das Berufungsverfahren als „seltsam“ und sagte in einem am Mittwoch in der Zeitung Shargh veröffentlichten Interview, dass das Urteil sehr schnell und ohne Anhörung bestätigt worden sei. Ihm als Anwalt zweier Angeklagter sei das Berufungsurteil noch nicht zugestellt worden.

Zahra Minoui, eine weitere Anwältin in diesem Fall, kritisierte ebenfalls die Hast bei der Urteilsfindung und betonte, dass „das Datum der Urteilsverkündung der Tag der Gerichtsverhandlung” gewesen sei.

Die Anwälte wurden während der Verhaftung, der Anklageerhebung und der Urteilsverkündung nicht zugelassen. Minoui erklärte, dass die Anwälte eine Überprüfung des Urteils beantragt hätten. Sie hoffe, dass der Oberste Gerichtshof die formellen und materiellen Fehler im Urteil berücksichtigen werde.

Quellen berichteten, dass die meisten der Aktivist*innen während ihrer Haft schweren Verhören, Schlägen, sexuellen Übergriffen und Todesdrohungen ausgesetzt waren. Über 350 zivilgesellschaftliche Aktivist*innen und Frauenrechtler*innen forderten in einer Erklärung die bedingungslose Freilassung der 11 Aktivist*innen aus der Provinz Gilan.

Ein Sprecher des US-Außenministeriums hatte bereits am 28. März die „harten“ Urteile gegen die Frauenrechtsaktivist*innen als Maßnahme des iranischen Regimes zur „Einschüchterung” zivilgesellschaftlicher Akteure kritisiert.

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