Menschenrechtler*innen fordern Absage der Iran-Reise einer UN-Vertreterin
Menschenrechtsaktivist*innen haben die stellvertretende UN-Kommissarin für Menschenrechte, Nada Al-Nashif, aufgefordert, auf eine geplante dreitägige Reise in den Iran zu verzichten. Die begründen dies damit, dass die Islamische Republik den Besuch für ihre Zwecke nutzen würde. Al-Nashif wird vom 2. bis zum 5. Februar 2024 in den Iran reisen. Bei dem Besuch soll es um zwei Hauptthemen gehen: die Todesstrafe und die Rechte von Frauen im Iran.
Die Islamische Republik hat seit Jahren die Einreise von UN-Inspektor*innen verweigert. Daher bezeichnen viele Beobachter*innen den Besuch eines hochrangigen Vertreters des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte zur Überprüfung der Menschenrechtsbilanz der Islamischen Republik als ein einzigartiges Ereignis.
Hadi Ghaemi, Direktor der Iran Human Rights Campaign, erklärte der Deutschen Welle gegenüber am 30. Januar: „Die Funktionäre der Islamischen Republik werden die Reise der UN-Vertreterin nutzen, um ihr katastrophales Menschenrechtsversagen zu beschönigen.“ Die Reise könne “als PR-Maßnahme dienen, um kurz vor der Veröffentlichung des ersten Berichts der Wahrheitskommission zu den landesweiten Protesten im Jahre 2022 einen Anschein von Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen zu erwecken, da die Islamische Republik von Anfang an eine Zusammenarbeit mit der UN-Wahrheitskommission strikt abgelehnt hat.“
Die Iran Human Rights Campaign und weitere Menschenrechtsorganisationen, darunter das Iranian Center for Human Rights, die Society for the Defense of Human Rights, die Justice for Iran Organization, die Abdul Rahman Borumand Foundation, die Article 19 Organization sowie United for Iran haben in einem gemeinsamen Schreiben an den Hohen Kommissar für Menschenrechte der UNO ebenfalls die Absage der Reise seiner stellvertretenden Beauftragten in den Iran gefordert.
Auch iranische Anwält*innen haben Nada Al-Nashif in einem offenen Brief darum gebeten, ihre Reise vor dem Hintergrund der Menschenrechtsverletzungen dort abzusagen. Sie laden die UN-Beauftragte zu einem Treffen ein, um ihr “ein wahres Bild” der Verbrechen der Islamischen Republik zu beschreiben. Staat und Richter würden dort dem eigenen Justizsystem und den eigenen Regeln nicht folgen und kontinuierlich eigene Gesetze verletzen und missbrauchen. Bei ihrer Reise würde man ihr jedoch „ein anderes Gesicht zeigen, das zu einer falschen Wahrnehmung dieses Ausmaßes von Tyrannei und Ungerechtigkeit führen kann, während die Realität und die Wahrheit völlig anders sind“, heißt es in dem Schreiben der Anwält*innen.
Die iranische Juristin Shirin Ebadi, Friedensnobelpreisträgerin und Leiterin der Society for the Defense of Human Rights, hat Al-Nashif ebenfalls aufgefordert, ihre Reise abzusagen. Sie solle „aufgrund der zunehmenden Anzahl unrechtmäßiger Hinrichtungen im Iran“ auf ihre Reise in dieses Land verzichten.
Die Familien der Opfer des Abschusses einer ukrainischen Passagiermaschine durch die iranische Revolutionsgarde im Januar 2020 haben in einem Brief an Nada Al-Nashif darauf hingewiesen, dass „der Himmel über dem Iran nicht sicher“ sei und ihr Flugzeug möglicherweise wie das ukrainische Ziel von Raketen der Revolutionsgarden sein könnte. Sie wiesen in ihrem Schreiben auch auf den Hijabzwang für Frauen im Iran hin: „Wenn Sie sich für die Beamten der Islamischen Republik verschleiern, denken Sie daran, dass Dutzende Frauen im Kampf gegen den erzwungenen Hijab getötet wurden, und viele Männer, die zusammen mit ihnen aufgestanden sind, ihr Leben in den Händen der Islamischen Republik verloren haben.“
Hamed Esmaeilion, dessen Frau und 9-jährige Tochter beim Abschuss des ukrainischen Passagierflugzeugs starben, erklärte, er erwarte von der stellvertretenden Hohen Kommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen, „dass sie „sofort nach ihrer Ankunft im Iran ins Teheraner Evin-Gefängnis geht“ und dort „die Gefangenen besucht, die sich im Todesstrafenprozess befinden.“
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