Khameneis Ultimatum an Ahmadinedschad

Im aktuellen Streit zwischen dem geistlichen Führer Irans Ali Khamenei und dem Regierungschef  Mahmud Ahmadinedschad um die Absetzung des iranischen Geheimdienstministers hat der Geistliche Morteza Aghatehrani öffentlich von einem Ultimatum gesprochen.

Demnach habe der Revolutionsführer in einem Gespräch mit Ahmadinedschad diesen per Ultimatum aufgefordert, seiner Forderung nach Wiedereinsetzung des Geheimdienstministers Heydar Moslehi Folge zu leisten oder selbst zurückzutreten. Ahmadinedschad habe bislang noch keine Entscheidung darüber getroffen.

Aghatehrani, der dem Regierungschef und seinem geistigen Mentor Mesbah Yazdi nahesteht, hatte in einer Rede (zu sehen auf Youtube, FA) über die Verhandlungen zwischen Revolutionsführer und Regierungschef berichtet, deren Inhalt er von Ahmadinedschad selbst erfahren haben will.

Khamenei versucht zwar, die Spaltung innerhalb des Regimes herunterzuspielen, hat sich aber zugleich in ungewöhnlich kurzer Zeit in drei öffentlichen Reden zum Thema geäußert, und dabei die eigene Autorität bekräftigt.

Ahmadinedschad hatte sich nach dem Eingreifen Khameneis in die Regierungsgeschäfte fast zwei Wochen aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und an keiner Kabinettssitzung mehr teilgenommen. Bei der letzten Kabinettsitzung am gestrigen Mittwoch sei er, wie mehrere konservative Abgeordnete bestätigten, erst hinzugekommen, nachdem er den Geheimdienstchef Moslehi durch einen Dritten hinausgebeten hatte.

In den bald vergangenen drei Wochen seit Ausbruch des Streits haben die Angriffe seitens der konservativen Anhängerschaft Khameneis, sei es unter der Geistlichkeit, den Revolutionsgarden oder konservativer Parlamentariern, massiv zugenommen.

Auch mehrere Newsportale, die der Regierung nahestehen, sind gesperrt und ihre Betreiber verhört oder verhaftet worden. Nach unbestätigten Berichten sollen bis heute 25 Personen aus dem Umfeld des ersten Beraters des Präsidenten, Esfandiar Rahim Mashai, verhaftet worden sein. Der Geistliche, Abas Amirifar, einer von Ahmadinedschads Favoriten als Nachfolger Moslehis, soll ebenfalls mit einem Haftbefehl vom „Sondergericht für die Geistlichkeit“ inhaftiert worden sein.

Wie einige Seiten berichten, soll sich der Streit um Moslehi – neben anderen Personal- und Machtkampfdebatten innerhalb des Ministeriums – daran entzündet haben, dass der Geheimdienst den ersten Berater Ahmadinedschads, Rahim Mashai, observieren ließ. Daraufhin wurde dem Geheimdienstminister der Rücktritt nahegelegt; aber offenbar war die Observierung mit Genehmigung des Revolutionsführers erfolgt.

Esfandiar Rahim Mashai, Vertrauter und durch Heirat der Kinder mit Ahmadinedschad verwandt, ist in den letzten Jahren durch diverse provozierende Äußerungen zu einer umstrittenen und mächtigen Persönlichkeit der iranischen Politik geworden. Khamenei hatte kurz nach den Wahlen 2009 gegen ihn als Stabschef des Präsidenten ein Veto eingelegt, was Ahmadinedschad nicht davon abhielt, ihn mit wichtigen Beraterposten und anderen Ämtern zu überhäufen.

Mashai wird vorgeworfen, in Korruptionsskandale verwickelt zu sein. Zudem steht er unter Druck, da er sich von „Hellsehern und Geisterfängern“ beraten lassen soll. Die Propagierung der nahenden Ankunft des schiitischen Messias Mahdi, deren Vorbereitungen Ahmadinedschad trifft, soll auf Mashais Einfluss zurückgehen.

Durch seine provokativen Thesen über eine „iranische“ statt einer „islamischen Schule“ forderte er den Klerus direkt heraus. Mit dem Wissen um den „Legitimationsverlust der Religion“ im theokratischen System der Islamischen Republik versuchen er und Ahmadinedschad sich gegenüber einer immer „unbeliebter werdenden Geistlichkeit“ immer stärker zu behaupten, schreibt der Soziologe Akbar Ganji.

Mashai werden Ambitionen auf das Präsidentschaftsamt nachgesagt, wofür er sich mit solchen Äußerungen im nationalistischen Lager, aber auch in der dem Klerus gegenüber kritischen Mittelschicht zu positionieren versucht.