Iran: Größtes Gefängnis für Journalisten weltweit

Der Internationale Tag der Pressefreiheit am dritten Mai sollte eine Gelegenheit sein, um auf die Arbeit von Journalisten und Medienmachern aufmerksam zu machen. Tatsächlich wird aber an diesem Tag der Trauerbrief über die Schwierigkeiten und Hindernisse der journalistischen Arbeit und die Behinderung des freien Informationsflusses verlesen. Von Ali Mazroui
An diesem Tag werden lange Statistiken über getötete, inhaftierte und geflohene Journalisten oder jene, die ihre Arbeit aufgeben mussten, veröffentlicht und über etliche Medien berichtet, die unter dem Druck der Zensur stehen bzw. ganz verboten wurden.
Nicht weniger sollten aber heute diejenigen Erwähnung finden, die unter diesen schwierigen Bedingungen ihre Arbeit fortsetzen und die Lebensgefahren dieses Berufes auf sich nehmen. Besonders auch jene, die dabei zu Schaden gekommen sind.
In einer demokratischen Gesellschaft werden Medien als die vierte Staatsgewalt bezeichnet, mit der Bedeutung, dass sie neben der Legislative, der Judikative und der Exekutive eine Kontrollfunktion ausüben. Ohne die Existenz freier Medien ist die Gesellschaft mangelhaft und unvollständig.
Nun stelle man sich ein Land und ein politisches System vor, in dem all das hinkt – welche Stellung können Medien und Journalisten dort einnehmen und welche Rolle spielen?
Zu Beginn ihrer Existenz in der Ghadscharen-Dynastie waren iranische Medien nichts anderes als ein Werbeinstrument der Machthaber, bereits nach der konstitutionellen Revolution konnten sie sich aber emanzipieren und Mittler auf dem Weg zur Freiheit und Gerechtigkeit werden. Seitdem haben Medien und Journalisten zwischen staatlichen Repressionen und Freiheit eine bestimmende Rolle in den politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen Irans gespielt. Natürlich haben sie dabei auch einen hohen Preis bezahlt, nicht selten mit dem eigenen Leben.
Die Geschichte der iranischen Medien ist seit ihren Anfängen bis heute voller Zusammenbrüche, deren Beschreibung nichts als Kummer hinterlässt.
Allein in den vergangenen zwei Jahren wurden 150 Journalisten inhaftiert und 40 Publikationen verboten. Allein in den vergangenen zwei Jahren waren über 150 Journalisten im Gefängnis inhaftiert unter den dort herrschenden Zuständen, die wir alle kennen; 32 von ihnen sind noch heute mit schweren und nicht nachvollziehbaren Haftstrafen dort gefangen, viele mit langjährigem Arbeitsverbot belegt und zusammen mit Schwerverbrechern untergebracht.
Über 40 Publikationen sind von der Medien-Überwachungs-Kommission in dieser Zeit verboten und damit zahlreiche Journalisten in die Arbeitslosigkeit getrieben worden. Etliche haben aus Mangel an Unabhängigkeit und Sicherheit im Arbeitsleben ihren Beruf aufgeben oder ihre Heimat verlassen müssen.
Am schmerzvollsten ist die Tatsache, dass der „Verband Iranischer Journalisten“, dessen Aufgabe nun die Unterstützung der Journalisten in schwieriger Lage wäre, ohne eine gerichtliche Verfügung verboten und seine Räume verplombt wurden. Keine Dienststelle übernimmt die Verantwortung für diese grundlose und gesetzeswidrige Handlung, alle unsere Bemühungen, den etwa 4000 Mitgliedern den Zugang zum Verband erneut zu ermöglichen, sind bisher erfolglos geblieben; ferner sind vier Vorstandsmitglieder des Verbands im Verlauf dieser Auseinandersetzungen mit Gefängnisstrafen belegt worden.
Frau Badr-al-Sadat Mofidi, Vorstandsmitglied des Verbands, die die Aufhebung der Verplombung der Büroräume verfolgte, wurde im Januar 2010 aufgrund eines Interviews verhaftet, verbrachte sechs Monate in Haft und wurde in einer nichtöffentlichen Verhandlung zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt; sie wartet derzeit auf die Vollstreckung dieses Urteils.
Mashallah Shams-al-Waezin, Vorstandsmitglied, stellvertretender Vorsitzender des Verbands und Sprecher der „Vereinigung zur Verteidigung der Pressefreiheit“ wurde im Januar 2010 wegen eines Interviews für zwei Monate inhaftiert und ebenfalls in einer nichtöffentlichen Verhandlung zu einem Jahr Gefängnis verurteilt; er wartet auf die Vollstreckung des Urteils.
Mohamadreza Moghise, stellvertretendes Vorstandsmitglied, wurde im Oktober 2009 verhaftet und bleibt bis heute inhaftiert.
Alireza Radjai, ebenfalls Vorstandsmitglied wurde am vergangenen Sonntag (24. April) im Vorfeld des Internationalen Tags der Pressefreiheit verhaftet und ist bis heute im Gefängnis.
Ihre Namen werden in der Geschichte eines freien Iran verzeichnet sein.An dieser Stelle müssen wir die Namen von Journalisten wie Ahmad Zeidabadi, Masoud Bastani, Isaa Saharkhiz, Bahman Ahmad Amoui, Keivan Samimi, Mehdi Mahmudian, Emadeldin Baghi, Seyed Masoud Lawasani, Mohammad Nourizad und Hengameh Shahidi erwähnen, die sich seit Monaten im Gefängnis befinden und ihren Widerstand für die Verteidigung von Freiheit und Menschenwürde fortsetzen.
Ihre Namen werden in der Geschichte eines freien Iran verzeichnet sein. So wie das schwarze Zeugnis der Machthaber bescheinigen wird, wie sie Iran zum größten Feind der Medien und größtem Gefängnis für Journalisten verwandelt haben.
Ich muss betonen, dass der „Verband Iranischer Journalisten“ seit seiner Gründung in 1997 unentwegt unter Angriffen seitens Gruppierungen litt, die – als Anhängsel der Macht – keine andere Kunst beherrschen als die Vernichtung von zivilgesellschaftlichen Organisationen. Sie waren erbittert darüber, dass eine von der Macht unabhängige Organisation die Aufmerksamkeit von über zwei Dritteln aller iranischen Journalisten erlangen konnte, und warteten nur auf eine Chance, den Verband mit halblegalen Mitteln an sich zu reißen.
Offenbar hat der Staatsstreich im Sommer 2009 diese Gelegenheit geboten, um den Journalisten die Arbeit des Verbands vorzuenthalten, und damit vorzuführen, wie hoch der Preis für unabhängigen Journalismus in diesem Land ist.
Als jemand, der seit der Gründung bis heute im Vorstand des „Verbands Iranischer Journalisten“ Verantwortung trägt, bezeuge und betone ich an dieser Stelle, dass alle Aktivitäten des Verbands im Rahmen der Verfassung der Islamischen Republik stattfanden, und keine Straftaten verübt worden sind, die ein Verbot des Verbands oder die Inhaftierung seiner Mitglieder rechtfertigte. Am Tag der Pressefreiheit ist es zu bedauern, dass wir mit einer solchen Situation der Medien und Journalisten in Iran konfrontiert sind.