Säbelrasseln am Persischen Golf

Seit mehreren Tagen liefern sich der Iran und die Vereinten Arabischen Emirate einen heftigen Schlagabtausch. Der Grund: ein  Territorialstreit um die Inseln Abu Musa und Groß- und Kleintunb in der strategisch wichtigen Straße von Hormuz am Persischen Golf.
Der Ton verschärft sich und der Konflikt zwischen dem Iran und den Vereinten Arabischen Emiraten (VAE) weitet sich aus. Am Freitag bestellte das iranische Außenministerium die Schweizer Botschafterin Livia Leu Agosti ein, die in Teheran die Interessen der USA vertritt. Sie sollte der US-Regierung folgende Botschaft übermitteln: „Die Insel Abu Musa gehört zum Iran und der Besuch des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad auf der Insel hat im Rahmen seiner Reisen durch die iranischen Provinzen stattgefunden.“ Die vorangegangenen Reaktionen aus Washington auf den Besuch bezeichnete das iranische Außenministerium als „Einmischung“ und forderte die US-Regierung zu einer Erklärung auf. Das Außenministerium der USA hatte sich in dem Konflikt um die Inseln im Persischen Golf eindeutig auf die Seite der VAE gestellt: „Die Bemühungen der VAE sind in unserem Sinne. Der Iran sollte, um die Probleme zu lösen, mit den Emiraten direkt verhandeln und den Fall gegebenenfalls vor dem internationalen Gerichtshof in Den Haag klären.“
Die drei Inseln gehören aus der Sicht des Irans zur südiranischen Provinz Hormozgan. Das akzeptieren die VAE allerdings nicht. Deshalb gibt es seit Jahrzehnten Uneinigkeit darüber, zu welchem der beiden Länder die drei Inseln gehören.
Der Streit eskaliert
Die Reaktion aus Teheran ließ nicht lange auf sich warten. Der Sprecher des iranischen Außenministeriums Ramin Mehmanparast sagte am 19.April: “Der Iran ist nicht bereit, mit den Vereinigten Arabischen Emiraten über die drei Inseln Abu Musa sowie Groß- und Kleintunb zu verhandeln.“ Auch Irans ständiger Vertreter bei den Vereinten Nationen, Mohammad Khazaei, bestand in einem Brief an die UNO ausdrücklich auf Irans Territorialrecht: „Die drei Inseln sind vom Iran nicht zu trennen.“

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad bei seinem Besuch auf der Insel Abu Musa am 11. April. Foto: www.mehrnews.com
Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad bei seinem Besuch auf der Insel Abu Musa am 11. April. Foto: www.mehrnews.com

Der Kooperationsrat der arabischen Golfstaaten (GCC) dagegen schloss sich der Sicht der VAE an und bezeichnete Ahmadinedschads Besuch als „provozierend“: “Ahmadinedschad hat mit seinem Besuch auf Abu Musa das Hoheitsgebiet der Vereinten Arabischen Emirate verletzt.“ Der GCC versprach der VAE, sie bei diesem Konflikt „uneingeschränkt“ zu unterstützen.
Teheran ließ sich aber auch von den VAE-Verbündeten nicht beirren. 225 iranische Parlamentarier bezeichneten in einer  Erklärung die Territorialansprüche der VAE als „Illusion“: „Die VAE können mit solchen unrealistischen Besitzansprüchen Irans wahre Geschichte und die nationalen Rechte der iranischen Bevölkerung nicht verletzten.“ Auch das iranische Militär erklärte sich bereits für einsatzbereit, solle man auf diplomatischem Wege nicht weiterkommen.
Strategische Lage
Abu Musa ist mit einer Fläche von 12 Quadratkilometern die größte unter den drei Inseln und mit etwa 1.800 Einwohner die einzig bewohnte. Was ihr aber die größte Bedeutung schenkt ist ihre geostrategische Lage. Denn Abu Musa liegt an der Mündung der Straße von Hormuz zwischen dem Iran und den Vereinigten Arabischen Emiraten – also direkt an der wichtigen Wasserstrasse, über die mit rund 16 Millionen Barrel täglich ein Drittel des weltweiten Erölbedarfs transportiert wird. Dazu gehört nahezu der gesamte Ölexport Saudi-Arabiens, der Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwaits, des Irak und des Irans. Auch liefert Katar sein Flüssiggas fast ausschließlich über die Wasserstraße.
Abu Musa liegt an der Mündung der Straße von Hormuz zwischen dem Iran und den Vereinigten Arabischen Emiraten - also direkt an der wichtigen Wasserstrasse, über die täglich ein Drittel des weltweiten Erölbedarfs transportiert wird.
Abu Musa liegt an der Mündung der Straße von Hormuz zwischen dem Iran und den Vereinigten Arabischen Emiraten - also direkt an der wichtigen Wasserstrasse, über die täglich ein Drittel des weltweiten Erölbedarfs transportiert wird.

Irans jüngste Drohungen, im Falle eines Ölembargos die Straße von Hormuz zu blockieren, spiele bei der Ausweitung der Streit eine große Rolle, meinen daher viele politische Beobachter. Aber auch die politisch angespannte Situation
zwischen den Golfstaaten und dem Iran angesichts der unterstützenden Rolle des Irans bei den Unruhen in Bahrain verschärft die Auseinandersetzung.
Hintergrund
Alles begann als die Briten ihre Truppen 1971 aus der Region abzogen. Anschließend kam es zu einem Abkommen zwischen Großbritannien und dem Iran. Demnach sollte der Iran auf seinen Territorialanspruch gegenüber Bahrain verzichten und dafür die drei Inseln zurückbekommen. Dem damaligen Emirat Schardscha gefiel diese Entscheidung nicht und so begann ein neuer Territorialstreit. Bis schließlich auf Vermittlung Großbritanniens ein Abkommen zwischen dem Iran und dem Emirat Schardscha geschlossen wurde. Schardscha akzeptierte, dass Groß- und Klein-Tunb dem Iran gehören. Doch gerade in Bezug auf Abu Musa ist das Abkommen uneindeutig: “Den nördlichen Teil der Insel Abu Musa darf Schardscha benutzen, der Iran den südlichen Part. Keiner der beiden Staaten akzeptiert den
Territorialanspruch des anderen“, heißt es dort.
Der Professor für Politikwissenschaft und internationale Beziehungen an der Teheraner Universität Davood Hermidas Bavand sagte dazu der iranischen Zeitung Shargh: „Schon bevor Schardscha eins der sieben Emirate der VAE war, gab es den Territorialstreit zwischen dem damaligen Scheich von Shardscha und dem Iran. Durch die Vermittlung Großbritanniens kam es im Jahre 1971 – zwei Tage vor der Gründung der VAE – zwischen den beiden Ländern zwar zu einer Übereinkunft über die Abu Musa Insel. Die birgt aber in vieler Hinsicht Unklarheiten – etwa der bis heute so umstrittene Absatz, der keinem der Staaten den absoluten Territorialanspruch gewährt.“
Ein wichtiger Grund für Experten wie Bavand, auf historische Landkarten hinzuweisen: „Wenn auch aus der alten Übereinkunft der Gebietsanspruch nicht klar hervorgeht, zeugen hingegen zahlreiche international anerkannte historische Landkarten davon, dass die drei Inseln am Persischen Golf einst dem Iran gehörten“, so Bavand.