Regierung verschärft Medikamentenkrise
Im Iran wird der Mangel an Medikamenten zu einem ernsten Problem. Doch statt das Problem zu lösen, sorgen die Verantwortlichen nun durch Streichung von staatlich subventionierten Devisen für die Pharmaindustrie für mehr Not.
„Nasser Khosrou ist die größte iranische Apotheke“, schreibt das auf Gesundheit und Hygiene spezialisierte Internetportal SALAMATNEWS. Nasser Khosrou heißt eine der ältesten Straßen Teherans. Hier hat sich in den vergangenen 30 Jahren ein Zentrum des illegalen Handels mit Medikamenten entwickelt. Man kann Medikamente und medizinische Kleingeräte aus aller Welt kaufen – zu schwindelerregenden Preisen.
Immer mehr Arzneimittel sind im Iran nicht mehr auf dem offiziellen Markt, sondern nur noch über illegale Wege zu bekommen. Betroffen sind vor allem Arzneimittel für die Behandlung von Krebs-Patienten, Thalassämie, Multiple Sklerose (MS) sowie Atem– und Herzerkrankungen. Und die Lage wird künftig noch schlimmer werden.
Keine subvenionierten Devisen mehr
Mehdi Soleyman Jahi, Im Gesundheitministerium zuständig für die Kontrolle von Medikamenten und Drogen, teilte den iranischen Medien am Donnerstag mit, dass die Preise für heimische Medikamente bald um bis zu 30 Prozent steigen würden. Ausländische Pharmaprodukte würden bis zu 100 Prozent teurer, so Soleyman Jahi. Grund ist die Entscheidung der Regierung, der Pharmaindustrie keine staatlich subventionierten Devisen mehr zur Verfügung zu stellen. Im Iran gibt es einen vom Staat kontrollierten und einen vom freien Markt bestimmten, höheren Wechselkurs. Laut Gesetz soll die iranische Zentralbank den Import von Medikamenten mit dem staatlichen Devisenkurs fördern. Soleyman Jahi versicherte, die Regierung werde weiterhin Pharmafirmen mit günstigen Krediten und Zuschüssen unterstützen. Doch kaum jemand traut solchen Zusagen, denn die Regierung hat im Bereich der Medikamentenversorgung in den vergangenen Jahren viel versprochen und wenig davon gehalten. Schon Ende 2012 hatte die damalige Gesundheitsministerin Marziyeh Vahid Dastjerdi der iranischen Zentralbank vorgeworfen, ihrem Ressort lediglich ein Drittel der zugesagten Devisen ausgezahlt zu haben. Eine Woche später wurde die Ministerin entlassen.
Kollateralschäden der Sanktionen
Die internationalen Sanktionen gegen den Iran betreffen Medikamente und Nahrungsmittel zwar nicht direkt. Doch ausländische Pharmafirmen und Exporteure meiden Geschäfte mit dem Iran, weil die Sanktionen gegen die iranische Zentralbank den Geldtransfer erschweren. Zudem ist die dramatische Talfahrt der iranischen Währung Rial ein wichtiges Hindernis für die Einfuhr ausländischer Waren. Im vergangenen Jahr verlor der Rial gegenüber dem US-Dollar mehr als 60 Prozent seines Wertes.
Laut iranischen Medien warten seit Monaten beim iranischen Zollamt Medikamente im Wert von etwa 140 Millionen Dollar auf die Einfuhr. Grund für die Importverzögerung ist, dass die iranische Zentralbank den Importeuren nicht mitgeteilt hat, zu welchem Devisenkurs sie diese einführen können. Der Parlamentsabgeordnete Shahin Mohammad-Sadeghi forderte Anfang März Präsident Mahmoud Ahmadinedschad auf, sich persönlich einzuschalten, um das Problem zu lösen: „Die Importeure fürchten drastische Gewinneinbußen, solange die Verantwortlichen den Devisenkurs für die eingeführten Medikamente nicht bestimmt haben.“