Ultrakonservativer Justizchef Raisi wird neuer Präsident im Iran

Das iranische Innenministerium hat den Justizchef Ebrahim Raisi als Wahlsieger verkündet. Nach der Auszählung von 90 Prozent der abgegebenen Stimmen habe er mit 17.8 Millionen mehr als 72 Prozent der Stimmen erhalten, so das Ministerium.

Demnach haben insgesamt 28.6 Menschen an den Wahlen am Freitag teilgenommen. Wahlberechtigt waren mehr als 59 Millionen Iraner*innen. Nach den ersten Hochrechnungen ist die Wahlbeteiligung im Vergleich zu den letzten Präsidentschaftswahlen vor vier Jahren um rund 20 Prozent zurückgegangen.

Der Chef der iranischen Zentralbank, Abdolnaser Hemmati aus dem Lager der sogenannten Gemäßigten, hat nach offiziellen Angaben 2.4 Millionen Stimmen erhalten. Die beiden anderen Kandidaten, Mohsen Rezai und Amir-Hossein Ghazizadeh Hashemi jeweils 3.3 und eine Million.

Die Anzahl der ungültigen Stimmen wurde noch nicht mitgeteilt.

Alle drei Konkurrenten haben vor der Bekanntgabe dem offiziellen Endergebnis dem Wahlsieger Raisi gratuliert – ebenso Präsident Rohani.

Verlängerung der Wahlen

Die Frist zur Stimmabgabe wurde am Freitag mehrmals verlängert. Während der Zentrale Wahlausschuss das Ende der Abstimmungsfrist auf 21 Uhr festgelegt hatte, erklärte der Sprecher des Wächterrats, Abbas-Ali Kadkhodai, am Freitag, dass die Wahllokale bis 24 Uhr geöffnet blieben. Er äußerte die Hoffnung, dass die Wahlbeteiligung bis dahin steigen werde.

Seinen Angaben zufolge waren bis Freitag, 16 Uhr, 4.774 Beschwerden über beim Wächterrat eingegangen. Dazu gehörten vor allem Verzögerungen bei der Abstimmung und langsame Authentifizierungsgeräte.

Gegen 22 Uhr Ortszeit verlängerte das Innenministerium die Frist zur Stimmabgabe dann weiter bis zwei Uhr in der Nacht zum Samstag. Der in Paris ansässige iranische Oppositionspolitiker Taghi Rahmani kritisierte dies als „gesetzeswidrig“: Die Wahlen müssten an einem Tag abgehalten werden, sagte er der BBC Persian.

Protestaktionen im Ausland

In vielen Städten der Welt haben am Freitag Protestaktionen gegen die Wahl im Iran stattgefunden. Ein Video von Femen Deutschland zeigt drei Frauen, die vor der Botschaft der Islamischen Republik in Berlin gegen „die inszenierte Wahl und die Diktatur im Iran“ protestiert hatten und von der Polizei abgeführt werden. In London und Paris wurden jeweils zwei Personen festgenommen, die vor dem Konsulat und der Botschaft der Islamischen Republik Parolen skandiert hatten. Vor dem Konsulat der Islamischen Republik in Frankfurt fand eine Demonstration mit etwa 450 Menschen statt. In Toronto lebende Iraner*innen veranstalteten zusammen mit Familien der Opfer des von der iranischen Revolutionsgarde abgeschossenen ukrainischen Passagierflugzeugs eine Kundgebung zur Unterstützung der Wahlboykottkampagnen.

Kritik

Seit Wochen gibt es wegen der Zulassung ausschließlich Khamenei-treuer Kandidaten zur Präsidentenwahl Kritik an der Politik der Islamischen Republik. Es gab zahlreiche Boykottforderungen, sogar von Seiten der Reformer. Selbst die unter Hausarrest stehende Integrationsfigur der sogenannten Grünen Bewegung Mir Hossein Moussavi lehnte die Wahlen ab. Der mächtige Wächterrat war in den letzten Wochen stark unter Kritik geraten – sogar vonseiten des Ex-Präsidenten Mahmoud Ahmadinedschad, dessen Kandidatur abgelehnt wurde. 

Irans religiöses Oberhaupt Ali Khamenei dagegen lobte und verteidigte den Wächterrat, der für die Kandidatenauswahl verantwortlich ist. Das zwölfköpfige Gremium aus Gelehrten und Juristen hatte in den vergangenen Wochen nicht nur Kandidaten aus dem sogenannten reformistischen Lager von den Wahlen ausgeschlossen, sondern auch den engen Vertrauten Khameneis Ali Laridjani.

Khamenei hat stets für eine hohe Wahlbeteiligung geworben. Zwei Tage vor den Wahlen rief er in einer Fernsehansprache alle Iraner*innen dazu auf, ungeachtet ihrer politischen Gesinnung wählen zu gehen. Eine hohe Wahlbeteiligung belege den Rückhalt des islamischen Regimes in der Bevölkerung.

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