KünstlerInnen auf der Suche nach Auswegen

Prominente iranische KünstlerInnen erheben ihre Stimme gegen soziale und politische Missstände im Gottesstaat. Andere verlassen den Iran und suchen ihr Glück im Ausland. Kulturnachrichten aus der Islamischen Republik.

Namhafte iranische KünstlerInnen wie der Cartoonist Kambiz Derambakhsh, der Dirigent Loris Tjeknavorian und die SchauspielerInnen Roya Teymourian, Afsaneh Bayegan, Majid Mozaffari und Masoud Rayegan haben am 10. März auf Umweltprobleme im Iran aufmerksam gemacht. Filmproduzent Ali Moallem rief die Anwesenden bei einer Zusammenkunft im Teheraner Pardisan-Park zu einem stärkeren gesellschaftlichen Engagement auf. Die KünstlerInnen sollten die Menschen dazu ermutigen, der Natur „größeren Respekt“ entgegenzubringen, so Moallem. Die Schauspielerin Roya Teymourian machte Politiker auf nationaler und kommunaler Ebene für den Schutz der Natur verantwortlich: „Als Bürgerin von Teheran bin ich in Sorge. In meinem Stadtteil gab es früher viele Grünflächen. Die sind zerstört und an ihre Stelle Hochhäuser errichtet worden“, zitiert die Nachrichtenagentur Mehr News Teymourian. Sie beobachte bei der iranischen Bevölkerung aber einen gestiegenen Willen zum Umweltschutz, so die Schauspielerin weiter.

Viele Anwesende betonten, der Erhalt der Natur sei keine nationale, sondern internationale Pflicht. Die Zusammenkunft der KünstlerInnen wurde mit einer Pflanzung junger Bäume in dem Park abgeschlossen.
Arrangiert wurde die Versammlung von Mehdi Tohidpour und Farhad Tohidi, den Organisatoren des diesjährigen Iran International Green Film Festivals. Diese einwöchigen Filmfestspiele, die nach zehnjähriger Pause im Mai zum fünften Mal in der iranischen Hauptstadt stattfinden, befassen sich mit dem Thema Umweltschutz. Ziel des Festivals ist, das Bewusstsein des Publikums sowie nationaler und internationaler politischer Verantwortlicher für Umweltschutzfragen zu erhöhen. Im Fokus des Filmfestivals steht in diesem Jahr die Wasserknappheit im Iran.

Schauspieler fordert Freilassung von Oppositionellen

Der Schauspieler und iranische Kinoveteran Ezzatollah Entezami hat einen offenen Brief an den iranischen Präsidenten Hassan Rouhani verfasst, in dem er diesen auffordert, sich für die Freilassung der drei AnführerInnen der oppositionellen „Grünen Bewegung“ einzusetzen. Mir Hossein Moussavi, Zahra Rahnavard und Mehdi Karroubi stehen seit 2011 unter Hausarrest. Er sei aufgrund des „weiterhin ungelösten Problems“ in Sorge, schreibt der Schauspieler an Rouhani.

Mehdi Karroubi, Hossein Moussawi, Zahra Rahnavard (v. li.) stehen seit 2 Jahren unter Hausarrest
Mehdi Karroubi, Hossein Moussawi, Zahra Rahnavard (v. li.) stehen seit 2011 unter Hausarrest

Gravierend sei aus seiner Sicht, dass Rouhani entgegen seines Wahlversprechens eine „indifferente Haltung“ gegenüber dem Hausarrest der OppositionsführerInnen an den Tag lege. „Warum ist es möglich, dass Sie mit Weltmächten an einem Tisch sitzen und mit ihnen eine Übereinkunft erzielen können, es aber nicht schaffen, diejenigen an den Tisch zu holen, die den Hausarrest zu verantworten haben? Es kann nicht sein, dass eine derart wichtige Frage nicht gelöst wird“, schreibt Entezami. Er wünsche sich, dass Rouhani Anfang des neuen iranischen Jahres die Freilassung der OppositionspolitikerInnen erreiche und so die „nationale Versöhnung“ vorantreibe.

Der 92-jährige Ezzatollah Entezami zählt zu den bekanntesten Schauspielern des Iran. 1958 schloss er sein Schauspielstudium an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover ab. 1969 feierte er sein Debüt als Filmschauspieler mit dem Film „Die Kuh“ unter der Regie von Dariush Mehrjui. Der Film erhielt 1971 den Goldenen Hugo auf dem Chicago International Film Festival. Entezami spielte mit renommierten iranischen Regisseuren in zahlreichen Filmen und Theaterstücken.
Ali Payam wieder in Freiheit
Der iranische Dichter und Humorist Mohammad Reza Ali Payam ist laut Informationen des Online-Nachrichtenportals Kalameh am 16. März nach elf Monaten Haft vorzeitig in die Freiheit entlassen worden. Payam, der seine Gedichte unter seinem Pseudonym Haloo veröffentlicht, war im vergangenen April verhaftet und zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt worden. Ein Gericht hatte ihn schuldig gesprochen, Propaganda gegen das Regime betrieben, den Revolutionsführer, den Präsidenten und andere politische Amtsträger beleidigt und „Blasphemie“ begangen zu haben. Payams sozial- und regimekritische Dichtung und Satire haben in der Vergangenheit öfter den Zorn der konservativen politischen Machthaber der Islamischen Republik geweckt. Schon im August 2012 war er wegen eines Gedichts, in dem er soziale Ungerechtigkeit und Korruption angeprangert hatte, zu einer Haftstrafe verurteilt worden.
Der 59-Jährige studierte an der Kunsthochschule in Teheran und war von 1981 bis 1991 Schauspieler und Regisseur. Nachdem der Staat ihm verbot, in diesem Bereich zu arbeiten, widmete sich Payam der satirischen Dichtung. Im Iran sind in jüngster Vergangenheit viele PoetInnen, etwa Hila Sedighi, Fatemeh Ekhtesari und Mehdi Mousavi, ins Visier der iranischen Justiz geraten. Auch ihnen wurden regimefeindliche Aktivitäten vorgeworfen.
Fernsehstars suchen ihr Glück im Ausland

Iranische Schauspielerinnen werden von den regimetreuen Medien kritisiert, weil sie im Iran mit Kopftuch und bei GEM TV ohne auftreten - Foto: tasnimnews.com
Iranische Schauspielerinnen werden von den regimetreuen Medien kritisiert, weil sie im Iran mit Kopftuch und bei GEM TV ohne auftreten – Foto: tasnimnews.com

Das staatliche iranische Fernsehen IRIB erlebt einem Bericht des Online-Nachrichtenportals Khabar Online zufolge eine Welle der Abwanderung zahlreicher Stars zu dem türkischen Fernsehsender GEM TV. Zu den AbwanderInnen gehören SchauspielerInnen und Regisseure wie Sadaf Taherian, Chekameh Chamanmah, Mani Kasraiyan, Rabeye Oskooi, Mehdi Mazloomi, Saeed Emamifar und sogar der als regimenah geltende Ahmadreza Garshasbi. Sie haben in der Vergangenheit an zahlreichen iranischen Serien mitgewirkt und teilweise durch diese Berühmtheit erlangt. Bei GEM TV erhalten sie die Möglichkeit, außerhalb des Iran ihren Job auszuüben und so die strenge Zensur des Gottesstaates zu umgehen.

Iranische Medien werfen IRIB in diesem Zusammenhang vor, trotz seines hohen Budgets den FilmkünstlerInnen keine ausreichenden Gagen zu zahlen und keine guten Arbeitsbedingungen zu bieten. So würden die Stars in die Arme von GEM TV getrieben.

GEM TV ist ein persischsprachiger Fernsehsender mit Niederlassungen in der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten, der im Iran per Satellit empfangen werden kann und unter IranerInnen hohe Popularität genießt. Er überträgt Formate wie America’s Got Talent, The X-Factor sowie viele türkische Fernsehserien, die mit persischen Untertiteln oder synchronisiert ausgestrahlt werden. Die abwandernden iranischen SchauspielerInnen und Regisseure erhalten bei GEM TV die Gelegenheit, iranische Soaps nach türkischem Vorbild zu drehen.
JASHAR ERFANIAN