Iran im Dunkeln: Stromausfälle provozieren Unmut und Spott

In Iran sorgen massive Stromausfälle für Ärger und Proteste. Während die Temperaturen an einigen Orten auf 50 Grad steigen, fällt der Strom vielerorts stundenlang aus – oft ohne Vorwarnung. Behörden raten der Bevölkerung, sich mit Fächern und traditionellen Wasserkrügen zu behelfen. Doch in sozialen Netzwerken macht sich Wut breit – und auch aus der Wirtschaft kommt Kritik.


In Iran kommt es derzeit täglich zu Stromausfällen von vier bis fünf Stunden – oft ohne vorherige Ankündigung. In diesem Jahr begannen die Ausfälle erstmals bereits Anfang Mai. Die Bevölkerung reagiert zunehmend verärgert, insbesondere in den sozialen Netzwerken: Dort kursieren kritische und sarkastische Kommentare, Bilder und Videos, die die schwierige Situation ohne Strom dokumentieren.

Der Generalsekretär des iranischen Stromindustrieverbandes erklärte am Mittwoch, dem 7. Mai, angesichts der bevorstehenden Herausforderungen: „Uns steht ein harter Sommer bevor.“ Seine Empfehlung: „Kaufen Sie sich einen Fächer und eine Aftabeh“ – ein traditioneller Wasserkrug zur Körperreinigung.

Auch Irans Energieminister räumte ein: „Die Kapazität unserer Stromproduktion ist nun mal begrenzt – wir müssen den Verbrauch kontrollieren.“

Proteste und erste Festnahmen

Aus der Stadt Behbahan in der Provinz Khuzestan wurde am selben Tag berichtet, dass sich eine Gruppe Bürger*innen vor dem Gouverneursgebäude versammelt hatte, um gegen die täglichen Strom- und Wasserausfälle zu protestieren. Laut inoffiziellen Berichten wurden einige von ihnen festgenommen. Khuzestan im Südwesten Irans leidet derzeit unter Temperaturen zwischen 45 und 50 Grad. In manchen Städten dieser Region fällt der Strom bis zu acht Stunden täglich aus.

Laut Energieminister Abbas Aliabadi liegt die landesweite Durchschnittstemperatur im Mai um 5,5 Grad höher als im Vorjahr – ein bisher nie dagewesener Anstieg.

Folgen für Wasser, Brot und Landwirtschaft

Morteza Masaeli, Generalsekretär des Stromindustrieverbandes, warnte, dass die Stromausfälle auch die Wasserversorgung beeinträchtigten: „Wenn der Strom ausfällt, funktionieren die Pumpen nicht, was wiederum zum Ausfall von Leitungswasser führt. Das kann die gesellschaftliche Unzufriedenheit verschärfen.“

In den sozialen Medien kursieren zahlreiche Videos. Zu sehen ist etwa ein Bäcker aus Shiraz im zentralen Iran, der aus Protest gegen die ständigen Stromausfälle verdorbenen Brotteig vor der Behörde für Stromversorgung der Stadt auskippt. Auch Landwirte berichten von Schäden an ihren Ernten infolge fehlender Stromversorgung.

 

Aufnahmen von Menschen, die in Aufzügen stecken bleiben, von Stromausfällen während medizinischer Operationen in Krankenhäusern und vom Stillstand ganzer Geschäfte sind ebenfalls weit verbreitet.#

Regierung verweist auf Eigenverantwortung – und wird dafür verspottet

Der Energieminister forderte die Bürger*innen jüngst dazu auf, selbst in die Stromwirtschaft zu investieren, um der Krise zu entkommen – eine Aussage, die der Vorsitzende des Rats der Industrieparks heftig kritisierte: „Wenn das Volk den Strom produzieren soll, dann schließt das Energieministerium!“

Kritik kommt nicht nur aus der Bevölkerung. Auch regierungsnahe Medienschaffende äußern sich in den sozialen Netzwerken zunehmend kritisch – insbesondere in Bezug auf die Auswirkungen auf Industrie und Produktion. Oft zielt ihre Kritik jedoch weniger auf die strukturellen Probleme als auf die Regierung von Präsident Masoud Pezeshkian.

Staatliche Nachrichtenagenturen beschränken sich derweil darauf, offizielle Statements zu verbreiten, und informieren kaum über die realen Auswirkungen der Stromausfälle auf das tägliche Leben, die Industrie oder die Landwirtschaft.

Versprechen ohne Substanz

In einer aktuellen Stellungnahme erklärte Energieminister Aliabadi, dass „ursprünglich nur maximal zwei Stunden Stromausfall pro Haushalt vorgesehen“ gewesen seien – und versprach, dass die Stromausfälle „bis Ende der Woche“ auf diese zwei Stunden begrenzt würden.

Gleichzeitig räumte er ein, dass die sogenannte „Strom-Ungleichgewichtigkeit“ im Sommer 2024 bei 20.000 Megawatt lag – in diesem Jahr wolle man vermeiden, dass sie auf 24.000 Megawatt ansteige. Der Begriff „Ungleichgewichtigkeit“ ersetzt in der offiziellen Kommunikation zunehmend die Begriffe „Knappheit“, „Mangel“ oder „Defizit“.

Verkürzte Arbeitszeiten und düstere Prognosen

Um den Energieverbrauch zu senken, verkündete die Regierung, dass Behörden und staatliche Einrichtungen ab dem 10. Mai nur noch von 6 bis 13 Uhr geöffnet seien. Zusätzlich sollen die Donnerstage in mehreren Provinzen, darunter Teheran, bis auf Weiteres arbeitsfrei bleiben.

Auch Ölminister Mohsen Paknejad äußerte sich am Freitag, dem 9. Mai, zur Stromkrise: „Unsere Produktionskapazität ist begrenzt, mehr wurde nicht investiert – der Verbrauch muss kontrolliert werden.“ Er warnte zudem vor einem harten Winter im kommenden Jahr wegen der drohenden Energieknappheit.

Nach Einschätzungen unabhängiger Expert*innen steigt der Stromverbrauch in Iran jährlich um rund sieben Prozent – das entspricht etwa 5.000 Megawatt. Um einen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage zu erreichen, müsste das Land seine Stromproduktion in den kommenden Jahren mindestens verdreifachen.

Foto: Pexels 

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