Hinter geschlossenem Vorhang

„Pardé“ heißt der Film von Jafar Panahi, der im Februar bei der Berlinale Weltpremiere feierte und den Silbernen Bären für das beste Drehbuch erhielt. Der deutsch-iranische Filmemacher Ali Samadi sieht in dem Film eine persönliche Anklage des Regisseurs gegen die unerträglichen Zustände im Iran. 
Laut iranischer Presse hat das „Ministerium für Kultur und islamische Führung“ den letzten Film von Jafar Panahi, „Parde“ “ – zu Deutsch „Vorhang“ –  als „illegal“ bezeichnet und auch wegen der Aufführung und der Auszeichnung des Films auf der Berlinale Protest eingelegt. Damit könnte es zu einem juristischen Nachspiel für Panahi kommen.
Panahi drehte „Pardé“ heimlich und ließ den Film aus dem Land schmuggeln, wohl wissend, dass er damit viel riskiert. Denn 2011 wurde er von der iranischen Justiz zu sechs Jahren Haft und 20 Jahren Berufs- und Interviewverbot verurteilt.

Ali Samadi
Ali Samadi

In „Pardé“ gibt Jafar Panahi seinen innersten Gedanken die Gestalt eines Mannes und einer Frau, die, vor der Staatsmacht fliehend, Zuflucht in einer Villa am Kaspischen Meer finden. Panahi erzählt von seinen Ängsten, seinem Kampf mit sich selbst und mit der Staatsmacht um seine fundamentalen Grundrechte, in unzähligen Metaphern – etwa der eines Hundes, der nicht mit der Gnade des Staates rechnen kann und deshalb hinter dicken, schwarzen Vorhängen versteckt werden muss. Dort, auf dem Sofa vor dem Fernseher sitzend, sieht er zu, wie seine Artgenossen draußen abgeschlachtet werden. Panahi erzählt von einem Schriftsteller, der, obwohl vom Staat gejagt, so tut, als ob er in seinem Versteck weiterhin schreiben könnte. Er beschreibt die Sehnsucht einer jungen Frau, endlich nicht mehr in einer Gesellschaft voller Ängste und Doppelmoral leben zu müssen, und die schließlich aufgibt und sich in die Wogen des Meers wirft.„
Pardé“ ist ein Film über den Zustand des Meisters Panahi, der mit gefesselten Händen in einem Land, das ihn bedroht, für seine Rechte als Filmemacher kämpft und Geschichten erzählt. Schon längst geht es in der sonst so blühenden iranischen Filmlandschaft nicht mehr um die technische Qualität der Filme oder die Verbesserung der Arbeitsverhältnisse. Für Panahi und andere iranische Filmschaffende geht es heute um das nackte Überleben des iranischen Films. Es geht darum, trotz aller Repressalien, trotz aller Verhaftungen, Schikanen, Verbote, Embargos und allem wirtschaftlichen Druck, den iranischen Film, diese zarte Pflanze, am Leben zu halten.
Für diesen Kampf ist „Pardé“ ein wichtiges Symbol – ein Schrei, der gehört werden will. Ein Schrei, der voller Schmerz und Wut in die Welt ruft: „Wir leben noch!“ Der Schrei eines Meisters, über dessen Kopf das Damoklesschwert der iranischen Justiz schwebt. Panahi drehte „Pardé“ heimlich und sandte den Film nach Berlin, damit die Welt erfährt, was in seinem Land passiert.Allein dafür verdient er unsere wärmste Umarmung, Solidarität und Glückwünsche für seinen Mut!