Einkaufen für die Freiheit

Erneut Zusammenstöße und Verhaftungen in Teheran bei den Demonstrationen am 01. März – Erlebnisberichte aus dem Netz
Dieser Artikel wird in einem zweiten Teil fortgesetzt, in dem Sie direkte Blog Übersetzungen lesen können.

Mehrere Augenzeugen berichten, dass es auf verschiedenen Plätzen und Straßen Teherans zu ‎Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen ist. Die genaue ‎Zahl der Verhafteten ist nicht bekannt. Unter ihnen sind die Journalistin Mahsa Amrabadi, ‎und die Politikerin Fakhr-al-sadat Mohtashamipur, deren jeweilige Ehemänner bereits in Haft ‎sitzen. Proteste wurden auch aus anderen iranischen Städten gemeldet.‎

„Einkaufen für die Freiheit“

Das Motto „Einkaufen für die Freiheit“ prägte aus zwei Gründen die Demonstrationen am ‎‎1. März. Zum einen aus Angst vor dem brutalen Vorgehen der Sicherheitsorgane: Um Gewalt ‎zu meiden, mischten sich die Protestierer unter diejenigen, die tatsächlich zum Einkaufen für ‎das bevorstehende Neujahrsfest am 20. März auf den Straßen waren – ähnlich dem Vorgehen ‎im letzten Jahr, als die offiziellen Feiertage zu Protesttagen wurden.
Zum anderen hatte der ‎Geheimdienstchef, Heydar Moslehi, letzte Woche in einem vieldiskutierten Interview ‎bestritten, dass es in der vorangegangenen Woche Demonstrationen gegen das Regime ‎gegeben hatte. Er sagte im Fernsehen, die Menschen seien alle zum Einkaufen da gewesen.‎
Die in Interneteinträgen beschriebenen Erlebnisse und Eindrücke sind uneinheitlich.‎ Das Ausmaß der Proteste wird unterschiedlich bewertet, offenbar je nach dem, wo sich die ‎Beobachter aufhielten. Neben Berichten über Tränengas-, Pfefferspray- oder ‎Schlagstockeinsatz, gibt es auch einige, die von keinen Protesten zeugen können: „aber überall ‎versuchten die Menschen sich mit Blicken zu finden, und fragten, ob die anderen denn auch ‎‎‚zum Einkaufen’ gekommen seien“.‎

Vorsichtsmaßnahmen

Die seit kurzem im Ausland lebende Journalistin Fereshteh Ghazi berichtete auf Facebook, ‎dass ihr viele ehemalige Mitarbeiter und Freunde aus Teheran die Telefonnummern ihrer ‎Familien zusenden und dazu schreiben: „wir wollen zum Einkaufen gehen, die Nummern sind ‎nur eine Vorsichtsmaßnahme, wir kommen bald wieder, aber wenn nicht, lass uns nicht ‎namenlos bleiben“. Sie hatte in den letzten 20 Monaten unzählige Interviews mit den ‎Familien der bei den Demos Getöteten und Verhafteten geführt, und damit für Aufdeckung ‎etlicher Verbrechen gesorgt. Wer protestieren wollte, musste auf alles gefasst sein. ‎
Eine andere Internetnutzerin* aus Teheran schrieb: „Es sind so viele grün gekleidete ‎Sicherheitskräfte auf den Straßen unterwegs, dass die Stadt beeindruckend grün geworden ‎ist. Eigentlich nicht nötig, dass wir rausgehen. Aber die Bevölkerung hat wohl alle ihre ‎Einkäufe für heute aufgehoben. Teile der Stadt sind so voller Menschen, dass keine ‎Stecknadel zu Boden fallen könnte. Sie gehen still mit ihren Einkaufstaschen fürs ‎Neujahrsfest herum.“
Lesen Sie im Zweiten Teil die Übersetzungen aus den einzelnen Blogs.