Cyber-Basidj – Die Freiwilligenmiliz bloggt ‎

Bei der Unterdrückung der Proteste in Iran ist häufig die Freiwilligenmiliz der Basidjis oder zivilgekleidete Agenten beteiligt. Demonstranten beklagen sich oft über ihr brutales Vorgehen. Ihre Identität oder Zugehörigkeit zu einer Organisation bleibt oft ungeklärt. Aber wer sind die Basidjis und wie ist ihre Denkweise?
*** Dieser Artikel wird in einem zweiten Teil fortgesetzt, in dem Sie Blog-Übersetzungen lesen können.***
Die Freiwilligenmiliz Basidj-e Mostazafin (Mobilisierung der Unterdrückten) wurde 1981 auf Anordnung des Republikgründers Ayatollah Khomeini zum Schutz der Revolution gegründet, und ist heute den Revolutionsgarden Sepah-e Pasdaran unterstellt. In den Jahren des Irak-Krieges rekrutierte die Basidj Jugendliche in Schulen für den Frontdienst – als „Kanonenfutter“. Aber auch Wohlfahrtsmaßnahmen zur Bekämpfung der Armut in den Unterschichten gehörten zu ihren Aufgaben.
Seit dem Kriegsende ist die paramilitärische Organisation meist in Krisenzeiten aktiv geworden, besonders seit 1998, als Gegenpol zu den „Reformern“ um den damaligen Präsidenten Mohammad Khatami. Besonders hervorgetreten sind sie seit dem in Zusammenhang mit Überfällen auf Intellektuelle und Andersdenkende oder Studentenwohnheime und Kultureinrichtungen, in denen – nach ihrer Auslegung – unislamische oder antirevolutionäre Aktivitäten stattfinden.
Die oppositionelle Newsseite Jaras bezeichnete die Freiwilligenmiliz als eines der „zentralen Organe zur Niederschlagung der Unruhen“ nach den Wahlen 2009. Um die Verantwortung für diese Gruppierungen von sich zu weisen, bezeichnen Regierungsstellen sie als „selbstorganisierte Einheiten“, die „selbstlos die Ideale der Revolution“ verteidigen. Die Opposition äußert sich im Internet meist abfällig über sie, und in der Bevölkerung sind sie oft mit einer Aura von Angst und Verachtung umgeben.
Mit der politisch motivierten Verteilung der Öl-Einnahmen auf einer stabilen, ideologisch fundierten Basis sichert sich der Staat seinen Machterhalt. Im Haushaltsplan des vergangenen Jahres war das Jahresbudget des Verteidigungsministeriums um 50% gestiegen. Das Jahresbudget der Revolutionsgarden ist demnach auf etwa 4,1 Mrd. Euro gestiegen, wovon rund 300 Mio. Euro auf die Basidj-e Mostazafin entfallen.
Nach Angaben ihres Kommandeurs, Hossein Taeb, sind die staatlichen Budgets „begrenzt, und nicht die einzigen Einnahmen, auf die wir uns verlassen.“ Zudem erhält die Organisation Sonderzuteilungen, wie etwa aus einem Sonderfonds von 36 Mio. Euro zur Unterstützung von Arbeitslosen Basidj-Mitgliedern.
Heute besitzt die Basidj in fast allen Städten lokale Büros, und hat über 30 verschiedene Unterorganisationen. Besonders in der Provinz bilden die Basidjis mehr eine soziale Gemeinschaft als eine politische Miliz.
Die Zahl ihrer aktiven Vollzeit-Mitglieder, Sondereinheiten und „normaler“ Mitglieder schwankt je nach Quelle: Offizielle Zahlen sprechen von etwa 14 Millionen Mitgliedern in Ortsverbänden, Schulen, Universitäten, Ämtern, Moscheen, etc. darunter ca. fünf Mio. Frauen. Das entspricht etwa 20 Prozent der Gesamtbevölkerung.
Die International Crisis Group schätzt, dass drei bis sechs Millionen Menschen auf der Lohnliste der Organisation stehen, davon 200 000 als aktive Mitglieder, und etwa eine Million als Reservisten. Die jüngsten unter ihnen sind 12 Jahre alt. Viele sind nach eigenen Angaben aus pragmatischen Gründen, wegen der monatlichen Geldzuwendungen, Stipendien, Jobs, Wohnerleichterungen und Kredite oder auch wegen des privilegierten Zugangs zu Universitäten Basidj-Mitglied geworden.
Seit einiger Zeit sind die regimetreuen Kräfte auch im Internet präsent. Erst vor wenigen Tagen erklärte ein Kommandant der Basidj, dass sie eine Hackertruppe für Cyberattacken gegen die „Feinde der Islamischen Republik“ aufgestellt hätten. Es wurden auch eigens Schulungseinrichtungen geschaffen, um Basidj-Kräften das Erstellen und Betreiben von Weblogs nahezubringen. Ziel ist es einerseits, die Meinungssphäre im eigenen Sinne zu beeinflussen und andererseits, sich und die Kameraden für den „Kampf“ zu motivieren.
Auffällig viele dieser Blogs wurden nach den Präsidentschaftswahlen 2009 erstellt und auch nur für eine kurze Zeit aktiv bespielt. Die zweite „Welle“ folgte Mitte 2010 mit der sogenannten „Cyberoffensive“ der Regierung; Tausende Basidjis sollten das Netz überwachen und beeinflussen helfen.
Eine Vielzahl von Webseiten, die offensichtlich von regimetreuen Kräften betrieben wird, erschwert zudem die gezielte Suche nach bestimmten Themen durch Suchmaschinen: So werden beispielsweise häufig verwendete Suchbegriffe der Protestbewegung verschlagwortet und bei den Suchergebnissen dadurch die oberen Plätze belegt. Die Vermutung liegt nahe, dass auch der Geheimdienst solche Seiten zu Zwecken der Desinformation nutzt.
Andere Basidjis schreiben mehr oder weniger regelmäßig zu gesellschaftlichen oder politischen Themen und bilden damit eine ganz eigene Meinungssphäre. Die Namen der Blogs sind häufig Programm: Die Mehrzahl nennt sich nach Ereignissen, Orten oder Parolen, die mit dem Iran-Irak-Krieg im Zusammenhang stehen.
Kriegserinnerungen oder gefallene Kameraden werden oft bedacht, ebenso religiöse Themen oder Treueschwüre an den religiösen Führer Ali Khamenei. Die Rhetorik ist entsprechend oft selbstgefällig bis plump. Die Beiträge dieser Blogs geben einen Einblick in die Weltsicht der Basidj-Mitglieder.
*** Lesen Sie im Zweiten Teil die Übersetzungen aus den einzelnen Blogs.***