Meereswasser für Wüstengebiete
Durch ein Wassernutzungskonzept will die iranische Regierung Wasser aus dem Kaspischen Meer im Norden des Landes zu den Wüstengebieten im Zentrum weiterleiten. Ein umstrittener Plan, der von Experten als kostenaufwendig und unrealistisch kritisiert wird. Mehr zu den Details und Hintergründen.
Präsident Mahmud Ahmadinedschad erschien am Montag höchstpersönlich, um das neue iranische Wassernutzungsprojekt zu starten. Im Beisein einer mehrköpfigen Delegation und bei großem Presseaufgebot schaufelte er symbolisch im sandigen Strand des Kaspischen Meeres am Rande der nordiranischen Provinz Mazandaran. Mit dem Projekt sollen künftig jährlich etwa 500 Millionen Kubikmeter Meerwasser erst entsalzt, dann ins Landesinnere weitergeleitet werden. Der rund 1,4 Milliarden Euro teure Auftrag ging an die iranische Holding Khatam El-Anbia. Sie ist der ökonomische Zweig der iranischen Revolutionsgarde. Zwei Jahre sind für die Bauarbeiten für das Projekt vorgesehen. Dann soll das Wasser mithilfe von zwölf stationären Pumpanlagen über eine Strecke von 189 Kilometern Länge durch Rohre geleitet werden.
Das Süßwasser soll sowohl als Trinkwasser wie auch zur landwirtschaftlichen und industriellen Nutzung in den Wüstengebieten dienen und soll den Wasserbedarf von bis zu sechs Provinzen im Zentraliran decken können.
Eine Dokumentation über das Wasser in der iranischen Wüste.
Das Ökosystem
Eigentlich wollte Ahmadinedschads Regierung bereits vor zwei Jahren damit beginnen, das Meerwasser aus dem hohen Norden des Landes in die mit 166.000 Quadratkilometern größte iranische Wüste Dascht-e Lut fließen zu lassen. Doch schon damals erschien das Projekt nach Expertenmeinung unsinnig. Eines der Hauptgegenargumente: Durch die Umleitung der Wassermengen würde von dem ohnehin sehr salzigen Meereswasser am Ende nur Salz übrig bleiben.
Der Wasser-Experte Mehran Afkhami sagte damals gegenüber der persischen Deutsche-Welle-Redaktion, das Projekt habe zudem umweltschädigende Folgen: “Um das Wasser aus 26 Meter Meerestiefe hin bis zur 1000 Meter über dem Meeresspiegel liegenden Erdoberfläche pumpen zu können, benötigt man starke Pumpanlagen, deren Betrieb für die Lebewesen des Meeres sehr schädlich ist.“ Außerdem müssten für die Weiterleitung der Wassermengen mehrere Kanäle und Tunnels gebaut werden, die für das Ökosystem des gesamten Gebiets fatal wären.
Wirtschaftliche Probleme
Die Regierung zahlt an Khatam El-Anbia allein 1,4 Milliarden Euro dafür, das salzige Meerwasser zu entsalzen. Das bei dem Verfahren entstehende Süßwasser würde pro Kubikmeter etwa ein Euro kosten. Deshalb meinen Wirtschaftsexperten wie Ahmad Alavi, das Wassernutzungsprojekt sei zu teuer: “Würde man einen Teil dieses Trinkwassers exportieren, würde sich das investierte Geld lohnen. Aber da die Konkurrenz auf dem internationalen Markt zu groß ist, hat der Iran damit keine Chance.“ Zudem sagte Alavi der Deutschen Welle, angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage des Irans könne sich die Regierung solche gigantischen Projekte nicht leisten: „Es ist bekannt, dass die Regierung anderen Firmen wegen weiterer Projekte noch Geld schuldet. Außerdem fehlen der Staatskasse etwa 3,3 Milliarden Euro für die Umsetzung der zweiten Phase des ‚Gesetzes zur Lenkung und Optimierung von Subventionen‘.“ Das Gesetz sieht vor, durch den Abbau von Subventionen eingesparte Gelder direkt an die Bevölkerung auszuzahlen. Überdies ließen die internationalen Sanktionen gegen den Iran die Staatseinnahmen deutlich sinken, so Alavi.
Khatam El-Anbia
Khatam El-Anbia ist einer der mächtigsten Konzerne der Sepah, der es gelungen ist, sich nicht nur auf militärischer Ebene, sondern auch wirtschaftlich zu einer großen Macht im Iran zu entwickeln. In den letzten drei Jahren machte Khatam El-Anbia Milliardengeschäfte hauptsächlich mit Erdöl- und Gasförderung, Ausbau von Infrastruktur, Damm-Konstruktion, Rüstungsindustrie und Telekommunikation.
Wirtschaftsexperte Alavi meint aber, die Holding sei nicht kompetent genug für solche großen Projekte wie das Wasserprojekt. Erfahrungsgemäß würden ihr erteilte Aufträge entweder scheitern oder nur mit massiver Zeitverzögerung beendet: „Der Zusammenbruch eines Wasserstaudamms in der iranischen Provinz Kerman wegen undichter Stellen ist kein Einzelfall. Projekte der Erdöl- und Gasförderung in der Stadt Asaluyeh am Persischen Golf sind von Khatam El-Anbia blockiert. Denn obwohl sie halbfertig hinterlassen wurden, kommt keine andere Firma an die Aufträge heran. Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass Khatam El-Anbia mit all den Aufträgen überfordert ist.“
Ahmadinedschads Geburtsort bekommt Meereswasser
Doch Präsident Ahmadinedschad hält an den Wasserplänen fest. Und die erste Phase der Wasserumleitung aus dem Kaspischen Meer geht in Richtung der iranischen Provinz Semnan, dem Geburtsort des Präsidenten. Viele politische Beobachter glauben deshalb, Ahamdinedschad wolle schlicht für sich punkten. In Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise wolle er dadurch bei der Bevölkerung für positives Image und heitere Stimmung sorgen, so der Wirtschaftsexperte Alavi.
Quelle: Deutsche Welle / Persian
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