Irans Autoproduktion halbiert

Irans Autoherstellung wuchs in den vergangenen zehn Jahren um durchschnittlich 16 Prozent. 2012 stellte die iranische Autoindustrie aber etwa 50 Prozent weniger Fahrzeuge her als zuvor.
 
Um 50 Prozent sei die iranische Autoproduktion allein in den vergangenen acht Monaten zurückgegangen, berichtet die iranische Zeitung „Shargh“ in ihrer jüngsten Ausgabe. Gewinner der Krise sind dem Bericht zufolge chinesische Autobauer und -zulieferer: 8 Prozent mehr Ersatz- und Einbauteile für chinesische Autos seien im gleichen Zeitraum in den Iran eingeführt worden, so Shargh. In den vergangenen Jahren habe die chinesische Automarke MVM, die im Iran montiert wird, ihre jährliche Produktion verdoppelt, schreibt die Zeitung am 9. Januar. Wirtschaftsexperten warnen schon seit längerem vor einem Kollaps, gar vor Massenentlassungen in der iranischen Industrie. Doch die Verantwortlichen bezeichneten derartige Warnungen bislang als „bodenlos“ und Panikmache. Manche behaupteten sogar, der iranischen Industrie sei es gelungen, durch die internationalen Sanktionen mehr Wachstum zu erzielen.
Freie Devisenkurse

"Dena" ist eine rein iranische Produktion
"Dena" ist eine rein iranische Produktion

Die Ursache für die wirtschaftlichen Probleme der Autobauer liege bei den iranischen Banken, sagte der Vorsitzende des iranischen Autohändlervereins Ahmad Nematbakhsh bei einem Fernsehauftritt in der vergangenen Woche. Sie hätten etwa 200 Millionen Euro nicht freigegeben, die von der iranischen Regierung zur Förderung der Autoindustrie vorgesehen waren. „Ohne das Geld können die Autohersteller bestehende Schulden für die Einfuhr von Ersatzteilen nicht begleichen“, so Nematbakhsh.  Ein weiterer wichtiger Grund für die sinkende Autoproduktion besteht nach Nematbakhshs Ansicht darin, dass die Banken den Autoherstellern für ihren Außenhandel den teureren freien Devisenkurs berechneten: „Manche Banken verlangen sogar zusätzlich 25 Prozent vom Gesamthandelsbetrag für sich als Kaution.“ Im Iran gibt es einen dualen Devisenkurs, also einen vom Staat angeordneten und einen vom freien Markt bestimmten Wechselkurs. Durch die starken Kursschwankungen 2012, bei der der iranische Rial gegenüber Dollar und Euro sturzflugartig an Wert verlor, gerieten viele Händler in große Schwierigkeiten.
Mehr Arbeitslosigkeit
Die anhaltende Finanz- und Wirtschaftskrise im Iran führt auch zu rasant steigender Arbeitslosigkeit.
Der chinesische "MVM 110", montiert im Iran
Der chinesische "MVM 110", montiert im Iran

Mohammad Hossein Barkhordar, Vorstandsmitglied der iranischen Industrie-und Handelskammer, ermahnte deshalb in einem Interview mit der iranischen Nachrichtenagentur MEHR die Regierung: “Wenn die Verantwortlichen bei der Berechnung ihres Jahresbudgets die bestehenden Probleme nicht gründlich bedenken, wird auch die Beschäftigungsproblematik sich ausweiten. Das wird nicht nur Familien, sondern auch Kleinunternehmer ruinieren.“
Sanktionen wirken lähmend
Auch wenn Teile der Regierung immer noch behaupten, die Verschärfung der internationalen Sanktionen hätten keinen negativen Einfluss auf die Wirtschaft des Landes, hört man in letzter Zeit auch andere Töne. Etwa vom Industrieminister des Iran, Mehdi Ghazanfari: “Die internationalen Sanktionen haben sowohl unseren Außenhandel als auch die Banken, das Versicherungssystem und den Transportsektor negativ beeinträchtigt und führten zu massiven Preissteigerungen“, so Ghazanfari: „Solche Druckmittel könnten bei jedem anderen Land die Wirtschaft lahm legen.“ Der Minister erklärte zudem, dass die aufgrund der Sanktionen sinkenden staatlichen Deviseneinnahmen der Regierung Probleme bereiteten: „Wir haben weder genug Deviseneinnahmen noch kann unsere Zentralbank die nötigen Gelder transferieren.“Doch auch, wenn Ghazanfari relativ offen über die negativen Auswirkungen der Sanktionen im Iran spricht: Gleichzeitig behauptet der Minister, die Regierung habe bereits  „konkrete Schritte“ zur Lösung der Probleme unternommen. Der Bevölkerung gibt er den schlichten Rat, bescheiden zu sein: „Sie sollten nur das von den Verantwortlichen verlangen, was auch zu verwirklichen ist.“
FP