Irans Autoindustrie im Aufwind
Die Autoindustrie gehört zu den Industriesparten des Irans, die dringend Geld und Know-How aus dem Ausland benötigen. Die Zunahme der Autoimporte nach der Aufhebung der Sanktionen setzt die inländische Produktion weiter unter Druck. Parallel öffnet sich ein großer Markt für ausländische Autobauer. Wo stehen die deutschen Fahrzeughersteller? Wer gewinnt? Wer verliert?
Autoimporte in den Iran sind vorerst nicht möglich. Der Grund: Vor einem Monat wurde der Onlinedienst der dem Handelsministerium unterstehenden Organisation für Handelsförderung vom Netz genommen, der zur Beantragung von Genehmigungen des Imports von Kraftwagen aus dem Ausland dient. Man wolle die Webseite aktualisieren, so die offizielle Erklärung.
Jetzt heißt es, dass die Regierung neue Rahmenbedingungen für den Import von Autos festlegen möchte. Sie sollen vor allem der inländischen Produktion nützen und dem Gleichgewicht des Devisenmarkts dienen, so die Behörden. Eine kurze Meldung vom vergangenen Montag, die für große Aufregung sorgte. Kein Wunder: Der Automarkt im Iran ist groß und es besteht nach jahrelangen Sanktionen ein riesiger Nachholbedarf.
2016 wurden im Iran etwa 1.165.000 Autos (davon mehr als 90.000 Nutzfahrzeuge) produziert, 18,8 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Das geht aus einer Statistik der Internationalen Organisation der Motorfahrzeughersteller (OICA) hervor. Das Land führt damit die Liste des Produktionswachstums an und lässt sogar China hinter sich.
Doch die meisten im Iran produzierten Modelle sind längst nicht mehr zeitgemäß: Komfort, Sicherheit und Umweltfreundlichkeit entsprechen nicht modernen Standards. Umso größer ist der Wunsch der vorwiegend jungen Bevölkerung nach neuen und modernen Autos, aber auch nach Luxusmodellen als Statussymbole.
Selbst in der Zeit der internationalen Sanktionen, als dem Land aufgrund der schrumpfenden Öl-Einnahmen die Devisenreserven ausgingen, florierte der Autoimport. So wurden allein von März bis November 2012 über 617 Millionen Dollar für den Import von Autos ausgegeben. Neben verschiedenen Modellen der koreanischen Hersteller Kia und Hyundai sowie des japanischen Autobauers Toyota wurden in diesem Zeitraum laut Angaben des iranischen Zollamtes rund 200 Autos des Premiumherstellers Porsche und 35 Autos der Nobelmarke Maserati eingeführt. In derselben Zeit kämpfte das iranische Gesundheitsministerium um jeden Cent, um den Import von Medikamenten sicherzustellen.
Viel Geld für wenig Auto
Der Iran ist der größte Autohersteller im Nahen und Mittleren Osten. Die Autoindustrie ist nach der Ölindustrie die zweitgrößte Industriesparte des Landes und beschäftigt nach offiziellen Angaben mehr als 885.000 ArbeitnehmerInnen. Die beiden größten Fahrzeugbauer des Landes, Iran Khodro und SAIPA, sind in Staatsbesitz.
Das meisthergestellte Fahrzeug des Landes, ein Kleinwagen, basiert auf einem Modell, das in Deutschland Ende der 1980er Jahre unter dem Namen Mazda 121 verkauft wurde. Das Modell des südkoreanischen Autoherstellers Kia Motors wurde vor etwa 25 Jahren importiert und wird zurzeit in verschiedenen Varianten hergestellt. Der Wagen schneidet bei Sicherheitstests stets besonders schlecht ab und wird in sozialen Netzwerken als „Todesengel“ verspottet. Der Kleinwagen kostet ab 4.500 Euro aufwärts.
Ein Peugeot 405, der in Europa zwischen Ende der 1980er bis Mitte 1990er Jahre produziert wurde, wird im Iran immer noch hergestellt und kostet als Neuwagen in der einfachsten Variante etwa 7.100 Euro.
Ohne staatliche Unterstützung hätten die iranischen Autohersteller in einer freien Marktwirtschaft keine Überlebenschancen. Die überalterten und überteuerten Modelle werden durch hohe Importgebühren gegen die modernen, verhältnismäßig günstigeren Modelle aus dem Ausland geschützt. Hunderttausende Arbeitsplätze würden sonst wegfallen, argumentieren die Hersteller und die Regierung.
Bedingt durch fehlende Konkurrenz aus dem Ausland und die jahrelangen Sanktionen hat sich die vor etwa sechzig Jahren gegründete iranische Industrie kaum entwickelt. Selbst bei den meistproduzierten Modellen oder bei den Fahrzeugen, die seit Jahrzehnten im Land hergestellt werden, ist die Herstellungskette noch nicht komplett. Die Dienstleistung und der Vertrieb sind selbst bei der Eigenproduktion oft mangelhaft, erst recht bei importierten Modellen.
Viele Zulieferer sollen in den letzten Jahren Ersatzteile aus China importiert und als eigene Ware verkauft haben. So sollen sie von den günstigen Produktionskosten im Fernen Osten profitiert und sicht gleichzeitig die unzähligen Hürden der industriellen Herstellung im Iran gespart haben. Eine Behauptung, die bislang weder von den Zulieferern dementiert noch vom Industrieministerium kommentiert worden ist.
Auch Missmanagement und Politik tragen zur Misere der iranischen Autoindustrie bei. Der frühere iranische Präsident Mahmoud Ahmadinedschad machte den damals 27 Jahre alten Mehrdad Bazrpash, einen seiner engen Vertrauten ohne jegliche Erfahrung im Bereich Autoindustrie, zum Vorstandvorsitzenden des zweitgrößten Autoherstellers des Landes SAIPA. Nach Ahmadinedschads Abwahl berichteten Medien über die millionenschweren Schäden, die der Autobauer deshalb erlitt.
Die iranischen Autohersteller berichten ihrerseits von anderen Problemen. Nicht nur der fehlende Austausch mit Autoherstellern aus dem Ausland trage zur schlechten Qualität der inländischen Modelle bei. Auch die für die Forschung und Innovation notwendigen Ressourcen seien nicht da.
Das nötige Geld für die Industrie kommt im Iran nicht von der Börse. Der Aktienmarkt ist traditionell schwach und steht durch die Unberechenbarkeit der politischen Lage ständig unter Druck. Nicht nur die Autohersteller sind deswegen auf Finanzspritzen durch Banken angewiesen. Die sind allerdings sehr teuer. Die hohen Kosten werden auf die Kunden umgelegt.
Jetzt soll sich alles verbessern
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