Irans Einbindung in die Weltwirtschaft

Folgenschwere Inkompatibilität

In dieser schwierigen Lage befindet sich die Islamische Republik Iran. Dies hat bereits 2008 begonnen. Denn die FATF hat schon lange vor dem 2015 abgeschlossenen Wiener Atomabkommen und dessen Aufkündigung durch die USA unter Donald Trump im Jahr 2018 sowie den folgenden Sanktionen Berichte verfasst und den Iran gewarnt.

Die Organisation forderte das iranische Regime mehrfach auf, sein Bankensystem mit den FATF-Standards in Einklang zu bringen. Es wurden dafür fünf Fristen von jeweils vier Monaten gesetzt; die FATF hat auch Beratungen organisiert. Die Islamische Republik nutzte nichtsdestotrotz die Gelegenheit nicht. Der Iran wurde letzten Endes auf die schwarze Liste der FATF gesetzt und außerdem vom SWIFTNet ausgeschlossen – einem besonders sicheren Telekommunikationsnetz, das von mehr als 11.000 Banken weltweit genutzt wird.

Aber warum akzeptiert die Islamische Republik die FATF-Standards nicht und verschafft sich keinen Zugang zum internationalen Bankennetzwerk?

Erstens aufgrund der Unterstützung bewaffneter Gruppen wie beispielsweise der Hisbollah in Libanon, der Hamas in den palästinensischen Gebieten und der Ansar Allah (Huthi-Rebellen) in Jemen durch die Islamische Republik. Viele Staaten, unter anderem die USA, ordnen diese Gruppen und Organisationen als terroristisch ein. Die Islamische Republik jedoch bezeichnet sie als Teile der „Achse des Widerstands“ gegen die „Herrschaft des westlichen Kolonialismus“ sowie „reaktionäre arabische Länder“ und „das zionistische Regime“.
Die Islamische Republik schließt sich nicht der FATF an, um nicht zur Einstellung der finanziellen Unterstützung solcher Gruppen gezwungen zu sein. Als hundert Bankkonten der Hisbollah im Libanon auf Druck aus Washington gesperrt wurden, zeigte sich der Generalsekretär der Organisation, Hassan Nasrallah, unbesorgt. Der Iran werde den Bedarf der Hisbollah decken, machte er deutlich.

Die Übermacht der Revolutionsgarde

Die Quds-Brigade, die im Ausland operierende Eliteeinheit der iranischen Revolutionsgarde, pflegt mit Gruppen enge Kontakte, die von einem Teil der internationalen Gemeinschaft als Terrorgruppen eingestuft werden. Seit April 2019 stehen die Garde, viele ihrer Kommandeure sowie Personen und Organisationen, die mit ihr in Verbindung stehen, im Terrorverzeichnis der USA. Sollte die Islamische Republik die FATF-Standards übernehmen, müsste sich ihr Bankensystem also nicht nur der „Unterstützung des Widerstands“ in der Region enthalten, sonders auch jegliche finanzielle Verbindung zur Revolutionsgarde und Quds-Einheit kappen. Dies wäre in der von der Revolutionsgarde dominierten iranischen Wirtschaft unmöglich.

Hassan Nasrallah, Generalsekretär der libanesischen Hisbollah (li.) ist ein gern gesehener Gast beim Irans Staatsoberhaupt Ayatollah Khamenei!
Hassan Nasrallah, Generalsekretär der libanesischen Hisbollah (li.) ist ein gern gesehener Gast beim Irans Staatsoberhaupt Ayatollah Khamenei!

Das ist der zweite Grund dafür, warum der Iran die FATF-Regeln nicht akzeptiert: die Vormachtstellung der Revolutionsgarde in der iranischen Politik und Wirtschaft, die von hochrangigen Funktionären des islamischen Regimes bestätigt wird. „Sollten sich Informationen, Waffen, Geld, Zeitungen, Nachrichtenagenturen und andere Machtelemente in einer Organisation zusammenfinden, wird diese Organisation korrupt“, stellte Staatspräsident Hassan Rouhani im Dezember 2014 fest. Er habe auf die Revolutionsgarde Bezug genommen, interpretierten ihn anschließend Experten.

Auch Irans Außenminister Mohammed Javad Zarif kritisierte im November 2018 – ohne konkrete Angaben zu machen – diejenigen, die durch Geldwäsche milliardenschwere Gewinne erzielten und gleichzeitig durch massive Propagandaaktionen gegen die Bekämpfung von Korruption und Geldwäsche Stimmung machten. Ausländische Medien, darunter die Deutsche Welle, Al-Arabiya oder Radio Farda, berichteten in den vergangenen Jahren wiederholt über Fälle von Geldwäsche in Verbindung mit der iranischen Revolutionsgarde insbesondere in den arabischen Nachbarländern des Iran.

Institutionelle Korruption

Ein dritter Grund, warum sich die Islamische Republik den FATF-Standards entzieht, ist die institutionelle Korruption im Land. Die in Berlin ansässige Organisation zur Bekämpfung von Korruption Transparency International gab dem Iran 2019 in ihrem Korruptionsbericht nur 26 von 100 möglichen (positiven) Punkten und wies ihm den Platz 146 unter 198 Ländern zu.

Abgesehen von den Berichten westlicher Organisationen kamen in der Islamischen Republik mehrere Fälle weitreichender Korruptionsskandale ans Licht, an denen den Machthabern nahestehende Personen und Kreise beteiligt waren – darunter die Fälle von Rafiqdoost, Shahram Jazayeri, Mahafarid Amir-Khosravi, Mahmoud-Reza Khavari, Mehdi Hashemi Rafsanjani, Babak Zanjani.

Das Basel Institute on Governance kategorisiert das iranische Bankensystem als eines der für Geldwäsche anfälligsten Finanzsysteme weltweit. Das unabhängige gemeinnützige Kompetenzzentrum arbeitet seit 2012 daran, Korruption und anderen Finanzverbrechen entgegenzuwirken. In seinen Berichten von 2016 und 2017 stufte das Institut den Iran als das international größte Schlupfloch für Geldwäsche ein.

Die Gesetzentwürfe der Regierung zur Anwendung der FATF-Standards warten nach wie vor auf die Entscheidung des iranischen Expertenrates. Selbst wenn der neue US-Präsident Joe Biden sämtliche Sanktionen gegen die Islamische Republik außer Kraft setzen würde, würde das iranische Bankensystem dem SWIFTNet nicht beitreten und internationale Bankgeschäfte nicht ohne Weiteres abwickeln können, solange das Land die FATF-Standards nicht einhält.

Palermo-Konvention

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