Iranische Milchproduktion vor dem Bankrott

Die iranische Milchindustrie ist zu 95 Prozent in Privatbesitz. Derzeit ist sie allerdings kein profitables Geschäft: Die Herstellung der iranischen Milchproduktion ist um bis zu 50 Prozent zurückgegangen. Der Wettbewerb unter den iranischen Herstellern ist heftig ins Wanken geraten.
Die 833 iranischen Betriebe, die bis zu 12 Tonnen Milch täglich produzieren, stehen vor gewaltigen Problemen: Sie schreiben täglich rote Zahlen. „Immer mehr Molkereien töten ihr Vieh, weil sie die Kosten für dessen Erhalt nicht mehr decken können und keine Abnehmer für ihre Milch finden“, sagte Hossein Chamani vom iranischen Milchproduktionsverband der Nachrichtenagentur MEHR.
Grund für die miserable Situation der Milchindustrie sind die um bis zu 83 Prozent angestiegenen Grundkosten. Verteuert haben sich vor allem die Preise für Viehfutter und die Energie- und Transportkosten – eine der negativen Folgen des neuen iranischen Gesetzes zur Lenkung und Optimierung von Subventionen. Der darin beschlossene Subventionsabbau hat bei vielen Waren und Dienstleistungen im Iran zu massiven Preiserhöhungen geführt. Dazu kommen die internationalen Sanktionen, die den Import von Futtermitteln erschweren.
Aktuelle Berechnungen der iranischen Zentralbank vom Mai ergaben, dass die Preise für Milchprodukte sich um bis zu 60 Prozent erhöht haben. Ebenfalls im Mai kündigte der stellvertretende iranische Landwirtschaftsminister Saadatollah Abbasi an, das Landwirtschaftministerium werde die Viehzüchter mit einem Betrag von 200 Millionen Euro unterstützen, um die Milchproduktion zu stabilisieren.
Das wirtschaftliche Aus

Der Milchkonsum im Iran hat sich wegen der gestiegenen Preise bereits um 20 Prozent reduziert. Foto: hamshahrionline.ir
Der Milchkonsum im Iran hat sich wegen der gestiegenen Preise bereits um 20 Prozent reduziert. Foto: hamshahrionline.ir

Etwa 30 Prozent der Viehbetriebe stünden aufgrund der schwankenden Devisenkurse und der Hürden beim Importieren von Tiernahrungsmitteln vor dem wirtschaftlichen Aus. Das sagte Kazem Farahmand, ein Mitglied der parlamentarischen Kommission für Landwirtschaft des Iran. In Anbetracht der steigenden Kosten müsse der Milchpreis eigentlich bei etwa 40 Cent pro Liter liegen, so der Abgeordnete.
Deshalb seien die meisten Hersteller nicht mehr bereit, ihre Milch für etwa 30 Cent pro Liter zu verkaufen, so Reza Bakeri, Leiter des iranischen Milchproduzentenverbands. Seit März dieses Jahres passten sie ihre Preise dem Markt entsprechend neu an.
Zudem tendierten laut einem Bericht der Zeitung „Welt der Industrie“ von Oktober 2011 immer mehr iranische Fabrikanten dazu, für ihre Weiterverarbeitung Milchpulver aus China, Indien oder Australien zu importieren, das mit 12 Cent pro Kilo zehn Cent weniger als iranisches koste. Diese Entwicklung führe nicht nur dazu, dass die Herstellung der iranischen Milchproduktion um bis zu 50 Prozent zurückgegangen sei, sondern auch dazu, dass der Iran seinen Milchbedarf nicht mehr selbständig decken kann.
Gesundheitsministerium warnt
„Trotz der steigenden Preise fordern wir die Bevölkerung dazu auf, nicht auf Obst und Gemüse, aber vor allem auch nicht auf Milchprodukte bei ihrem täglichen Bedarf zu verzichten.“ Das sagte der stellvertretende Gesundheitsminister Alireza Mesdaghi. Laut neuesten Erkenntnissen soll die Versorgung der iranischen Bevölkerung mit den genannten Produkten unterhalb internationaler Normen liegen. Der Milchkonsum hat sich wegen der gestiegenen Preise bereits um 20 Prozent reduziert. Durchschnittlich würden im Iran jährlich etwa 80 Liter Milch pro Kopf konsumiert, so Hossein Chamani vom iranischen Milchproduktionsverband. In den Industrieländern liege der Durchschnitt bei zwischen 350 und 500 Liter pro Kopf.
Mehr als 200 Abgeordnete protestieren
Mitte Mai kritisierten etwa 200 Abgeordnete in einer öffentlichen Erklärung die drastische Preiserhöhung für Milch. Sie warfen dem Regierungskabinett vor, durch falsche Politik massiven Schaden für die Milchproduktion und damit auch für die Nahrungssicherheit des Landes angerichtet zu haben. Neben der enormen Preiserhöhung hat der Bankrott vieler Milchproduktehersteller zudem auch zu massiver Arbeitslosigkeit geführt.
HK / FP
Quelle: Deutsche Welle / Persian
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