Der vierte November – ein Gottestag

Und beide Seiten haben die Maschinerie des gegenseitigen Hasses in den seither vergangenen vier Dekaden mit aller Kraft in Gang gehalten. Allen sporadischen Annäherungsversuchen zum Trotz gehört die Islamische Republik für die USA weiterhin zur „Achse des Bösen“. Einst saßen auf dieser auch Saddam Hussein und Nordkoreas Diktatoren. Doch nun sitzt der Iran offenbar ganz allein auf dieser Achse.
Und die Machthaber im Iran tun ihrerseits alles, um ihren Platz dort zu verteidigen. Jedenfalls propagandistisch: So sitzen in der einstigen US-Botschaft inzwischen die Revolutionsgarden. Und vor dem Gebäude verbrennen Demonstranten alljährlich am 4. November US-Fahnen und erneuern mit Hassparolen ihre Feindschaft mit dem „großen Satan“.
Zufall oder nicht: ِEs war auch ein 4. November, an dem Ayatollah Ruhollah Khomeini, der spätere Gründer der Islamischen Republik, 1964 sein Exil antreten musste. Der Schah habe den Ayatollah auf Anweisung der USA des Landes verwiesen, so die Geschichtsschreibung der Mächtigen in Teheran. Wie auch immer: Dieser Tag ist im Iran nach offizieller Lesart ein Gottestag, an den mit staatlich organisierten Aufmärschen im ganzen Land erinnert wird – und in diesem Jahr aus gegebenem Anlass erst recht.

Staatliche Aufmärsche gegen Sanktionen

„Diesen Gottestag wird Herr Trump uns nicht vergällen oder versauern können“, erklärte der iranische Präsident Hassan Rouhani vergangenen Dienstag vor dem „Kulturrat für die Islamische Revolution“. Dieser mächtige Rat, der seit dem Sieg der Revolution die offizielle Propaganda und die staatlichen Demonstrationen organisiert, hat derzeit viel zu tun.
Denn die Islamische Republik wird bald vierzig Jahre alt, und man hat sich vorgenommen, das so gigantisch zu feiern, dass alle – Feinde ebenso wie Freunde – beeindruckt sind. So mächtig und prächtig sollen die Feierlichkeiten sein, dass sich niemand mehr traut, vor allem Trump nicht, vom Ende der Islamischen Republik zu sprechen.

Gängige Praxis bei den antiamerikanischen Demonstrationen im Iran
Gängig Zeremonie bei den antiamerikanischen Demonstrationen im Iran

 
Lackmustest ist der bevorstehende 4. November, der Jahrestag der Besetzung der US-Botschaft, an dem die USA „ihre ewige Feindschaft erneut zeigen und neue Sanktionen gegen den Iran verkünden wollen“, so beschreibt es der Kulturrat in seinem Aufruf zu einem landesweiten Aufmarsch. Die Propagandamaschine für die Mobilisierung der Massen läuft seit Wochen auf Hochtouren. Am 4. November solle Trump erfahren, dass er es nicht allein mit einer Regierung, sondern mit einem ganzen Volk zu tun habe, heißt es weiter.

„Nichts wird passieren“

Was geschieht tatsächlich am 4. November, was wird mit der iranischen Wirtschaft geschehen?Jenseits aller Propaganda gibt es auf dem Teheraner Basar sehr irdische Fragen, etwa, wie teuer der US-Dollar auf dem illegalen Markt sein wird, welche Waren knapp werden und was man am besten horten solle.
„Am 4. November wird nichts passieren“, beruhigt der iranische Außenminister Javad Zarif – und alle Regierungsmitglieder wiederholen seinen Satz. Und sie werden höchstwahrscheinlich recht behalten. Denn man hat sich auf dieses Datum gut vorbereitet – nicht nur mit Massendemonstrationen. An diesem Tag wird die Regierung so viele Dollars auf den Markt werfen, dass der Kurs sogar fallen wird. Denn der Dollarkurs auf dem illegalen Markt, der sich seit dem Amtsantritt Rouhanis vor fünf Jahren verfünffacht hat, sagt viel über den Zustand des Landes aus.

Hoffen auf Trumps Scheitern

Den 4. November wird die Islamische Republik also mit Sicherheit gut überstehen. Doch der Ernst des Lebens beginnt danach. Dem „Gottesstaat“ steht eine ungewisse Zeit bevor. Es gibt nicht wenige Beobachter, die meinen, die Islamische Republik werde Trumps Amtszeit nicht überstehen. Deshalb liest man auf den Mächtigen nahestehenden Webseiten im Iran derzeit regelmäßig Artikel amerikanischer Autoren, die behaupten, Trump werde die bevorstehenden Zwischenwahlen ebenso verlieren wie die nächste Präsidentschaftswahl.

© Iran Journal

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