Iran und Russland planen milliardenschweren Öl-Deal

Der Iran und Russland bereiten sich auf ein Tauschgeschäft Erdöl gegen Lebensmittel in einem Volumen von 20 Milliarden US-Dollar vor. Die USA warnen Russland deshalb vor einer Verletzung der Sanktionen gegen den Iran. Ist der Öl-Deal realisierbar?

Erst verbrachte der iranische Präsident sechs Tage in New York. Dann flog Hassan Rouhani von dort aus direkt nach Russland, wo er am vierten Gipfeltreffen der Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres teilnahm. Den russischen Staatschef Wladimir Putin hatte Rouhani erstmals bereits einen Monat nach seinem Amtsantritt im vergangenen Jahr getroffen. Und die Freundschaft wächst: Dies ist nun bereits das zweite Treffen der beiden Staatschefs innerhalb von 18 Tagen. Das Ziel: Ein Öl-Deal und die Erhöhung des Handelsvolumens zwischen beiden Ländern um das Zehnfache. Zurzeit erreicht der Handel zwischen den beiden Nachbarländern eine Höhe von etwa 1,5 Milliarden US-Dollar. Nun planen Putin und Rouhani ein milliardenschweres Geschäft: Russland kauft Öl aus dem Iran, dafür erhalten die Iraner Maschinen, Bahnschienen und Lastkraftwagen.
Laut dem iranischen Botschafter in Moskau, Mehdi Sanai, soll sich das Handelsvolumen zwischen beiden Ländern bis Ende 2014 auf 15 Milliarden US-Dollar erhöhen. Mehr Informationen lieferte der russische Botschafter Lewan Dschagarjan in Teheran: „Moskau will über eine Handelsfirma 2,5 bis drei Millionen Tonnen iranisches Öl pro Jahr beziehen“. Über die Preise schweigen beide Seiten, aber Experten bestätigen, dass das iranische  Öl unter dem Weltmarktpreis gehandelt wird. Wegen der Sanktionen sind die iranischen Ölexporte um über die Hälfte auf eine Million Fässer am Tag geschrumpft. Das Abkommen mit Russland würde sie auf einen Schlag um 50 Prozent erhöhen.
USA warnen Russland und Iran

Irans Ölminister Bijan Namdar Zanganeh und Russlands Energieminister Alexander Nowak beim Unterzeichnen des Wirtschaftsabkommens am 9. September
Irans Ölminister Bijan Namdar Zanganeh und Russlands Energieminister Alexander Nowak beim Unterzeichnen des Wirtschaftsabkommens am 9. September

Den USA gefällt der Deal nicht: Sie haben Russland und den Iran gewarnt, das Handelsabkommen sei unzulässig sei, Sanktionen die Folge, sollte es noch vor dem Abschluss der Verhandlungen über das iranische Atomprogramm zustande kommen. US-Finanzminister Jacob Lew machte seinem russischen Kollegen Anton Siluanow bereits bei einem Treffen in Washington im April dieses Jahres deutlich, dass ein solches Abkommen Sanktionen gegen jeden auslösen könne, der an entsprechenden Transaktionen beteiligt sei.
Doch aufgrund der Sanktionen gegen russische Ölkonzerne schert sich Moskau wenig um das Embargo gegen den Iran. Russland sieht das geplante Abkommen „Erdöl gegen Lebensmittel“ als legitim an, und lässt sich dabei allein von den Sanktionen der UNO und nicht von denen der USA leiten. Rajab Safarov, Direktor des „Zentrums für zeitgenössische Iran-Studien“, spricht von strategischen Interessen beider Nachbarländer: „Wir stehen in Russland vor einer revolutionären Veränderung. Russland versucht, sich vom Westen und den USA zu lösen. In dieser Politik bekommt der Iran als unser geografischer Nachbar eine strategische Bedeutung“, so der Wissenschaftler. Safarov ist zuversichtlich, dass das Ölabkommen zwischen dem Iran und Russland realisiert wird.
Putins Trumpfkarte gegen den Westen
„Russland wird es zum ersten Mal gelingen, offiziell Güter gegen Öl zu tauschen!“
„Russland wird es zum ersten Mal gelingen, offiziell Güter gegen Öl zu tauschen!“

Reza Taghizadeh, iranischer Politikanalyst an der Universität Glasgow, sieht das iranisch-russische Öl-Abkommen als politisch und propagandistisch motiviert: „Putin nutzt den Iran als Trumpfkarte gegen den Westen, um den amerikanischen Druck auf sein eigenes Land zu vermindern. Der Westen braucht Russland für die Lösung des Atomkonflikts mit dem Iran. Es gibt keine Pipeline zwischen dem Iran und Russland.“ Taghizadeh bezweifelt die Realisierung des Öldeals und bezeichnet ihn als einen Bluff von Putin.
Der EU-Berater und Wirtschaftsexperte Mehrdad Emadi dagegen sieht gute Chancen für den Deal. Das Projekt könne in einigen Monaten realisiert werden: Russland habe genügend Erfahrung und Spezialisten für diesen Zweck. „Russland wird es zum ersten Mal gelingen, offiziell Güter gegen Öl zu tauschen“, so Emadi. „Die Ölmenge bei dem Deal hat alle überrascht. Russland kann damit seine Finanzressourcen besser organisieren.“
Abkommen trotz Sanktionen
Emadi ist der Meinung, dass das Abkommen die internationalen Sanktionen nicht verletze, solange Güter, die nicht unter die Sanktionen fallen, geliefert würden. „Die negative Entwicklung in den Beziehungen zwischen Russland und dem Westen in den letzten Wochen schafft die Möglichkeit eines direkten Ölgeschäftes zwischen dem Iran und Russland. Für Russland ist wichtig, die nationalen Interessen um jeden Preis zu bewahren. Der Iran findet einen neuen Käufer und kann seine Ölexporte erhöhen.“
Erste Schritte zur Realisierung des Handels wurden bereits unternommen. Russlands Energieminister Alexander Nowak und der iranische Ölminister Bijan Namdar Zanganeh unterzeichneten am 9. September ein Abkommen zum Ausbau der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Es gibt jedoch noch ungeklärte Fragen. Die wichtigste davon beantwortet Ölminister Zanganeh nicht: „Weder bestätige ich noch leugne ich, dass das Ölabkommen unterschrieben wurde.“
  TAHER SHIRMOHAMMADI