Heimlicher Milliarden-Deal mit China?
China soll 25 Milliarden Dollar für iranisches Erdöl bei seinen Banken als Sicherheit einbehalten haben – kein geringer Teil des Erdöleinkommens des Iran. Hintergründe zu dem geheimen Deal der beiden Länder, in dem Experten nur Nachteile für den Iran sehen.
Am Sonntag, den 11.März, enthüllte das iranische Nachrichtenportal Baztab, chinesische Banken hätten 25 Milliarden Dollar, Zahlungen für iranische Erdöllieferungen, einbehalten. Damit solle das Fortbestehen des Milliardengeschäftes zwischen dem Iran und China garantiert werden, hieß es in dem Beitrag. Der Betrag habe sich in den vergangenen drei Jahren angesammelt, seit die beiden Länder Vereinbarungen über Öllieferungen geschlossen hätten, so Baztab weiter. Bereits kurz nach der Veröffentlichung dieser Meldung wurde das Onlineportal Baztab von der Regierung für einige Stunden gesperrt. Als Baztab wieder erreichbar war, war der Bericht von den Webseiten des Nachrichtenportals verschwunden. Baztab gehört zu dem konservativen Lager, das der Regierung von Präsident Mahmud Ahmadinedschad kritisch gegenüber steht.
China unter Irans drei größten Erdölimporteuren
China kauft täglich etwa 500.000 Barrel iranisches Erdöl, bei den aktuellen Erdölpreisen pro Jahr Öl für etwa 20 Milliarden Dollar. Damit gehört China zu den größten Importeuren des schwarzen Goldes aus dem Iran. Gleichzeitig
exportierte China allein 2011 Waren für etwa 45 Milliarden Dollar in den Iran – vom Spielzeug bis zu Haushaltswaren, auch Benzin gehört dazu.
Baztab berichtete in dem verschwundenen Text auch, dass die chinesischen Banken für die Einbehaltung der besagten Summe keine Zinsen an den Iran zahlen würden. Im Gegenteil habe der Iran auch weiterhin für den so genannten „Letter of Credit“ (LC) aufzukommen. Der LC ist eine Art Garantie für den Importeur, dass sein Geschäftspartner zahlungsfähig ist. Im Normalfall beträgt ein LC etwa vier Prozent des Gesamthandelsbetrags. Dieser Prozentsatz habe sich allerdings angesichts der internationalen Finanzsanktionen gegen den Iran für das Land teilweise verdoppelt, so der Bericht. Wenn der Iran seine Milliarden statt bei chinesischen Banken in Gold angelegt hätte, wäre das Guthaben jetzt etwa 50 Milliarden Dollar wert, so die Berechnung des Verfassers des Berichtes.
Daraus ergebe sich, folgerte die Webseite, dass die Rückhaftung allein im Sinne der chinesischen Partner liege. Das regierungskritische Onlineportal verglich den Vertrag sogar mit dem „Frieden vom Turkamantschai“ vor 184 Jahren. Durch den hatte der Iran nach einem zweijährigen Krieg mit Russland im Februar 1828 einige nördliche Territorien an das Russische Kaiserreich verloren.
Reaktionen auf den heimlichen Deal
Die Enthüllungsstory von Baztab sorgte für viel Diskussion. Die meisten Experten bezeichneten den Haftungs-Deal als eine Art „Geiselnahme des iranischen Handels“ durch die Chinesen. Mit der „Blockierung der Milliarden“ nutze China die schlechte Situation Irans aus, die durch internationale Finanzsanktionen für das Land entstanden sei. China beabsichtige dadurch, den Iran wirtschaftlich absolut an sich zu binden, so die Kritik der Experten. Seitdem die USA und die Europäische Union Sanktionen gegen die iranische Zentralbank verhängt haben, kommt es beim iranischen Außenhandel immer wieder zu Komplikationen. Überweisungen aus dem Iran an Geschäftspartner im Ausland sind seither nicht mehr durchführbar.
Neue Wege des Erdölhandels
Als Konsequenz aus den internationalen Finanzsanktionen gegen den Iran und aus dem bevorstehenden Erdöl-Embargo durch die Europäische Union versucht der Iran derzeit nicht nur, neue Kunden für sein Erdöl zu finden, sondern sucht auch nach neuen Wegen, sein Haupteinkommen aus dem Erdöl-Handel zu sichern. Nach China gehört Indien mit 300.000 Barrel pro Tag zum drittgrößten Importeur iranischen Erdöls. Ebenfalls am Sonntag, 11. März, meldete die iranische Nachrichtenagentur ISNA, dass Indien künftig 45 Prozent seines Erdöl-Imports aus dem Iran in seiner Landeswährung Rupie statt mit Dollar zahlen wird. Diese Entscheidung sei bei dem Besuch einer indischen Wirtschaftsdelegation getroffen worden. Die beiden Länder haben dabei auch beschlossen, ihr Handelsvolumen in den nächsten vier Jahren auf 25 Milliarden Dollar zu steigern. Mahmud Bahman, der Chef der iranischen Zentralbank, sagte bereits Ende Februar, dass der Iran von Ländern wie China und Indien bereits sogar Waren statt Geld entgegengenommen habe.
Druck auf Ahmadinedschad wächst
Die Meldung über den angeblichen Milliarden-Deal mit China kommt in einer Zeit, in der der politische Druck auf den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad immer mehr wächst. Vor allem von den Linientreuen des Religionsführers Ayatollah Ali Khamenei wird der Präsident harsch kritisiert. Sein Haushaltsvorschlag und viele seiner Entscheidungen im Wirtschafts- und Finanzsektor sorgen immer wieder für hitzige Debatten unter den Abgeordneten. Am kommenden Mittwoch muss sich Ahmadinedschad deshalb sogar einer Befragung durch das Parlament stellen.