„Niemand hat dich um Verzeihung gebeten!“
Das iranische Staatsoberhaupt Ayatollah Ali Khamenei hat auf seiner Homepage die Proteste nach den Wahlen im Jahr 2009 als „unverzeihlich“ bezeichnet. Das führte in den vergangenen Tagen für gegensätzliche Reaktionen in der persischsprachigen Internetgemeinde. Eine Zusammenfassung.
Der Stein des Anstoßes ist ein Bild. Es zeigt eine Akte, die das Staatswappen der islamischen Republik Iran trägt und auf die das Wort „unverzeihlich“ gestempelt ist. Die Akte liegt auf dem Richtertisch eines Gerichtssaals. Aktenzeichen: „Unruhestiftung 1388“ (2009). Das ist die Bezeichnung, die vor allem Hardliner und Konservative für die Wahlproteste von 2009 benutzen.
Am 30. Dezember, dem 4. Jahrestag der Proteste, wurde das Bild auf Khameneis Webseite eingestellt. Daneben steht ein Zitat des „Revolutionsführers“: „Die große Sünde der Regierungsgegner war, dass sie ihre Zweifel an den Wahlergebnissen in einen Konflikt für die Regierung umwandelten.“ Das sei „unverzeihlich“, heißt es da.
Kritik
Trotz staatlicher Sperren sozialer Netzwerke wie Twitter und Facebook äußerten sich viele NutzerInnen dazu – etwa unter dem Hashtag #unverzeihlich. Dabei gibt es ebenso Verteidiger der Bestrafung von Opposition und Regierungsgegnern wie Hinweise auf deren Recht auf Versammlung- und Meinungsfreiheit.
„Ich werde die Ereignisse weder verzeihen noch vergessen“, schreibt etwa Shahin Alireza per Twitter. ِDazu veröffentlicht er Fotos von jungen Frauen und Männern, die in den letzten Jahren durch staatliche Gewalt ums Leben gekommen sind – unter anderem das Foto von Neda Agha-Soltan, deren Ermordung gefilmt und ins Internet gestellt wurde. Mehrere InternetaktivistInnen haben als Antwort auf Khameneis Äußerung ähnliche Bilder auf Twitter und Facebook gepostet.
„Niemand hat dich doch um Verzeihung gebeten“, so der Nutzer Sar Rast als Antwort auf Khamenei. „Unverzeihlich ist, dass man einen kleinen Diktator wie Ahmadinedschad statt Moussawi als Präsidenten einsetzt“, schreibt Dear Iran in einem ähnlichen Kommentar. „Die Schüsse der Basij-Milizen auf Demonstranten sind unverzeihlich“, fügt Nutzer Chap Cook hinzu.
Gegenkritik
Doch es gibt in den Netzwerken auch Verteidiger der Ansicht von Khamenei. „Die Rolle von Mir Hossein Moussawi und Mohammad Khatami bei den Unruhen ist nicht zu leugnen“, behauptet etwa die Google-Plus-Seite von Offizieren der iranischen „Cyberarmy“. Der Ex-Präsident Khatami hatte 2009 die Kandidatur von Mir-Hossein Moussawi unterstützt.
„Die Unruhestifter von damals sollen wissen, dass Ali Khamenei nicht allein bleibt“, schreibt Fateme Sadat auf Google Plus.
„Die Freilassung der Unruhestifter würde wieder zu Unruhen führen“, kommentiert Google-Plus-Nutzer Ali Pakzad. Dazu hat er ein Bild der Oppositionsführer Moussawi und Karroubi gestellt, die seit fast drei Jahren unter Hausarrest stehen.
Farhad Salmanian