Mangelnder Enthusiasmus für Paralympics

Der Erfolg der iranischen Paralympioniken war in den letzten Tagen ein heißdiskutiertes Thema in der persischsprachigen Internetgemeinde. Ein anderes wichtiges Thema war der „Jahrestag der iranischen Blogsphäre“ oder „Welbolgestan“.
Der Iran war mit 79 SportlerInnen an den 14. Paralympics beteiligt. Die „Heldinnen von London“ haben mit insgesamt 24 Medaillen – zehn Gold, sieben Silber und sieben Bronze – dafür gesorgt, dass der Iran in der Nationenwertung den 11. Platz eroberte. Der Erfolg des iranischen Paralympic-Teams sorgte in der Internetgemeinde für viel Aufregung und Lob. Zahlreiche InternetaktivistInnen hatten bereits mit einer Mischung aus Stolz und Enttäuschung auf die Ergebnisse der Olympischen Spiele in London reagiert. Viele stellen die Frage, warum die Paralympics nicht die gleiche Aufmerksamkeit erfahren, wie die Olympischen Spiele davor.
„Das ist grausam, dass wir den Paralympics keine Aufmerksamkeit schenken“, kritisiert Ramin BBS. Er fragt: „Warum ist das so? Denkt ihr etwa, dass mit behinderten Menschen etwas nicht stimmt? Schenken wir den Spielen deswegen keine Aufmerksamkeit?“ Twitter-Nutzer EchEm übt Kritik an Sportfans: „Was seid Ihr für Sportfans? Warum lese ich bloß keine Tweets über die Paralympics?“ Khaak kritisiert die Berichterstattung des iranischen Staatsfernsehens: „Warum zeigt Kanal 3 [überträgt normalerweise Sportveranstaltungen – d. Red.] nicht die Paralympics? Denken die, dass mit behinderten Sportlern etwas nicht stimmt?“

Zahra Nemati gewann Gold.
Zahra Nemati gewann Gold.

Mahshid schreibt: „Warum freut sich kaum jemand über Irans Goldmedaillen bei den Paralympics?!“ Ghalandaar antwortet.“ Weil sie [Sportler mit Behinderung] den Leuten egal sind. Wir sind nicht gewohnt, den Wert der Champions zu schätzen. Für uns ist ihr Aussehen wichtiger.“
Die Facebook-Seite „Harfhaye Deltangi“ hat ein Foto einer iranischen Paralympic-Goldmedaillengewinner gepostet und kommentiert die mangelnde Anerkennung der Internetgemeinde: „Leute, ich denke wir benehmen uns respektlos gegenüber dem iranischen Paralympics-Team in London. Kaum jemand postet ihre Fotos, schreibt Glückwünsche oder Ähnliches.“
Mahmood Jansooz stellt Vermutungen darüber an, warum der Iran eine so erfolgreiche paralympische Mannschaft hat: „Der Grund für den Erfolg ist, dass es auf Grund des Iran-Irak Kriegs viele Menschen mit Behinderungen gibt, um die sich der Staat gut gekümmert hat.“ FriendFeed Nutzer Asoyeh schreibt über ihre Rührung während der Paralympics: „Wow, während ich mir die Paralympics-Spiele anschaue, habe ich die ganze Zeit Tränen in den Augen und einen Klos im Hals.“
 
Händeschütteln nicht gestattet
Mehrdad Karamzadeh und Kate Midelton.
Mehrdad Karamzadeh und Kate Middleton - Foto: www.akhbargoo.com.

Einige Nutzer reagierten auf einen „Zwischenfall“ bei der Medaillenvergabe der Diskuswerfer. Silber-Gewinner Mehrdad Karamzadeh hatte sich während der Medaillenvergabe-Zeremonie geweigert, Kate Middleton, die an dem Abend die Medaillen vergab, die Hand zu schütteln. Emadoddin befürwortet Karamzadehs Verhalten: „Ich finde es gut, was Karamzadeh gemacht hat. Er war nicht unhöflich, hat sich doch gemäß seiner Religion verhalten.“ Parham kommentiert den Umgang der Britischen Medien mit Karamzadehs Verhalten: „Die schreiben, Karamzadeh habe sich geweigert, Kates Hand zu schütteln – als ob sie darum gebettelt hätte. Aber es sieht so aus, als hätte sie schon damit gerechnet [dass Karamzadeh ihr nicht die Hand schütteln würde]. Kouros sieht Karamzadehs Verhalten kritisch: „Ich schäme mich für sein Verhalten.“ Das Foto dieses „Zwischenfalls“ wurde von den iranischen Internetnutzern verbreitet.
Tag des Iranischen Blogs
Am 6. September feierte die iranische Internetgemeinde den 11. Jahrestags der iranischen „Blogosphäre“ oder „Weblogestan“. An diesem Tag vor 11 Jahren startete Salman Jariri den ersten persischsprachigen Blog.  Danach entstand Hunderttausende persischsprachige Weblogs. Eine Facebook-Seite wurde gegründet, um über  den „Tag des Iranischen Blogs“ zu berichten.
Transparency for Iran

Während einige Nutzer einen feierlichen Ton anschlugen, zeigten sich andere Nutzer pessimistisch. Naghshi schreibt: „Weblogs sind die Stimmen der Vernunft in der Gesellschaft. Weblogs repräsentieren die Stimmen jener, die zum Schweigen gebracht worden sind.  Ich sehne mich nach dem Tag, an dem man ohne Angst in diesem Land bloggen kann, und an dem das Bloggen einen mit Stolz erfüllt anstatt mit Kummer und Sorgen.“ Sanam Dolatshahi, eine der prominenteren Bloggerinnen des Landes, twitterte ihren Glückwunsch: „Alles Gute zum Tag des Iranischen Blogs! Ich denke, dass die Entstehung von Bürgerjournalismus und Weblogs das Beste sind, was der Medienlandschaft passieren konnte. Mehr Stimmen!“ Conformist77 wiederum beklagt sich am Jahrestag: „Es gibt doch noch kaum persische Blogs, die es rechtfertigen, den Jahrestag zu feiern…Wir sollten es lieber als Geschichte feiern.“
Blognevesht ermunterte andere Nutzer, den Jahrestag als Chance zu begreifen: „Wenn ihr auf einen Anlass wartet, um einen Blog zu starten, Eure Blog-Aktivitäten wieder aufzugreifen oder über das Bloggen zu schreiben, könnt ihr das am Jahrestag tun!“ Kamangir, ein anderer prominenter Blogger, postet über die „rätselhafte“ Natur von Weblogs: „Ein Weblog hat kein Wesen, Mandat oder eine Ordnung. Alles was einer Ordnung folgt ist kein Weblog. Weblogs müssen einer Demokratie nicht unbedingt helfen … sie sind auch keine Werkzeuge für einen Regimewechsel.“
FP
Aus dem Englischen von: Resa Mohabbat-Kar
Quelle: Iran Media Programm
The Iran Media Program is a collaborative network designed to enhance the understanding of Iran’s media ecology. Our goal is to strengthen a global network of Iranian media scholars and practitioners (the Iran Media Scholars Network) and to contribute to Iran’s civil society and the wider policy-making community by providing a more nuanced understanding of the role of media and the flow of information in Iran. More.