IranerInnen spotten über IS und feiern „Team Melli“

Zwei Themen erregen in diesen Tagen Woche die Emotionen der iranischen Web-User: die Drohbotschaft des IS gegen den Iran und der Sieg der iranischen Fußballnationalmannschaft bei den Qualifikationsspielen zur WM 2018 in Russland. Ein Webwatch.

Ein am Montag veröffentlichtes Drohvideo des so genannten Islamischen Staates (IS) gegen den Iran schlägt im World Wide Web hohe Wellen. Zahlreiche iranische Internet-User äußerten ihre Meinung zu der 36-minütigen Videobotschaft. Dabei reichen die Reaktionen von Häme bis Wut.
Viele IranerInnen formulieren ihre Ansichten als direkte Antwort an die Terroristen des IS: „Es haben sich schon ganz andere Kaliber die Zähne am Iran ausgebissen. Ihr seid nicht der Rede wert“, spottet ein Besucher der iranischen Nachrichtenseite Mehr News mit dem Pseudonym Irani. „Kommt nur, wenn ihr euch traut, dann werdet ihr sehen, was es heißt, so richtig bekämpft zu werden. Ihr könnt rein gar nichts gegen uns ausrichten“, schreibt auch Mohsen. Ähnlich äußert sich auch ein User mit dem Kürzel M. Er sei selber Grenzsoldat und könne versichern, dass keiner seiner Kameraden die Drohungen des IS mit Sorge betrachte. „Nur zu, überquert unsere Grenzen, und ihr werdet euer blaues Wunder erleben“, schreibt er an die Adresse des IS.
IranerInnen sehen IS in der Defensive
Ein anderer User schreibt auf der Facebookseite von Deutsche Welle Farsi: „Ihr habt es nicht geschafft, auch nur eine einzige Bombe in einer iranischen Großstadt zu platzieren. Wie wollt ihr den Iran erobern? Anstatt große Sprüche zu klopfen, solltet ihr versuchen, das bisschen Territorium, über das ihr noch herrscht, zu verteidigen. Die Söhne und Töchter des unsterblichen Iran werden keine Gnade mit euch haben“, schreibt Pedram martialisch.
„Wenn der IS heute nur noch ein Schatten seiner selbst ist, dann doch nur, weil der Iran ihn so bekämpft hat. Man stelle sich vor, was dem IS noch alles blühen würde, wenn er erst einmal versucht, die iranischen Grenzen zu überqueren“, schreibt ein User unter einem Nachrichtenbeitrag der Webseite des „Klubs junger Journalisten“ (YJC). „Mit dem Rücken zur Wand“ sieht auch Abdol Rashid den IS. Dieser habe ein Video gedreht, in dem er sich sehr weit aus dem Fenster lehne, um seiner eigenen Anhängerschaft Handlungsfähigkeit vorzutäuschen, so der Web-User auf der Nachrichtenseite Radio Farda. „Das sind die letzten Atemzüge des IS“, mutmaßt auch Ali. Die Drohbotschaft sei der Versuch, weitere IS-Kämpfer zu mobilisieren. „Das Ganze ist lächerlich. Mit was wollen die Terroristen uns denn erschrecken? Ist dem IS nicht bewusst, dass wir bereits seit Dekaden von der schiitischen Schwester des IS regiert werden?“, schreibt der Iraner weiter.
IS-Video mit iranischer Unterstützung?
Harte Worte für den Iran haben auch andere Web-User übrig: Es sei nicht auszuschließen, dass das Drohvideo mit iranischer Hilfe entstanden sei, schreibt ein anonymer User auf Radio Farda, einer Nachrichtenseite, die besonders bei User außerhalb des Iran populär ist. Das Regime wolle die Stimmung vor dem Präsidentschaftswahlkampf im Iran „künstlich aufheizen“, so der Iraner.
Ähnlich sieht das auch Kord: „Das Ganze stinkt zum Himmel und kann nur als Wahlkampfmanöver der Hardliner in Teheran gewertet werden. Sie wissen ganz genau, was sie tun. Nun wird das Volk wieder zu den Wahlurnen rennen und seine Stimme möglicherweise den ultrakonservativen Falken geben, weil diese suggerieren, die einzigen zu sein, die im Angesicht des IS Stärke zeigen können.“
Gemeinsam gegen den IS
Besonders in einer Frage scheinen sich die IranerInnen größtenteils einig zu sein: Sollte der IS den Iran angreifen, werden alle Religionen und Konfessionen das Land verteidigen. So schreibt ein anonymer User der Webseite Mizan Online: „Bei allen Differenzen unter den IranerInnen ist es so: Immer wenn eine Gefahr von außen den Iran bedroht, geraten alle anderen Streitigkeiten in den Hintergrund und das Volk bietet vereint dem Feind die Stirn.“ Ähnlich äußert sich Hossein: „Wenn der IS den Iran angreifen sollte, werden Schiiten, Sunniten, Christen und Juden ihre Heimat gegen die Aggressoren verteidigen.“ „Die Einheit des Iran sollte nie unterschätzt werden“, schreibt ein anderer anonymer Besucher der Webseite Bartarinha. Diese Einheit kommt in einem Kommentar von Saeed, der selber der sunnitischen Minderheit des Iran angehört, besonders klar zum Ausdruck: Der IS müsse wissen, dass die Sunniten des Iran an der Seite ihrer „schiitischen Brüder und Schwestern“ kämpfen würden, schreibt er auf der Internetseite Safire Khuzestan.

In sieben Qualifikationsspielen hat das iranische Team kein Gegentor kassiert
In sieben Qualifikationsspielen hat das iranische Team kein Gegentor kassiert

 
Iran mit einem Bein bei der WM
Mehr Grund zur Freude hatten die IranerInnen durch den erneuten Sieg ihrer Fußballnationalmannschaft bei den Qualifikationsspielen zur Fußballweltmeisterschaft im kommenden Jahr in Russland. Durch einen zwar glanzlosen, aber letztlich verdienten 1:0-Sieg gegen den Außenseiter aus China schaffte die Mannschaft des portugiesischen Trainers Carlos Queiroz den fünften Sieg im siebten Spiel und ist damit kaum noch von den Qualifikationsplätzen zu verdrängen.
Dementsprechend groß ist die Euphorie unter den iranischen Fußballfans: „Wer hätte gedacht, dass wir schon drei Spieltage vor Abschluss der WM-Quali so gut wie qualifiziert sind. Der Mannschaft und dem Trainerteam gebührt große Anerkennung für diese Leistung“, schreibt ronak_91 auf der Instagram-Seite des iranischen Spitzenklubs Persepolis Teheran. „Vorbei sind die Zeiten, in denen wir bis zur letzten Sekunde um die Teilnahme an einer Fußballweltmeisterschaft zittern mussten. Noch ein Sieg und wir sind durch“, schreibt mehdipers auf derselben Seite. „Die Gegner spielen wir nicht gerade an die Wand. Schön anzusehen ist das Ganze nicht wirklich. Aber Siege sind Siege, und das ist letztlich alles, was zählt“, schreibt boomerang_sorkh.
Besonderes Lob für Queiroz
Allen voran reitet derzeit Trainer Queiroz auf einer Welle der Popularität. Der Erfolgscoach des Team Melli, wie die IranerInnen ihre Nationalmannschaft nennen, führte seine Elf bereits zur Fußball-WM nach Brasilien. Dieser Tage ist Queiroz die unantastbarste Person im iranischen Sport: „Er ist der beste Trainer, den wir jemals hatten“, jubelt jamiljamal auf der Instagram-Seite der iranischen Fußballsendung Navad. „Sieben Spiele, und immer noch haben wir kein einziges Gegentor kassiert. Das ist der Verdienst unseres portugiesischen Defensivkünstlers“, schreibt ein anderer Besucher des Instagram-Accounts. Carlos Queiroz habe den iranischen Fußball von Grund auf verändert, schreibt wiederum raminmirzai.
„Der Trainer hat es irgendwie geschafft, diese Mannschaft in Asien unbesiegbar zu machen. Wie er das geschafft hat, kann ich mir auch nicht erklären. Keine nennenswerten Gegner in Freundschaftsspielen. Keine Unterstützung vom Verband. Keine Unterstützung von den einheimischen Trainern. Und trotzdem stehen wir unangefochten an der Spitze unserer WM-Qualifikationsgruppe“, schreibt ein erstaunter Shahbaz unter einem Beitrag der Facebookseite von Radio Farda. Queiroz habe den Spielern „Fleiß und Disziplin“ gelehrt. Es sei beeindruckend, dass die chinesische Elf nicht einmal eine Torchance im gesamten Spiel gehabt habe, schreibt ein User mit dem Pseudonym Lapayee im Forum der bekanntesten persischsprachigen Fußballseite Persianfootball.com.