Kulturkommission verbietet Kinofilm

Auf Druck konservativer Kulturwächter ist ein sozialkritischer Film aus den iranischen Kinos verbannt worden. Auch die iranischen Schriftsteller haben Ärger: Sie dürfen sich nicht versammeln. Freuen können sich dagegen die Archäologen über interessante Funde. Kulturnachrichten aus dem islamischen Gottesstaat.
Der Film des iranischen Regisseurs Kianoush Ayari, „Khaneh Pedari“(„Das väterliche Haus“), der erst kürzlich nach vierjähriger Blockade durch die Kulturverantwortlichen des Iran zur Vorführung in den Kinos zugelassen worden war, ist nach einer Intervention der von konservativen Abgeordneten dominierten Kulturkommission des iranischen Parlaments erneut von den Leinwänden der islamischen Republik verbannt worden. Grund für das Vorführungsverbot seien Szenen, die zu den „brutalsten in der iranischen Filmgeschichte“ gehörten, so ein Sprecher der Kommission. Wie die Webseite Iska News berichtet, sind Ayari 12 Tage Zeit gegeben worden, um die beanstandeten Szenen aus dem Film zu entfernen.
Khaneh Pedari porträtiert über sechs Jahrzehnte das Schicksal einer iranischen Familie, in der es 1926 zu einem Ehrenmord an einem weiblichen Mitglied gekommen war. Konservative Medien wie Fars News bezeichneten Ayaris filmisches Werk als „düster“, „beleidigend“ und „antireligiös“.
Es ist das zweite Mal innerhalb kürzester Zeit, dass die parlamentarische Kulturkommission des Iran die Vorführung eines Films verhindert hat. Zuletzt musste Reza Dormishians „Man Assabani Nistam“ („Ich bin nicht wütend“) daran glauben, obwohl der Film für die Kinoaufführung vom Kulturministerium grünes Licht erhalten hatte. Dormishians Werk zeige die Sicht der Opposition auf die Massenproteste der „Grünen Bewegung“ im Jahr 2009 und sei deshalb regimefeindlich, so die Argumentation der Kommission. Seit dem Amtsantritt des moderaten Staatspräsidenten Hassan Rouhani im August 2013 herrscht im Iran ein Machtkampf zwischen reformorientierten moderaten Kräften und konservativen Hardlinern, die dem geistlichen Oberhaupt des Landes Ayatollah Ali Khamenei nahestehen und eine gesellschaftliche und kulturelle Öffnung ablehnen. Sie fordern seit Monaten das Verbot mehrerer Filme, die ihrer Auffassung nach islamische Werte verunglimpfen und die Proteste der Grünen Bewegung verherrlichen.
Informationsministerium verbietet Schriftstellerversammlung

Der Film „Man Assabani nistam“ (Ich bin nicht wütend) zog den Zorn konservativer Kritiker auf sich!
Szenenfoto aus dem Film „Man Assabani nistam“

In Teheran ist in der vergangenen Woche zum wiederholten Male eine Sitzung des iranischen Schriftstellerverbands (ISV) von staatlichen Autoritäten unterbunden worden. „Schon im Dezember haben wir versucht, ein Treffen unseres Verbandes abzuhalten. Aber bereits damals wurde es uns untersagt, uns zu versammeln“, sagte Schriftsteller und Vorstandsmitglied Reza Khandan der Deutschen Welle. „Da es uns nicht erlaubt wird, öffentliche Sitzungen abzuhalten, bleibt uns keine andere Möglichkeit, als in Privatwohnungen auszuweichen.“ Aber auch das sei den Autoritäten ein Dorn im Auge, so Khandan. „Der Mieter der Privatwohnung, in der wir uns zuletzt versammeln wollten, wurde wenige Tage vor unserer Sitzung ins Informationsministerium beordert. Uns wurde mitgeteilt, dass unser Verein und somit unsere Versammlungen illegal seien und wir aus diesem Grund auch nicht die Erlaubnis erhalten würden, für unsere Aktivitäten in eine Privatwohnung auszuweichen.“
Ende August hatten sich ehemalige Mitglieder des ISV erstmalig seit zwölf Jahren in einem Privathaus in Teheran versammelt. Bei dem Treffen wurden auch Vorstandsmitglieder des Vereins neu gewählt. Der ISV hat zwar den Anspruch, unpolitisch zu sein und lediglich die Rechte und Interessen der SchriftstellerInnen zu vertreten. Er setzt sich jedoch auch gegen staatliche Zensur und die politische Verfolgung von SchriftstellerInnen ein. Der ISV wurde im Jahre 1968, lange vor der islamischen Revolution 1979, in Teheran gegründet. Er zählt zu den wichtigsten nichtstaatlichen Künstlerverbänden des Iran.
Neue Gräber in der „verbrannten Stadt“ entdeckt

Seit Juni 2014 gehört "Shahr-e Sukhteh" zum Weltkulturerbe der UNESO
Seit Juni 2014 gehört „Shahr-e Sukhteh“ zum Weltkulturerbe der UNESO

In Shahr-e Sukhte, der „verbrannten Stadt“, haben Archäologen mehrere Jahrtausende alte Gräber entdeckt. Das Highlight des Fundes seien zwei Skelette einer Frau und ihres Kindes, die zusammen mit einem marmornen Kelch in einem Familiengrab lagen, erklärte der Grabungsleiter Mansur Sajjadi im Gespräch mit der staatlichen iranischen Nachrichtenagentur IRNA. Es sei das erste Mal, dass in der 5.200 Jahre alten Stadt ein solches Grab entdeckt wurde, so der Archäologe. Für Aufsehen sorgte zudem die Ausgrabung eines Mannes, dem ein Backenzahn fehlt. Die Untersuchungen seines Kiefers ergaben, dass dem Mann ein infizierter Zahn gezogen worden sei. Die Wissenschaftler folgern daraus, dass die Kultur, die Shahr-e Sukhte bewohnt hat, schon vor Jahrtausenden die Fähigkeit besaß, derlei medizinische Eingriffe durchzuführen.
Die 1967 in der ostiranischen Provinz Sistan und Belutschistan entdeckte antike Stadt, deren Ausgrabung bis heute nicht vollständig abgeschlossen ist, gilt als größte prähistorische Fundstätte im Iran. Sie lieferte bis dato wichtige Informationen über bronzezeitliche Besiedlungen der Region. Die Stadt trägt ihren Namen, weil sie im Laufe ihrer Geschichte drei Mal durch Feuer zerstört wurde. Im Juli 2014 wurde Shahr-e Sukhte als 17. iranische Stätte in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen.
Ehrung des jüdischen Lexikographen
Soleyman Haim, ein "besonderer Förderer der persischen Sprache"
Soleyman Haim, ein „besonderer Förderer der persischen Sprache“

In Teheran hat der Hauptstadtverband der Vereinigung iranischer Juden Ende Dezember eine Veranstaltung zu Ehren des 1970 in Teheran verstorbenen Lexikographen Solayman Haim abgehalten. Die Gedenkzeremonie, auf der neben zahlreichen SchriftstellerInnen auch staatliche Offizielle anwesend waren, erinnerte an die Verdienste des iranischen Juden um die persische Sprache. Der im Alter von 82 Jahren verstorbene Haim gilt als der Vater des iranischen Übersetzungswörterbuchs. Haim habe Zeit seines Lebens große Mühen auf sich genommen, um durch seine Wörterbücher die persische Sprache zu verbreiten, so der ehemalige konservative Parlamentspräsident und jetzige Vorsitzende der Akademie für persische Sprache und Literatur Gholam-Ali Haddad-Adel in seinem Redebeitrag. „Viele IranerInnen haben mithilfe von Haims Wörterbüchern angefangen, Englisch zu lernen“, so Haddad-Adel weiter. Auch der bekannte iranische Linguistik-Professor Mohammad Reza Batebi lobte die Verdienste Haims: „Was Haim für den Iran und die persische Sprache geleistet hat, ist jenseits dessen, wozu ein einzelner Mann normalerweise in der Lage ist.“
Der jüdisch-iranische Parlamentsabgeordnete Siamak Meresedq bezeichnete iranische Juden als besondere Förderer der persischen Sprache und als eine Brücke zur Verständigung der verschiedenen Ethnien und religiösen Gruppen im Iran.
JASHAR ERFANIAN