Mehr "Haus- und Reproduktionsarbeit" für Frauen
Drei der acht Kandidaten der kommenden Präsidentenwahl im Iran haben ihre frauenpolitischen Wahlprogramme vorgestellt. Der eine will die Beteiligung der Frauen am öffentlichen Leben verringern, der andere möchte der internationalen Konvention gegen Frauendiskriminierung beitreten – unter bestimmten Bedingungen. Die „Koalition islamischer Frauen“ verlangt mehr vom künftigen Präsidenten.
„Da nach islamischer Rechtsprechung Frauen nur halb so viel erben wie Männer, sollten sie auch nur halb so viel arbeiten.“ Omid-Ali Zamani, Frauenbeauftragter des Präsidentschaftskandidaten Mohsen Rezai, ist außerdem der Meinung, dass Frauen „nur in Notfällen an internationalen Treffen teilnehmen dürfen“. Frauen würden nicht gleichberechtigt behandelt, weil sie unachtsam seien und sich nicht auf ein Thema konzentrieren können, führte „der Experte“ weiter, als er gemeinsam mit den Frauenbeauftragten der Präsidentschaftskandidaten Said Jalili und Mohammad Bagher Ghalibaf an einer Gesprächsrunde des Nachrichtenportals Mehrkhane teilnahm.
Fereshte Ruhafza, Frauenbeauftragte von Said Jalili, erklärte in der Runde das ihrer Meinung nach wichtigste Thema für Frauen: ihre Rolle in der Familie. Auch sie meint: Frauen sollten nicht 40 Stunden in der Woche arbeiten. Schwerpunkte, die Jalili im Falle eines Wahlsieges frauenpolitisch setzen wolle: das Beachten von Schleier und Keuschheit, das Schaffen neuer Anreize zum Heiraten, die Entwicklung von „Hausjobs“ sowie die Geschlechtertrennung am Arbeitsplatz, erläutert Ruhafza.
Soheyla Khalaji vertrat den dritten konservativen Kandidaten, Ghalibaf, in der Gesprächsrunde. Sie erklärte: Im Falle der Präsidentschaft von Ghalibaf würde der Iran der „internationalen Konvention gegen Frauendiskriminierung“ beitreten. Allerdings unter Bedingungen: Das Land müsse das Recht haben, bestimmte Paragraphen der Konvention zu ignorieren oder nach nationalen Maßstäben zu interpretieren.
Forderung der Frauen
Mit den Forderungen einer der aktivsten islamischen Frauenorganisationen des Iran haben solche Vorstellungen wenig gemeinsam. Die „Koalition islamischer Frauen“ formulierte am vergangenen Sonntag auf einer Veranstalgung ihre Erwartungen an den künftigen Präsidenten.Soheyla Jolodarzade, einst Abgeordnete im iranischen Parlament, verurteilte die „Bevormundung der Frauen“. Sie kritisierte Ayatollah Mohammad Yazdi, Mitglied des mächtigen Wächterrates. Yazdi hatte mit Blick auf die 30 Frauen unter den über 600 BewerberInnen um die Kandidatur bei der Präsidentenwahl gesagt, wer in der Gesellschaft eine niedere Stellung habe, sollte gar nicht auf die Idee kommen, zu kandidieren. Unter den acht schließlich vom Wächterrat zugelassenen Kandidaten ist entsprechend keine Frau.
Die Rechtsanwältin Marzie Ghasempur sprach in ihrer Rede auf der Veranstaltung „die Arbeit der Hausfrauen“ an und verlangte deren Anerkennung als volle Beschäftigung. Sie betonte außerdem die Notwendigkeit eines souveränen Frauenministeriums und kritisierte das Studienverbot einiger Fächer für Frauen sowie einen Gesetzesentwurf des Parlaments, der Frauen einen Reisepass nur mit Zustimmung von Vater oder Ehemann erlaubt.
Auf die ungerechte Behandlung der Frauen durch die iranische Rechtsprechung wies Turan Valimorad, die Vorsitzende der „Vereinigung moslemischer Frauen“, hin. Sie bemängelte fehlende unabhängige Frauenorganisationen und -medien und sagte: „Selbst dort, wo Frauen eine Möglichkeit haben, ihre Interessen zu formulieren, werden sie gezwungen, die Meinung männlicher Vorgesetzten zu zitieren. Sonst verlieren sie ihre Arbeit.“ Zahra Nedschad-Bahram, ein anderes Mitglied der Vereinigung, stellte die Reduzierung der Frauen auf die Rolle von „Geburtsmaschinen“ infrage und verlangte soziale Anerkennung auch für andere Rollen der Frauen in der Gesellschaft.